Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Wir woll'n dich Lands verweisen,
So du nicht schwörest ab den Wein;
Bierkönig sollt du heißen!
-- Er aber saget: Nein;
Da habt ihr meine Krone!
An mir ist Hopfen und Malz verlor'n. --
So stieg er von dem Throne
In seinem edlen Zorn.
Für Kummer und für Grämen
Der Herre wurde krank und alt,
Zerfiele wie ein Schemen
Und holt der Tod ihn bald.
Mit Purpur ward gezieret
Sein Leichnam als ein König groß;
Ein tief Gewölb man führet
Zu Tüwingen im Schloß.
Vier schwarze Edelknaben
Sein' Becher trugen vor der Bahr';
Der ist mit ihm begraben,
War doch von Golde gar.
Damal ward prophezeihet:
Wenn nur erst hundert Jahr herum,
Da würd' der Thron erneuet
Vom alten Königthum.
6 *
Wir woll'n dich Lands verweiſen,
So du nicht ſchwoͤreſt ab den Wein;
Bierkoͤnig ſollt du heißen!
— Er aber ſaget: Nein;
Da habt ihr meine Krone!
An mir iſt Hopfen und Malz verlor'n. —
So ſtieg er von dem Throne
In ſeinem edlen Zorn.
Fuͤr Kummer und fuͤr Graͤmen
Der Herre wurde krank und alt,
Zerfiele wie ein Schemen
Und holt der Tod ihn bald.
Mit Purpur ward gezieret
Sein Leichnam als ein Koͤnig groß;
Ein tief Gewoͤlb man fuͤhret
Zu Tuͤwingen im Schloß.
Vier ſchwarze Edelknaben
Sein' Becher trugen vor der Bahr';
Der iſt mit ihm begraben,
War doch von Golde gar.
Damal ward prophezeihet:
Wenn nur erſt hundert Jahr herum,
Da wuͤrd' der Thron erneuet
Vom alten Koͤnigthum.
6 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0099" n="83"/>
          <lg n="18">
            <l>Wir woll'n dich Lands verwei&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>So du nicht &#x017F;chwo&#x0364;re&#x017F;t ab den Wein;</l><lb/>
            <l>Bierko&#x0364;nig &#x017F;ollt du heißen!</l><lb/>
            <l>&#x2014; Er aber &#x017F;aget: Nein;</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="19">
            <l>Da habt ihr meine Krone!</l><lb/>
            <l>An mir i&#x017F;t Hopfen und Malz verlor'n. &#x2014;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;tieg er von dem Throne</l><lb/>
            <l>In &#x017F;einem edlen Zorn.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="20">
            <l>Fu&#x0364;r Kummer und fu&#x0364;r Gra&#x0364;men</l><lb/>
            <l>Der Herre wurde krank und alt,</l><lb/>
            <l>Zerfiele wie ein Schemen</l><lb/>
            <l>Und holt der Tod ihn bald.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="21">
            <l>Mit Purpur ward gezieret</l><lb/>
            <l>Sein Leichnam als ein Ko&#x0364;nig groß;</l><lb/>
            <l>Ein tief Gewo&#x0364;lb man fu&#x0364;hret</l><lb/>
            <l>Zu Tu&#x0364;wingen im Schloß.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="22">
            <l>Vier &#x017F;chwarze Edelknaben</l><lb/>
            <l>Sein' Becher trugen vor der Bahr';</l><lb/>
            <l>Der i&#x017F;t mit ihm begraben,</l><lb/>
            <l>War doch von Golde gar.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="23">
            <l>Damal ward prophezeihet:</l><lb/>
            <l>Wenn nur er&#x017F;t hundert Jahr herum,</l><lb/>
            <l>Da wu&#x0364;rd' der Thron erneuet</l><lb/>
            <l>Vom alten Ko&#x0364;nigthum.</l><lb/>
          </lg>
          <fw place="bottom" type="sig">6 *<lb/></fw>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0099] Wir woll'n dich Lands verweiſen, So du nicht ſchwoͤreſt ab den Wein; Bierkoͤnig ſollt du heißen! — Er aber ſaget: Nein; Da habt ihr meine Krone! An mir iſt Hopfen und Malz verlor'n. — So ſtieg er von dem Throne In ſeinem edlen Zorn. Fuͤr Kummer und fuͤr Graͤmen Der Herre wurde krank und alt, Zerfiele wie ein Schemen Und holt der Tod ihn bald. Mit Purpur ward gezieret Sein Leichnam als ein Koͤnig groß; Ein tief Gewoͤlb man fuͤhret Zu Tuͤwingen im Schloß. Vier ſchwarze Edelknaben Sein' Becher trugen vor der Bahr'; Der iſt mit ihm begraben, War doch von Golde gar. Damal ward prophezeihet: Wenn nur erſt hundert Jahr herum, Da wuͤrd' der Thron erneuet Vom alten Koͤnigthum. 6 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/99
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/99>, abgerufen am 19.04.2024.