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Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.

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Vorwort.


Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf
uns einstürmen lassen. Jn dem Wogenschlage der staat-
lichen befinden wir uns mitten darinnen; die gesellschaftliche hat
uns nur erst in krampfhaften Zuckungen berührt, aber sie
steht als das schwärzeste Gewölk am Gesichtskreis der Zu-
kunft; die volkliche hat sich bis jetzt in den schmalen Ufern
der Gesetzlichkeit gehalten, aber sie läuft auch Gefahr, wie
der Deutsche Strom, in den Sand der alten Zustände zu
verlaufen.

Der Zweck der gegenwärtigen Schrift ist, in den all-
gemeinsten Zügen zu schildern, wie wir den staatlichen Wir-
ren am schnellsten entgehen können, wie wir die gesellschaft-
lichen Stürme am besten beschwören dürften, wie wir die
Deutsche Frage am sichersten zu einer lebensfrischen Lösung
bringen müssen. Hauptsächlich soll aber die gesellschaftliche
Frage der Gegenstand meiner Betrachtungen und Vorschläge
sein, weil ich die feste Ueberzeugung habe, daß die Uebel,
an denen unser ganzes großes Volk und unser engerer
Staatsverband krankt, am leichtesten durch die Lösung der
gesellschaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen
Sitze, erstickt werden können.

Vorwort.


Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf
uns einſtürmen laſſen. Jn dem Wogenſchlage der ſtaat-
lichen befinden wir uns mitten darinnen; die geſellſchaftliche hat
uns nur erſt in krampfhaften Zuckungen berührt, aber ſie
ſteht als das ſchwärzeſte Gewölk am Geſichtskreis der Zu-
kunft; die volkliche hat ſich bis jetzt in den ſchmalen Ufern
der Geſetzlichkeit gehalten, aber ſie läuft auch Gefahr, wie
der Deutſche Strom, in den Sand der alten Zuſtände zu
verlaufen.

Der Zweck der gegenwärtigen Schrift iſt, in den all-
gemeinſten Zügen zu ſchildern, wie wir den ſtaatlichen Wir-
ren am ſchnellſten entgehen können, wie wir die geſellſchaft-
lichen Stürme am beſten beſchwören dürften, wie wir die
Deutſche Frage am ſicherſten zu einer lebensfriſchen Löſung
bringen müſſen. Hauptſächlich ſoll aber die geſellſchaftliche
Frage der Gegenſtand meiner Betrachtungen und Vorſchläge
ſein, weil ich die feſte Ueberzeugung habe, daß die Uebel,
an denen unſer ganzes großes Volk und unſer engerer
Staatsverband krankt, am leichteſten durch die Löſung der
geſellſchaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen
Sitze, erſtickt werden können.

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[0007] Vorwort. Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf uns einſtürmen laſſen. Jn dem Wogenſchlage der ſtaat- lichen befinden wir uns mitten darinnen; die geſellſchaftliche hat uns nur erſt in krampfhaften Zuckungen berührt, aber ſie ſteht als das ſchwärzeſte Gewölk am Geſichtskreis der Zu- kunft; die volkliche hat ſich bis jetzt in den ſchmalen Ufern der Geſetzlichkeit gehalten, aber ſie läuft auch Gefahr, wie der Deutſche Strom, in den Sand der alten Zuſtände zu verlaufen. Der Zweck der gegenwärtigen Schrift iſt, in den all- gemeinſten Zügen zu ſchildern, wie wir den ſtaatlichen Wir- ren am ſchnellſten entgehen können, wie wir die geſellſchaft- lichen Stürme am beſten beſchwören dürften, wie wir die Deutſche Frage am ſicherſten zu einer lebensfriſchen Löſung bringen müſſen. Hauptſächlich ſoll aber die geſellſchaftliche Frage der Gegenſtand meiner Betrachtungen und Vorſchläge ſein, weil ich die feſte Ueberzeugung habe, daß die Uebel, an denen unſer ganzes großes Volk und unſer engerer Staatsverband krankt, am leichteſten durch die Löſung der geſellſchaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen Sitze, erſtickt werden können.

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Zitationshilfe: Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/7>, abgerufen am 28.03.2024.