Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

er hat seine dreitausend Thaler fix, und das wofür? Daß er die Woche einmal ein Kammerconcert, zweimal die große Oper dirigirt -- Ach, Oberstin, ich habe ihn gesehen, unsern lieben, kleinen goldnen Mann. in Mitten seiner trefflichen Kapelle, die er sich zugeschult, die ihn anbetet! saß mit der Mozartin in ihrer Loge, schräg gegen den höchsten Herrschaften über! Und was stand auf dem Zettel, bitte Sie -- ich nahm ihn mit für Sie -- ein kleines Reis'präsent von mir und Mozarts drein gewickelt -- hier schauen Sie, hier lesen Sie, da steht's mit ellenlangen Buchstaben gedruckt! -- Hilf Himmel! was? Tarar! -- Ja, gelten's, Freundin, was man erleben kann! Vor zwei Jahren, wie Mozart den Don Juan schrieb und der verwünschte, giftige, schwarzgelbe Salieri auch schon im Stillen Anstalt machte, den Triumph, den er mit seinem Stück davon trug in Paris, demnächst auf seinem eigenen Territorio zu begehen und unserem guten, Schnepfen liebenden, allzeit in Cosa rara vergnügten Publikum nun doch auch 'mal so eine Gattung Falken sehn zu lassen, und er und seine Helfershelfer bereits zusammen munkelten und raffinirten, daß sie den Don Juan so schön gerupft wie jenesmal den Figaro, nicht todt und nicht lebendig auf das Theater stellen wollten -- wissen's, da that ich ein Gelübd', wenn das infame Stück gegeben wird, ich geh' nicht hin, um keine Welt! Und hielt auch Wort. Als alles lief und rannte -- und, Oberstin, Sie mit -- blieb

er hat seine dreitausend Thaler fix, und das wofür? Daß er die Woche einmal ein Kammerconcert, zweimal die große Oper dirigirt — Ach, Oberstin, ich habe ihn gesehen, unsern lieben, kleinen goldnen Mann. in Mitten seiner trefflichen Kapelle, die er sich zugeschult, die ihn anbetet! saß mit der Mozartin in ihrer Loge, schräg gegen den höchsten Herrschaften über! Und was stand auf dem Zettel, bitte Sie — ich nahm ihn mit für Sie — ein kleines Reis'präsent von mir und Mozarts drein gewickelt — hier schauen Sie, hier lesen Sie, da steht's mit ellenlangen Buchstaben gedruckt! — Hilf Himmel! was? Tarar! — Ja, gelten's, Freundin, was man erleben kann! Vor zwei Jahren, wie Mozart den Don Juan schrieb und der verwünschte, giftige, schwarzgelbe Salieri auch schon im Stillen Anstalt machte, den Triumph, den er mit seinem Stück davon trug in Paris, demnächst auf seinem eigenen Territorio zu begehen und unserem guten, Schnepfen liebenden, allzeit in Cosa rara vergnügten Publikum nun doch auch 'mal so eine Gattung Falken sehn zu lassen, und er und seine Helfershelfer bereits zusammen munkelten und raffinirten, daß sie den Don Juan so schön gerupft wie jenesmal den Figaro, nicht todt und nicht lebendig auf das Theater stellen wollten — wissen's, da that ich ein Gelübd', wenn das infame Stück gegeben wird, ich geh' nicht hin, um keine Welt! Und hielt auch Wort. Als alles lief und rannte — und, Oberstin, Sie mit — blieb

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027"/>
er hat seine dreitausend Thaler fix, und      das wofür? Daß er die Woche einmal ein Kammerconcert, zweimal die große Oper dirigirt &#x2014; Ach,      Oberstin, ich habe ihn gesehen, unsern lieben, kleinen goldnen Mann. in Mitten seiner      trefflichen Kapelle, die er sich zugeschult, die ihn anbetet! saß mit der Mozartin in ihrer      Loge, schräg gegen den höchsten Herrschaften über! Und was stand auf dem Zettel, bitte Sie &#x2014;      ich nahm ihn mit für Sie &#x2014; ein kleines Reis'präsent von mir und Mozarts drein gewickelt &#x2014; hier      schauen Sie, hier lesen Sie, da steht's mit ellenlangen Buchstaben gedruckt! &#x2014; Hilf Himmel!      was? Tarar! &#x2014; Ja, gelten's, Freundin, was man erleben kann! Vor zwei Jahren, wie Mozart den Don      Juan schrieb und der verwünschte, giftige, schwarzgelbe Salieri auch schon im Stillen Anstalt      machte, den Triumph, den er mit seinem Stück davon trug in Paris, demnächst auf seinem eigenen      Territorio zu begehen und unserem guten, Schnepfen liebenden, allzeit in Cosa rara vergnügten      Publikum nun doch auch 'mal so eine Gattung Falken sehn zu lassen, und er und seine      Helfershelfer bereits zusammen munkelten und raffinirten, daß sie den Don Juan so schön gerupft      wie jenesmal den Figaro, nicht todt und nicht lebendig auf das Theater stellen wollten &#x2014;      wissen's, da that ich ein Gelübd', wenn das infame Stück gegeben wird, ich geh' nicht hin, um      keine Welt! Und hielt auch Wort. Als alles lief und rannte &#x2014; und, Oberstin, Sie mit &#x2014; blieb<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0027] er hat seine dreitausend Thaler fix, und das wofür? Daß er die Woche einmal ein Kammerconcert, zweimal die große Oper dirigirt — Ach, Oberstin, ich habe ihn gesehen, unsern lieben, kleinen goldnen Mann. in Mitten seiner trefflichen Kapelle, die er sich zugeschult, die ihn anbetet! saß mit der Mozartin in ihrer Loge, schräg gegen den höchsten Herrschaften über! Und was stand auf dem Zettel, bitte Sie — ich nahm ihn mit für Sie — ein kleines Reis'präsent von mir und Mozarts drein gewickelt — hier schauen Sie, hier lesen Sie, da steht's mit ellenlangen Buchstaben gedruckt! — Hilf Himmel! was? Tarar! — Ja, gelten's, Freundin, was man erleben kann! Vor zwei Jahren, wie Mozart den Don Juan schrieb und der verwünschte, giftige, schwarzgelbe Salieri auch schon im Stillen Anstalt machte, den Triumph, den er mit seinem Stück davon trug in Paris, demnächst auf seinem eigenen Territorio zu begehen und unserem guten, Schnepfen liebenden, allzeit in Cosa rara vergnügten Publikum nun doch auch 'mal so eine Gattung Falken sehn zu lassen, und er und seine Helfershelfer bereits zusammen munkelten und raffinirten, daß sie den Don Juan so schön gerupft wie jenesmal den Figaro, nicht todt und nicht lebendig auf das Theater stellen wollten — wissen's, da that ich ein Gelübd', wenn das infame Stück gegeben wird, ich geh' nicht hin, um keine Welt! Und hielt auch Wort. Als alles lief und rannte — und, Oberstin, Sie mit — blieb

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:56:24Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:56:24Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/27
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 263–362. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1910/27>, abgerufen am 29.03.2024.