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Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884.

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thümlichen Aufgaben in so vollkommener Weise, als
dies der Zustand menschlicher Erkenntniss jeweilig
zulässt, zu lösen unternehmen. Dies gilt selbstver-
ständlich auch von den praktischen Wissenschaften.
Auch diese sind unbegrenzter Vervollkommnung fähig,
aber sicherlich nicht auf dem von Schmoller ge-
planten Wege, indem wir dieselben zu theoretischen
Wissenschaften umgestalten. Damit die praktischen
Wissenschaften keine Receptsammlungen seien, muss
man dieselben, wie ich dies ausführlich dargelegt habe *),
auf die theoretischen Wissenschaften begründen: die
Chirurgie und die Therapie auf die Anatomie und die
Physiologie, und zwar nicht nur auf diese, sondern,
wie ich gezeigt habe, zugleich auf die Physik, die
Mechanik, die Chemie u. s. f.; die mechanische und
die chemische Technologie auf die Mechanik und
die Chemie, indess nicht nur auf diese, sondern ebenso-
wohl auf die Physik, die Mathematik u. s. f.; und end-
lich die praktischen Wissenschaften von der
Volkswirthschaft
(die Volkswirthschaftspolitik
und die Finanzwissenschaft!) in erster Reihe auf die
theoretische Volkswirthschaftslehre, -- indess nicht
nur auf diese, sondern auf alle jene theoretischen
Wissenschaften, deren Kenntniss zur Feststellung der
Grundsätze zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge-
biete der Volkswirthschaft erforderlich ist.

So beschaffene praktische Wissenschaften haben
ihren "Rang" im Kreise der Wissenschaften durch sich
selbst -- sie bedürfen nicht einer anderen, als der
eben dargestellten "Erhebung", am wenigsten der
Schmoller'schen zu theoretischen Wissenschaften.

Schmoller gehört zu jenen Gelehrten, welche

*) Untersuchungen, S. 257.

thümlichen Aufgaben in so vollkommener Weise, als
dies der Zustand menschlicher Erkenntniss jeweilig
zulässt, zu lösen unternehmen. Dies gilt selbstver-
ständlich auch von den praktischen Wissenschaften.
Auch diese sind unbegrenzter Vervollkommnung fähig,
aber sicherlich nicht auf dem von Schmoller ge-
planten Wege, indem wir dieselben zu theoretischen
Wissenschaften umgestalten. Damit die praktischen
Wissenschaften keine Receptsammlungen seien, muss
man dieselben, wie ich dies ausführlich dargelegt habe *),
auf die theoretischen Wissenschaften begründen: die
Chirurgie und die Therapie auf die Anatomie und die
Physiologie, und zwar nicht nur auf diese, sondern,
wie ich gezeigt habe, zugleich auf die Physik, die
Mechanik, die Chemie u. s. f.; die mechanische und
die chemische Technologie auf die Mechanik und
die Chemie, indess nicht nur auf diese, sondern ebenso-
wohl auf die Physik, die Mathematik u. s. f.; und end-
lich die praktischen Wissenschaften von der
Volkswirthschaft
(die Volkswirthschaftspolitik
und die Finanzwissenschaft!) in erster Reihe auf die
theoretische Volkswirthschaftslehre, — indess nicht
nur auf diese, sondern auf alle jene theoretischen
Wissenschaften, deren Kenntniss zur Feststellung der
Grundsätze zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge-
biete der Volkswirthschaft erforderlich ist.

So beschaffene praktische Wissenschaften haben
ihren „Rang“ im Kreise der Wissenschaften durch sich
selbst — sie bedürfen nicht einer anderen, als der
eben dargestellten „Erhebung“, am wenigsten der
Schmoller’schen zu theoretischen Wissenschaften.

Schmoller gehört zu jenen Gelehrten, welche

*) Untersuchungen, S. 257.
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[58/0074] thümlichen Aufgaben in so vollkommener Weise, als dies der Zustand menschlicher Erkenntniss jeweilig zulässt, zu lösen unternehmen. Dies gilt selbstver- ständlich auch von den praktischen Wissenschaften. Auch diese sind unbegrenzter Vervollkommnung fähig, aber sicherlich nicht auf dem von Schmoller ge- planten Wege, indem wir dieselben zu theoretischen Wissenschaften umgestalten. Damit die praktischen Wissenschaften keine Receptsammlungen seien, muss man dieselben, wie ich dies ausführlich dargelegt habe *), auf die theoretischen Wissenschaften begründen: die Chirurgie und die Therapie auf die Anatomie und die Physiologie, und zwar nicht nur auf diese, sondern, wie ich gezeigt habe, zugleich auf die Physik, die Mechanik, die Chemie u. s. f.; die mechanische und die chemische Technologie auf die Mechanik und die Chemie, indess nicht nur auf diese, sondern ebenso- wohl auf die Physik, die Mathematik u. s. f.; und end- lich die praktischen Wissenschaften von der Volkswirthschaft (die Volkswirthschaftspolitik und die Finanzwissenschaft!) in erster Reihe auf die theoretische Volkswirthschaftslehre, — indess nicht nur auf diese, sondern auf alle jene theoretischen Wissenschaften, deren Kenntniss zur Feststellung der Grundsätze zum zweckmässigen Handeln auf dem Ge- biete der Volkswirthschaft erforderlich ist. So beschaffene praktische Wissenschaften haben ihren „Rang“ im Kreise der Wissenschaften durch sich selbst — sie bedürfen nicht einer anderen, als der eben dargestellten „Erhebung“, am wenigsten der Schmoller’schen zu theoretischen Wissenschaften. Schmoller gehört zu jenen Gelehrten, welche *) Untersuchungen, S. 257.

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Die Irrthümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie. Wien, 1884, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_historismus_1884/74>, abgerufen am 28.03.2024.