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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Auf seine Erkundigung nach dem Herrn Pfarrer
zeigte sie ruhig mit der freien Hand durch die Wein¬
laube und den dunkeln Flur nach einer Hinterthür des
Hauses, wo die goldene Abendhelle eindrang. Von
dorther scholl zu Wasers Verwunderung kriegerischer
Gesang.

"Kein schönrer Tod ist in der Welt
Als wer vorm Feind hinscheidt . . ."

Das Lied des deutschen Landsknechts, das so todes¬
freudig und doch so lebensmuthig klang, konnte, daran
war kein Zweifel, nur aus der kräftigen Kehle seines
Freundes kommen. In der That, da kniete er im
Schatten einer mächtigen Ulme, und womit beschloß der
Pfarrer von Berbenn sein Tagewerk? er schliff am
Wetzsteine einen gewaltigen Raufdegen.

Vor Ueberraschung blieb Waser einen Augenblick
wortlos stehen. Der Knieende gewahrte ihn, stieß das
Schwert in den Rasen, sprang auf, breitete die Arme
aus und drückte mit dem Rufe "Herzenswaser!" den
Freund an seine breite Brust.


Auf ſeine Erkundigung nach dem Herrn Pfarrer
zeigte ſie ruhig mit der freien Hand durch die Wein¬
laube und den dunkeln Flur nach einer Hinterthür des
Hauſes, wo die goldene Abendhelle eindrang. Von
dorther ſcholl zu Waſers Verwunderung kriegeriſcher
Geſang.

„Kein ſchönrer Tod iſt in der Welt
Als wer vorm Feind hinſcheidt . . .“

Das Lied des deutſchen Landsknechts, das ſo todes¬
freudig und doch ſo lebensmuthig klang, konnte, daran
war kein Zweifel, nur aus der kräftigen Kehle ſeines
Freundes kommen. In der That, da kniete er im
Schatten einer mächtigen Ulme, und womit beſchloß der
Pfarrer von Berbenn ſein Tagewerk? er ſchliff am
Wetzſteine einen gewaltigen Raufdegen.

Vor Ueberraſchung blieb Waſer einen Augenblick
wortlos ſtehen. Der Knieende gewahrte ihn, ſtieß das
Schwert in den Raſen, ſprang auf, breitete die Arme
aus und drückte mit dem Rufe „Herzenswaſer!“ den
Freund an ſeine breite Bruſt.


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[47/0057] Auf ſeine Erkundigung nach dem Herrn Pfarrer zeigte ſie ruhig mit der freien Hand durch die Wein¬ laube und den dunkeln Flur nach einer Hinterthür des Hauſes, wo die goldene Abendhelle eindrang. Von dorther ſcholl zu Waſers Verwunderung kriegeriſcher Geſang. „Kein ſchönrer Tod iſt in der Welt Als wer vorm Feind hinſcheidt . . .“ Das Lied des deutſchen Landsknechts, das ſo todes¬ freudig und doch ſo lebensmuthig klang, konnte, daran war kein Zweifel, nur aus der kräftigen Kehle ſeines Freundes kommen. In der That, da kniete er im Schatten einer mächtigen Ulme, und womit beſchloß der Pfarrer von Berbenn ſein Tagewerk? er ſchliff am Wetzſteine einen gewaltigen Raufdegen. Vor Ueberraſchung blieb Waſer einen Augenblick wortlos ſtehen. Der Knieende gewahrte ihn, ſtieß das Schwert in den Raſen, ſprang auf, breitete die Arme aus und drückte mit dem Rufe „Herzenswaſer!“ den Freund an ſeine breite Bruſt.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/57>, abgerufen am 28.03.2024.