Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

mochte, wandt' er an, um auch die Einwil-
ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten
waren die unbescholtensten, seine Kenntnisse be-
währt, sein Betragen und sein Aeußerliches
angenehm, doch alles dieß half ihm nichts,
denn ihm gebrach, was so manchen Buben
hebt: Keckheit und Geld.

So hartnäckig aber auch diese Grausamen
auf ihrer Verweigerung beharrten, so gütig
wußte das Mädchen selbst ihren Liebhaber wie-
der aufzurichten. -- "Sie kenne," sagte sie oft
zu ihm, "die Denkungsart ihrer Aeltern; sie
"wären allerdings schwer zu bewegen,
"aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort-
"dauer seiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind-
"lichen Bitten würde gewiß endlich noch sie-
"gen; und wär' alles umsonst; könnte nichts
"die Abgeneigten erweichen, nur dann -- dann
"sey sie fest entschlossen, ihm zu folgen, wohin
"es auch immer sey; zu folgen, wo keine hart-
"herzigen Anverwandten ihrem Glück und ih-
"rer Liebe im Wege stehen sollten."

mochte, wandt' er an, um auch die Einwil-
ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten
waren die unbeſcholtenſten, ſeine Kenntniſſe be-
waͤhrt, ſein Betragen und ſein Aeußerliches
angenehm, doch alles dieß half ihm nichts,
denn ihm gebrach, was ſo manchen Buben
hebt: Keckheit und Geld.

So hartnaͤckig aber auch dieſe Grauſamen
auf ihrer Verweigerung beharrten, ſo guͤtig
wußte das Maͤdchen ſelbſt ihren Liebhaber wie-
der aufzurichten. — „Sie kenne,“ ſagte ſie oft
zu ihm, „die Denkungsart ihrer Aeltern; ſie
„waͤren allerdings ſchwer zu bewegen,
„aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort-
„dauer ſeiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind-
„lichen Bitten wuͤrde gewiß endlich noch ſie-
„gen; und waͤr' alles umſonſt; koͤnnte nichts
„die Abgeneigten erweichen, nur dann — dann
„ſey ſie feſt entſchloſſen, ihm zu folgen, wohin
„es auch immer ſey; zu folgen, wo keine hart-
„herzigen Anverwandten ihrem Gluͤck und ih-
„rer Liebe im Wege ſtehen ſollten.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0030" n="22"/>
mochte, wandt' er an, um auch die Einwil-<lb/>
ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten<lb/>
waren die unbe&#x017F;cholten&#x017F;ten, &#x017F;eine Kenntni&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
wa&#x0364;hrt, &#x017F;ein Betragen und &#x017F;ein Aeußerliches<lb/>
angenehm, doch alles dieß half ihm nichts,<lb/>
denn ihm gebrach, was &#x017F;o manchen Buben<lb/>
hebt: Keckheit und Geld.</p><lb/>
          <p>So hartna&#x0364;ckig aber auch die&#x017F;e Grau&#x017F;amen<lb/>
auf ihrer Verweigerung beharrten, &#x017F;o gu&#x0364;tig<lb/>
wußte das Ma&#x0364;dchen &#x017F;elb&#x017F;t ihren Liebhaber wie-<lb/>
der aufzurichten. &#x2014; &#x201E;Sie kenne,&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie oft<lb/>
zu ihm, &#x201E;die Denkungsart ihrer Aeltern; &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;wa&#x0364;ren allerdings <hi rendition="#g">&#x017F;chwer zu bewegen</hi>,<lb/>
&#x201E;aber nicht ganz <hi rendition="#g">unerbittlich</hi>. Die Fort-<lb/>
&#x201E;dauer &#x017F;einer Bewerbung, die Kraft ihrer kind-<lb/>
&#x201E;lichen Bitten wu&#x0364;rde gewiß endlich noch &#x017F;ie-<lb/>
&#x201E;gen; und wa&#x0364;r' alles um&#x017F;on&#x017F;t; ko&#x0364;nnte nichts<lb/>
&#x201E;die Abgeneigten erweichen, nur dann &#x2014; dann<lb/>
&#x201E;&#x017F;ey &#x017F;ie fe&#x017F;t ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ihm zu folgen, wohin<lb/>
&#x201E;es auch immer &#x017F;ey; zu folgen, wo keine hart-<lb/>
&#x201E;herzigen Anverwandten ihrem Glu&#x0364;ck und ih-<lb/>
&#x201E;rer Liebe im Wege &#x017F;tehen &#x017F;ollten.&#x201C;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0030] mochte, wandt' er an, um auch die Einwil- ligung ihrer Aeltern zu erlangen. Seine Sitten waren die unbeſcholtenſten, ſeine Kenntniſſe be- waͤhrt, ſein Betragen und ſein Aeußerliches angenehm, doch alles dieß half ihm nichts, denn ihm gebrach, was ſo manchen Buben hebt: Keckheit und Geld. So hartnaͤckig aber auch dieſe Grauſamen auf ihrer Verweigerung beharrten, ſo guͤtig wußte das Maͤdchen ſelbſt ihren Liebhaber wie- der aufzurichten. — „Sie kenne,“ ſagte ſie oft zu ihm, „die Denkungsart ihrer Aeltern; ſie „waͤren allerdings ſchwer zu bewegen, „aber nicht ganz unerbittlich. Die Fort- „dauer ſeiner Bewerbung, die Kraft ihrer kind- „lichen Bitten wuͤrde gewiß endlich noch ſie- „gen; und waͤr' alles umſonſt; koͤnnte nichts „die Abgeneigten erweichen, nur dann — dann „ſey ſie feſt entſchloſſen, ihm zu folgen, wohin „es auch immer ſey; zu folgen, wo keine hart- „herzigen Anverwandten ihrem Gluͤck und ih- „rer Liebe im Wege ſtehen ſollten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/30
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/30>, abgerufen am 04.10.2024.