Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mesmer, Franz Anton: Abhandlung über die Entdeckung des thierischen Magnetismus. Carlsruhe, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

tiget war, hört ich ein neues wüthendes Ge-
schrey und abwechselnde wiederholte Bemühun-
gen, die Thüre des Zimmers, worinn ich mich
befand, aufzureissen und wieder zuzuschmet-
tern. Diß war Herr Paradis. Sei[ne] Frau
hatte ihn durch einen ihrer Bedienten ruffen
lassen. Er kam mit blossem Degen in mein
Haus, und suchte in das Zimmer zu drin-
gen, mein Bedienter aber bemühte sich ihn abzu-
halten, und stellte sich vor die Thüre. End-
lich wurde der Rasende entwafnet, und verließ,
unter tausend Flüchen über mich und die Mei-
nige, meine Wohnung. Seine Frau hingegen
lag in Ohnmacht, ich ließ ihr die nöthige
Hülfe leisten, und sie begab sich nach einigen
Stunden hinweg. Aber ihre unglückliche Toch-
ter bekam Erbrechen, Gichter und Anfälle von
Wuth, welche das geringste Geräusch, vor-
züglich der Ton der Glocken biß zum Erstau-
nen
vermehrte. Ja sie wurde durch den heff-
tigen Stoß, den ihr ihre Mutter gegeben hat-
te, wieder blind, und diß ließ mich sehr viel
für ihr Gehirn befürchten.

Diß waren, für sie und mich, die trauri-
ge Folgen dieses betrübten Auftritts. Leicht
hätt' ich alle diese Vergehungen, gerichtlich,

C 4

tiget war, hoͤrt ich ein neues wuͤthendes Ge-
ſchrey und abwechſelnde wiederholte Bemuͤhun-
gen, die Thuͤre des Zimmers, worinn ich mich
befand, aufzureiſſen und wieder zuzuſchmet-
tern. Diß war Herr Paradis. Sei[ne] Frau
hatte ihn durch einen ihrer Bedienten ruffen
laſſen. Er kam mit bloſſem Degen in mein
Haus, und ſuchte in das Zimmer zu drin-
gen, mein Bedienter aber bemuͤhte ſich ihn abzu-
halten, und ſtellte ſich vor die Thuͤre. End-
lich wurde der Raſende entwafnet, und verließ,
unter tauſend Fluͤchen uͤber mich und die Mei-
nige, meine Wohnung. Seine Frau hingegen
lag in Ohnmacht, ich ließ ihr die noͤthige
Huͤlfe leiſten, und ſie begab ſich nach einigen
Stunden hinweg. Aber ihre ungluͤckliche Toch-
ter bekam Erbrechen, Gichter und Anfaͤlle von
Wuth, welche das geringſte Geraͤuſch, vor-
zuͤglich der Ton der Glocken biß zum Erſtau-
nen
vermehrte. Ja ſie wurde durch den heff-
tigen Stoß, den ihr ihre Mutter gegeben hat-
te, wieder blind, und diß ließ mich ſehr viel
fuͤr ihr Gehirn befuͤrchten.

Diß waren, fuͤr ſie und mich, die trauri-
ge Folgen dieſes betruͤbten Auftritts. Leicht
haͤtt' ich alle dieſe Vergehungen, gerichtlich,

C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="38"/>
tiget war, ho&#x0364;rt ich ein neues wu&#x0364;thendes Ge-<lb/>
&#x017F;chrey und abwech&#x017F;elnde wiederholte Bemu&#x0364;hun-<lb/>
gen, die Thu&#x0364;re des Zimmers, worinn ich mich<lb/>
befand, aufzurei&#x017F;&#x017F;en und wieder zuzu&#x017F;chmet-<lb/>
tern. Diß war Herr Paradis. Sei<supplied>ne</supplied> Frau<lb/>
hatte ihn durch einen ihrer Bedienten ruffen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Er kam mit blo&#x017F;&#x017F;em Degen in mein<lb/>
Haus, und &#x017F;uchte in das Zimmer zu drin-<lb/>
gen, mein Bedienter aber bemu&#x0364;hte &#x017F;ich ihn abzu-<lb/>
halten, und &#x017F;tellte &#x017F;ich vor die Thu&#x0364;re. End-<lb/>
lich wurde der Ra&#x017F;ende entwafnet, und verließ,<lb/>
unter tau&#x017F;end Flu&#x0364;chen u&#x0364;ber mich und die Mei-<lb/>
nige, meine Wohnung. Seine Frau hingegen<lb/>
lag in Ohnmacht, ich ließ ihr die no&#x0364;thige<lb/>
Hu&#x0364;lfe lei&#x017F;ten, und &#x017F;ie begab &#x017F;ich nach einigen<lb/>
Stunden hinweg. Aber ihre unglu&#x0364;ckliche Toch-<lb/>
ter bekam Erbrechen, Gichter und Anfa&#x0364;lle von<lb/>
Wuth, welche das gering&#x017F;te Gera&#x0364;u&#x017F;ch, vor-<lb/>
zu&#x0364;glich der Ton der Glocken biß zum <choice><sic>Er&#x017F;tau<lb/>
nen</sic><corr>Er&#x017F;tau-<lb/>
nen</corr></choice> vermehrte. Ja &#x017F;ie wurde durch den heff-<lb/>
tigen Stoß, den ihr ihre Mutter gegeben hat-<lb/>
te, wieder blind, und diß ließ mich &#x017F;ehr viel<lb/>
fu&#x0364;r ihr Gehirn befu&#x0364;rchten.</p><lb/>
        <p>Diß waren, fu&#x0364;r &#x017F;ie und mich, die trauri-<lb/>
ge Folgen die&#x017F;es betru&#x0364;bten Auftritts. Leicht<lb/>
ha&#x0364;tt' ich alle die&#x017F;e Vergehungen, gerichtlich,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0043] tiget war, hoͤrt ich ein neues wuͤthendes Ge- ſchrey und abwechſelnde wiederholte Bemuͤhun- gen, die Thuͤre des Zimmers, worinn ich mich befand, aufzureiſſen und wieder zuzuſchmet- tern. Diß war Herr Paradis. Seine Frau hatte ihn durch einen ihrer Bedienten ruffen laſſen. Er kam mit bloſſem Degen in mein Haus, und ſuchte in das Zimmer zu drin- gen, mein Bedienter aber bemuͤhte ſich ihn abzu- halten, und ſtellte ſich vor die Thuͤre. End- lich wurde der Raſende entwafnet, und verließ, unter tauſend Fluͤchen uͤber mich und die Mei- nige, meine Wohnung. Seine Frau hingegen lag in Ohnmacht, ich ließ ihr die noͤthige Huͤlfe leiſten, und ſie begab ſich nach einigen Stunden hinweg. Aber ihre ungluͤckliche Toch- ter bekam Erbrechen, Gichter und Anfaͤlle von Wuth, welche das geringſte Geraͤuſch, vor- zuͤglich der Ton der Glocken biß zum Erſtau- nen vermehrte. Ja ſie wurde durch den heff- tigen Stoß, den ihr ihre Mutter gegeben hat- te, wieder blind, und diß ließ mich ſehr viel fuͤr ihr Gehirn befuͤrchten. Diß waren, fuͤr ſie und mich, die trauri- ge Folgen dieſes betruͤbten Auftritts. Leicht haͤtt' ich alle dieſe Vergehungen, gerichtlich, C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

lebendige-ethik.net: Bereitstellung der Texttranskription von lebendige-ethik.net. (2013-01-16T10:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-16T10:54:31Z)
Frederike Neuber, Susanne Wind, Matthias Boenig, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2016-12-07T10:54:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781/43
Zitationshilfe: Mesmer, Franz Anton: Abhandlung über die Entdeckung des thierischen Magnetismus. Carlsruhe, 1781, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781/43>, abgerufen am 16.04.2024.