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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Zum Exempel?

Da kommt z. B. eines Morgens früh nach Neune schon unsere alte Schwärmerin, die Volkstett, in ihrem feurigsten Besuchssturmschritt quer übern Kohlmarkt hergesegelt. Sie war drei Monat fort, die große Reise zum Schwager in Sachsen, ihr tägliches Gespräch, so lang wir sie kennen, kam endlich zu Stand; seit gestern Nacht ist sie zurück, und jetzt, mit ihrem übervollen Herzen -- es schwattelt ganz von Reiseglück und Freundschaftsungeduld und allerliebsten Neuigkeiten -- stracks hin zur Oberstin damit! die Trepp' hinauf und angeklopft und das Herein nicht abgewartet: stell' dir den Jubel selber vor und das Embrassement beiderseits! -- Nun, liebste, beste Oberstin, hebt sie nach einigem Vorgängigen mit frischem Odem an: ich bringe Ihnen ein Schock Grüße mit, ob Sie errathen, von wem? Ich komme nicht so gradenwegs von Stendal her, es wurde ein kleiner Abstecher gemacht, linkshin, nach Brandenburg zu. -- Wie, wär' es möglich ... Sie kamen nach Berlin? sind bei Mozarts gewesen? -- Zehn himmlische Tage! -- O, liebe, süße, einzige Generalin, erzählen Sie, beschreiben Sie! Wie geht es unsern guten Leutchen? Gefallen sie sich immer noch so gut wie Anfangs dort? Es ist mir fabelhaft, undenkbar, heute noch, und jetzt nur desto mehr, da Sie von ihm herkommen -- Mozart als Berliner! Wie benimmt er sich doch? wie sieht er denn aus? -- O der! Sie sollten ihn nur

Zum Exempel?

Da kommt z. B. eines Morgens früh nach Neune schon unsere alte Schwärmerin, die Volkstett, in ihrem feurigsten Besuchssturmschritt quer übern Kohlmarkt hergesegelt. Sie war drei Monat fort, die große Reise zum Schwager in Sachsen, ihr tägliches Gespräch, so lang wir sie kennen, kam endlich zu Stand; seit gestern Nacht ist sie zurück, und jetzt, mit ihrem übervollen Herzen — es schwattelt ganz von Reiseglück und Freundschaftsungeduld und allerliebsten Neuigkeiten — stracks hin zur Oberstin damit! die Trepp' hinauf und angeklopft und das Herein nicht abgewartet: stell' dir den Jubel selber vor und das Embrassement beiderseits! — Nun, liebste, beste Oberstin, hebt sie nach einigem Vorgängigen mit frischem Odem an: ich bringe Ihnen ein Schock Grüße mit, ob Sie errathen, von wem? Ich komme nicht so gradenwegs von Stendal her, es wurde ein kleiner Abstecher gemacht, linkshin, nach Brandenburg zu. — Wie, wär' es möglich ... Sie kamen nach Berlin? sind bei Mozarts gewesen? — Zehn himmlische Tage! — O, liebe, süße, einzige Generalin, erzählen Sie, beschreiben Sie! Wie geht es unsern guten Leutchen? Gefallen sie sich immer noch so gut wie Anfangs dort? Es ist mir fabelhaft, undenkbar, heute noch, und jetzt nur desto mehr, da Sie von ihm herkommen — Mozart als Berliner! Wie benimmt er sich doch? wie sieht er denn aus? — O der! Sie sollten ihn nur

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[0025] Zum Exempel? Da kommt z. B. eines Morgens früh nach Neune schon unsere alte Schwärmerin, die Volkstett, in ihrem feurigsten Besuchssturmschritt quer übern Kohlmarkt hergesegelt. Sie war drei Monat fort, die große Reise zum Schwager in Sachsen, ihr tägliches Gespräch, so lang wir sie kennen, kam endlich zu Stand; seit gestern Nacht ist sie zurück, und jetzt, mit ihrem übervollen Herzen — es schwattelt ganz von Reiseglück und Freundschaftsungeduld und allerliebsten Neuigkeiten — stracks hin zur Oberstin damit! die Trepp' hinauf und angeklopft und das Herein nicht abgewartet: stell' dir den Jubel selber vor und das Embrassement beiderseits! — Nun, liebste, beste Oberstin, hebt sie nach einigem Vorgängigen mit frischem Odem an: ich bringe Ihnen ein Schock Grüße mit, ob Sie errathen, von wem? Ich komme nicht so gradenwegs von Stendal her, es wurde ein kleiner Abstecher gemacht, linkshin, nach Brandenburg zu. — Wie, wär' es möglich ... Sie kamen nach Berlin? sind bei Mozarts gewesen? — Zehn himmlische Tage! — O, liebe, süße, einzige Generalin, erzählen Sie, beschreiben Sie! Wie geht es unsern guten Leutchen? Gefallen sie sich immer noch so gut wie Anfangs dort? Es ist mir fabelhaft, undenkbar, heute noch, und jetzt nur desto mehr, da Sie von ihm herkommen — Mozart als Berliner! Wie benimmt er sich doch? wie sieht er denn aus? — O der! Sie sollten ihn nur

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:56:24Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:56:24Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/25>, abgerufen am 25.04.2024.