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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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Brautpaar gegenüber. Von einer Seite hatte er eine
kleine ältliche Dame, eine unverheirathete Tante Fran¬
ziska's, von der andern die junge reizende Nichte
selbst zur Nebensitzerin, die sich durch Geist und
Munterkeit ihm bald besonders zu empfehlen wußte.
Frau Constanze kam zwischen den Hauswirth und
ihren freundlichen Geleitsmann, den Lieutenant; die
übrigen reihten sich ein, und so saß man zu Elfen
nach Möglichkeit bunt an der Tafel, deren unteres
Ende leer blieb. Auf ihr erhoben sich mitten zwei
mächtig große Porcellanaufsätze mit gemalten Figuren,
breite Schalen gehäuft voll natürlicher Früchte und
Blumen über sich haltend. An den Wänden des
Saals hingen reiche Festons. Was sonst da war,
oder nach und nach folgte, schien einen ausgedehnten
Schmaus zu verkünden. Theils auf der Tafel, zwi¬
schen Schüsseln und Platten, theils vom Servirtisch
herüber im Hintergrund, blinkte verschiedenes edle Ge¬
tränk, vom schwärzesten Roth bis hinauf zu dem
gelblichen Weiß, dessen lustiger Schaum herkömmlich
erst die zweite Hälfte eines Festes krönt.

Bis gegen diesen Zeitpunkt hin bewegte sich die
Unterhaltung, von mehreren Seiten gleich lebhaft ge¬
nährt, in allen Richtungen. Weil aber der Graf

Brautpaar gegenüber. Von einer Seite hatte er eine
kleine ältliche Dame, eine unverheirathete Tante Fran¬
ziska's, von der andern die junge reizende Nichte
ſelbſt zur Nebenſitzerin, die ſich durch Geiſt und
Munterkeit ihm bald beſonders zu empfehlen wußte.
Frau Conſtanze kam zwiſchen den Hauswirth und
ihren freundlichen Geleitsmann, den Lieutenant; die
übrigen reihten ſich ein, und ſo ſaß man zu Elfen
nach Möglichkeit bunt an der Tafel, deren unteres
Ende leer blieb. Auf ihr erhoben ſich mitten zwei
mächtig große Porcellanaufſätze mit gemalten Figuren,
breite Schalen gehäuft voll natürlicher Früchte und
Blumen über ſich haltend. An den Wänden des
Saals hingen reiche Feſtons. Was ſonſt da war,
oder nach und nach folgte, ſchien einen ausgedehnten
Schmaus zu verkünden. Theils auf der Tafel, zwi¬
ſchen Schüſſeln und Platten, theils vom Servirtiſch
herüber im Hintergrund, blinkte verſchiedenes edle Ge¬
tränk, vom ſchwärzeſten Roth bis hinauf zu dem
gelblichen Weiß, deſſen luſtiger Schaum herkömmlich
erſt die zweite Hälfte eines Feſtes krönt.

Bis gegen dieſen Zeitpunkt hin bewegte ſich die
Unterhaltung, von mehreren Seiten gleich lebhaft ge¬
nährt, in allen Richtungen. Weil aber der Graf

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[44/0056] Brautpaar gegenüber. Von einer Seite hatte er eine kleine ältliche Dame, eine unverheirathete Tante Fran¬ ziska's, von der andern die junge reizende Nichte ſelbſt zur Nebenſitzerin, die ſich durch Geiſt und Munterkeit ihm bald beſonders zu empfehlen wußte. Frau Conſtanze kam zwiſchen den Hauswirth und ihren freundlichen Geleitsmann, den Lieutenant; die übrigen reihten ſich ein, und ſo ſaß man zu Elfen nach Möglichkeit bunt an der Tafel, deren unteres Ende leer blieb. Auf ihr erhoben ſich mitten zwei mächtig große Porcellanaufſätze mit gemalten Figuren, breite Schalen gehäuft voll natürlicher Früchte und Blumen über ſich haltend. An den Wänden des Saals hingen reiche Feſtons. Was ſonſt da war, oder nach und nach folgte, ſchien einen ausgedehnten Schmaus zu verkünden. Theils auf der Tafel, zwi¬ ſchen Schüſſeln und Platten, theils vom Servirtiſch herüber im Hintergrund, blinkte verſchiedenes edle Ge¬ tränk, vom ſchwärzeſten Roth bis hinauf zu dem gelblichen Weiß, deſſen luſtiger Schaum herkömmlich erſt die zweite Hälfte eines Feſtes krönt. Bis gegen dieſen Zeitpunkt hin bewegte ſich die Unterhaltung, von mehreren Seiten gleich lebhaft ge¬ nährt, in allen Richtungen. Weil aber der Graf

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/56>, abgerufen am 28.03.2024.