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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Nachtigallen schlugen laut, und flogen nicht davon,
wenn man dicht bey ihnen stand. Das Mond-
licht, das nun den ganzen Garten erhellte, und
die Schatten, die das Laub der Büsche machte,
hüpften vor ihnen in mannigfaltigem Gemisch da-
hin; in der Mitte, wo das Wasser des Spring-
brunnens plätscherte, und tausend goldne Stern-
chen bildete, kamen nach und nach die Mönche
aus den verschiednen Gängen zusammen, und
stellten sich in einem Kreis um den alten und jun-
gen Siegwart, und den Pater Anton her. Sie
sahen im Mondschein noch so heilig und ehrwür-
dig aus. -- Nun, wie gefällts ihm hier im Klo-
ster, junger Herr Amtmann? sagte einer von den
Mönchen zu dem jungen Siegwart. O recht gut,
fiel ihm Anton ein; ein will bald bey uns Pro-
feß thun. Schön, schön! riefen alle Mönche. Es
gibt doch noch immer Leute, welche Gott von
Herzen dienen.

Bleib er bey dem Entschluß, lieber junger
Herr! sprach ein alter Mönch, der neben unserm
Siegwart stand, und es soll ihn nicht gereuen;
wir wollen ihm alle Liebs und Gutes thun.

Es ist noch nicht so gewiß, sagte drauf der
alte Siegwart; Pater Anton scherzt nur. Ey



Nachtigallen ſchlugen laut, und flogen nicht davon,
wenn man dicht bey ihnen ſtand. Das Mond-
licht, das nun den ganzen Garten erhellte, und
die Schatten, die das Laub der Buͤſche machte,
huͤpften vor ihnen in mannigfaltigem Gemiſch da-
hin; in der Mitte, wo das Waſſer des Spring-
brunnens plaͤtſcherte, und tauſend goldne Stern-
chen bildete, kamen nach und nach die Moͤnche
aus den verſchiednen Gaͤngen zuſammen, und
ſtellten ſich in einem Kreis um den alten und jun-
gen Siegwart, und den Pater Anton her. Sie
ſahen im Mondſchein noch ſo heilig und ehrwuͤr-
dig aus. — Nun, wie gefaͤllts ihm hier im Klo-
ſter, junger Herr Amtmann? ſagte einer von den
Moͤnchen zu dem jungen Siegwart. O recht gut,
fiel ihm Anton ein; ein will bald bey uns Pro-
feß thun. Schoͤn, ſchoͤn! riefen alle Moͤnche. Es
gibt doch noch immer Leute, welche Gott von
Herzen dienen.

Bleib er bey dem Entſchluß, lieber junger
Herr! ſprach ein alter Moͤnch, der neben unſerm
Siegwart ſtand, und es ſoll ihn nicht gereuen;
wir wollen ihm alle Liebs und Gutes thun.

Es iſt noch nicht ſo gewiß, ſagte drauf der
alte Siegwart; Pater Anton ſcherzt nur. Ey

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[27/0031] Nachtigallen ſchlugen laut, und flogen nicht davon, wenn man dicht bey ihnen ſtand. Das Mond- licht, das nun den ganzen Garten erhellte, und die Schatten, die das Laub der Buͤſche machte, huͤpften vor ihnen in mannigfaltigem Gemiſch da- hin; in der Mitte, wo das Waſſer des Spring- brunnens plaͤtſcherte, und tauſend goldne Stern- chen bildete, kamen nach und nach die Moͤnche aus den verſchiednen Gaͤngen zuſammen, und ſtellten ſich in einem Kreis um den alten und jun- gen Siegwart, und den Pater Anton her. Sie ſahen im Mondſchein noch ſo heilig und ehrwuͤr- dig aus. — Nun, wie gefaͤllts ihm hier im Klo- ſter, junger Herr Amtmann? ſagte einer von den Moͤnchen zu dem jungen Siegwart. O recht gut, fiel ihm Anton ein; ein will bald bey uns Pro- feß thun. Schoͤn, ſchoͤn! riefen alle Moͤnche. Es gibt doch noch immer Leute, welche Gott von Herzen dienen. Bleib er bey dem Entſchluß, lieber junger Herr! ſprach ein alter Moͤnch, der neben unſerm Siegwart ſtand, und es ſoll ihn nicht gereuen; wir wollen ihm alle Liebs und Gutes thun. Es iſt noch nicht ſo gewiß, ſagte drauf der alte Siegwart; Pater Anton ſcherzt nur. Ey

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/31>, abgerufen am 29.03.2024.