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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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So tröst't sich dein Mörder wohl,
Der dich hungern lassen,
Aber ich vor Leid und Groll
Weiß mich nicht zu fassen!
Hast alle Bröslein aufgepickt,
Hast dann vergebens umgeblickt,
Wo noch ein Körnlein wäre!
Ihr andern Vöglein allesammt,
Wohl unterm blauen Himmel!
Ihr habt mit Wehgesang verdammt
Den Vogelsteller-Lümmel.
Ach, Eines starb so balde, bald!
Eben da in Feld und Wald
Der Frühling wollte kommen.

So troͤſt't ſich dein Moͤrder wohl,
Der dich hungern laſſen,
Aber ich vor Leid und Groll
Weiß mich nicht zu faſſen!
Haſt alle Broͤslein aufgepickt,
Haſt dann vergebens umgeblickt,
Wo noch ein Koͤrnlein waͤre!
Ihr andern Voͤglein alleſammt,
Wohl unterm blauen Himmel!
Ihr habt mit Wehgeſang verdammt
Den Vogelſteller-Luͤmmel.
Ach, Eines ſtarb ſo balde, bald!
Eben da in Feld und Wald
Der Fruͤhling wollte kommen.

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[196/0212] So troͤſt't ſich dein Moͤrder wohl, Der dich hungern laſſen, Aber ich vor Leid und Groll Weiß mich nicht zu faſſen! Haſt alle Broͤslein aufgepickt, Haſt dann vergebens umgeblickt, Wo noch ein Koͤrnlein waͤre! Ihr andern Voͤglein alleſammt, Wohl unterm blauen Himmel! Ihr habt mit Wehgeſang verdammt Den Vogelſteller-Luͤmmel. Ach, Eines ſtarb ſo balde, bald! Eben da in Feld und Wald Der Fruͤhling wollte kommen.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/212>, abgerufen am 29.03.2024.