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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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XXVII. Von Weibern zu Weins-
burg/ welche jhre Menner auß der
belegerten Stadt auff den Ach-
seln trugen.

KEyser Conrad belagert die Stadt Weins-
burg/ nach dem er sie nun lang mir Hun-
ger geplaget hatte/ mußte sich der Guelpff
endlich ergeben. Der Guelpff ward ins
Gefängnuß gelegt/ den Weibern aber/ Mägdlein
vnnd Kinder ward ein freyer Außgang auß der
Stadt vergönnet. Die Weiber bitten den Keyser/
daß er jhnen gestatten wölle/ so viel mit sich zu tra-
gen/ als sie auff einmal mit sich nemen köndten/
welches jhnen dann gestattet wirdt: Dann er mey-
net/ sie würden Kleidung/ Golt/ Edelgestein/ vnnd
dergleichen mit sich tragen. Sie aber nemen jhre
Männer auff jhre Rücke/ vnd tragen die Kinder
im Schoß. Hierüber wirdt der Keyser dermassen
bewegt/ daß er ein grosses mahl zuricht/ vnd jhnen
die schwere Mißhandlung gar nachlesset.

D. Loss. in Epigr. pag. 278.

Vincent. us Obsopaeus.

Fidior est sociis, fratre est fidelior vxor,
Et matris vincit candida nupta fidem,
Huius in audebis fundere quaeque sinum.

Das ist/

Ein Weib ist trewer/ als sonst gute Gesellen
vnd Brüder/ ja einer vertrawten Trew vberwind
mütterliche Lieb/ man mag in deren Schoß schüt-
ten was man wil.

Michael
XXVII. Von Weibern zu Weins-
burg/ welche jhre Menner auß der
belegerten Stadt auff den Ach-
ſeln trugen.

KEyſer Conrad belagert die Stadt Weins-
burg/ nach dem er ſie nun lang mir Hun-
ger geplaget hatte/ muſzte ſich der Guelpff
endlich ergeben. Der Guelpff ward ins
Gefaͤngnuſz gelegt/ den Weibern aber/ Maͤgdlein
vnnd Kinder ward ein freyer Auſzgang auſz der
Stadt vergoͤnnet. Die Weiber bitten den Keyſer/
daſz er jhnen geſtatten woͤlle/ ſo viel mit ſich zu tra-
gen/ als ſie auff einmal mit ſich nemen koͤndten/
welches jhnen dann geſtattet wirdt: Dann er mey-
net/ ſie wuͤrden Kleidung/ Golt/ Edelgeſtein/ vnnd
dergleichen mit ſich tragen. Sie aber nemen jhre
Maͤnner auff jhre Ruͤcke/ vnd tragen die Kinder
im Schoſz. Hieruͤber wirdt der Keyſer dermaſſen
bewegt/ daſz er ein groſſes mahl zuricht/ vnd jhnen
die ſchwere Miſzhandlung gar nachleſſet.

D. Loſſ. in Epigr. pag. 278.

Vincent. us Obſopæus.

Fidior eſt ſociis, fratre eſt fidelior vxor,
Et matris vincit candida nupta fidem,
Huius in audebis fundere quæque ſinum.

Das iſt/

Ein Weib iſt trewer/ als ſonſt gute Geſellen
vnd Bruͤder/ ja einer vertrawten Trew vberwind
muͤtterliche Lieb/ man mag in deren Schoſz ſchuͤt-
ten was man wil.

Michael
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[32/0036] XXVII. Von Weibern zu Weins- burg/ welche jhre Menner auß der belegerten Stadt auff den Ach- ſeln trugen. KEyſer Conrad belagert die Stadt Weins- burg/ nach dem er ſie nun lang mir Hun- ger geplaget hatte/ muſzte ſich der Guelpff endlich ergeben. Der Guelpff ward ins Gefaͤngnuſz gelegt/ den Weibern aber/ Maͤgdlein vnnd Kinder ward ein freyer Auſzgang auſz der Stadt vergoͤnnet. Die Weiber bitten den Keyſer/ daſz er jhnen geſtatten woͤlle/ ſo viel mit ſich zu tra- gen/ als ſie auff einmal mit ſich nemen koͤndten/ welches jhnen dann geſtattet wirdt: Dann er mey- net/ ſie wuͤrden Kleidung/ Golt/ Edelgeſtein/ vnnd dergleichen mit ſich tragen. Sie aber nemen jhre Maͤnner auff jhre Ruͤcke/ vnd tragen die Kinder im Schoſz. Hieruͤber wirdt der Keyſer dermaſſen bewegt/ daſz er ein groſſes mahl zuricht/ vnd jhnen die ſchwere Miſzhandlung gar nachleſſet. D. Loſſ. in Epigr. pag. 278. Vincent. us Obſopæus. Fidior eſt ſociis, fratre eſt fidelior vxor, Et matris vincit candida nupta fidem, Huius in audebis fundere quæque ſinum. Das iſt/ Ein Weib iſt trewer/ als ſonſt gute Geſellen vnd Bruͤder/ ja einer vertrawten Trew vberwind muͤtterliche Lieb/ man mag in deren Schoſz ſchuͤt- ten was man wil. Michael

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/36>, abgerufen am 20.04.2024.