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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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Hüllet mit Dampf und Wetterschein
Das ganze Revier höchst grausam ein,
Geht selber auf den Heiligen los,
Der stand aller irdischen Waffen bloß,
Die Hände sein zum Himmel kehrt,
Rief: Starker Gott! leih mir ein Schwert!
Da zückt herab, wie ein Donnerstreich,
Erzengel Michael sogleich.
Sein Flügel und sein Fußtritt dämpft
Das Feuer schnell, er ficht und kämpft
Und würgt den Schwarzen blau und grün,
Der hätte schier nach Gott geschrien;
Schmeißt ihn der Engel auch alsbald
Kopfunter in den Höllenspalt,
Schließt sich der Boden eilend zu,
Da war's auf Erden wieder Ruh,
Die Lüfte flossen leicht und rein,
Der Engel sah wie Sonnenschein.
Unser heiliger bedankt sich sehr,
Möcht' aber noch ein Wörtlein mehr
Mit dem Patronen gern verkehren,
Deß wollte Jener sich erwehren,
Sprach: Jetzo hab' ich keine Zeit.
Da ging Herr Bonifaz so weit,
Daß er ihn faßt an seiner Schwingen,
Der Engel ließ sich doch nicht zwingen,
War wie ein Morgenrauch entschlüpft.
Der Mann Gottes stund sehr verblüfft.
Ihm war, wie er mit dem Erzengel rang,
Eine Feder, gülden, schön und lang

Huͤllet mit Dampf und Wetterſchein
Das ganze Revier hoͤchſt grauſam ein,
Geht ſelber auf den Heiligen los,
Der ſtand aller irdiſchen Waffen bloß,
Die Haͤnde ſein zum Himmel kehrt,
Rief: Starker Gott! leih mir ein Schwert!
Da zuͤckt herab, wie ein Donnerſtreich,
Erzengel Michael ſogleich.
Sein Fluͤgel und ſein Fußtritt daͤmpft
Das Feuer ſchnell, er ficht und kaͤmpft
Und wuͤrgt den Schwarzen blau und gruͤn,
Der haͤtte ſchier nach Gott geſchrien;
Schmeißt ihn der Engel auch alsbald
Kopfunter in den Hoͤllenſpalt,
Schließt ſich der Boden eilend zu,
Da war's auf Erden wieder Ruh,
Die Luͤfte floſſen leicht und rein,
Der Engel ſah wie Sonnenſchein.
Unſer heiliger bedankt ſich ſehr,
Moͤcht' aber noch ein Woͤrtlein mehr
Mit dem Patronen gern verkehren,
Deß wollte Jener ſich erwehren,
Sprach: Jetzo hab' ich keine Zeit.
Da ging Herr Bonifaz ſo weit,
Daß er ihn faßt an ſeiner Schwingen,
Der Engel ließ ſich doch nicht zwingen,
War wie ein Morgenrauch entſchluͤpft.
Der Mann Gottes ſtund ſehr verbluͤfft.
Ihm war, wie er mit dem Erzengel rang,
Eine Feder, guͤlden, ſchoͤn und lang

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[88/0104] Huͤllet mit Dampf und Wetterſchein Das ganze Revier hoͤchſt grauſam ein, Geht ſelber auf den Heiligen los, Der ſtand aller irdiſchen Waffen bloß, Die Haͤnde ſein zum Himmel kehrt, Rief: Starker Gott! leih mir ein Schwert! Da zuͤckt herab, wie ein Donnerſtreich, Erzengel Michael ſogleich. Sein Fluͤgel und ſein Fußtritt daͤmpft Das Feuer ſchnell, er ficht und kaͤmpft Und wuͤrgt den Schwarzen blau und gruͤn, Der haͤtte ſchier nach Gott geſchrien; Schmeißt ihn der Engel auch alsbald Kopfunter in den Hoͤllenſpalt, Schließt ſich der Boden eilend zu, Da war's auf Erden wieder Ruh, Die Luͤfte floſſen leicht und rein, Der Engel ſah wie Sonnenſchein. Unſer heiliger bedankt ſich ſehr, Moͤcht' aber noch ein Woͤrtlein mehr Mit dem Patronen gern verkehren, Deß wollte Jener ſich erwehren, Sprach: Jetzo hab' ich keine Zeit. Da ging Herr Bonifaz ſo weit, Daß er ihn faßt an ſeiner Schwingen, Der Engel ließ ſich doch nicht zwingen, War wie ein Morgenrauch entſchluͤpft. Der Mann Gottes ſtund ſehr verbluͤfft. Ihm war, wie er mit dem Erzengel rang, Eine Feder, guͤlden, ſchoͤn und lang

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/104>, abgerufen am 26.04.2024.