Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Schreiben des Herrn von H...
und jagten hernach mit ihren Hunden auf der Spur dieses
Schweinewildes, blos um sich an dem Geläut der Hunde zu
ergetzen, und ihren Rostbif im Schweiß ihrer Angesichts zu
verzehren. Einem solchem Exempel müssen wir folgen, wenn
wir das Landleben von dem Fluche der Langweile befreyen
wollen.

Ich habe noch eine Sammlung, von achtehalbhundert
Weidsprüchen, und einen dicken Band voller Fuchshistorien,
welche von meinen Vorfahren gesamlet sind: damit konnte
man sich Jahr aus Jahr eine auf die angenehmste Art in Ge-
sellschaften ergötzen. Aber jezt ist die ewige, und allezeit
fertige Karte der einzige Behelf; und ich will einen körper-
lichen Eyd darauf ablegen, daß keine von unsern Frölens auch
nur einmal einen rechten Leberreim zu machen weis. Vor-
dem schossen sie noch wohl einmal mit nach der Scheibe, und
brachten demjenigen, der den besten Schuß gethan hatte, den
großen Becher zu. Aber nun, das Gott erbarme, sinken sie
in Ohnmacht, wenn sie einen Schuß hören.

Die heutige Zierlichkeet ist der Tod aller Lustbarkeiten.
Kein Ellenboge auf dem Tische, kein Glas in der Hand, kein
Auge das glüet, kein Herz das lacht, .......... Schieß
mich todt Kerl, damit ich das Unglück nicht länger ansehen
möge.

P. S.
A propo! wie befindet sich des Hrn. Oberjägermeisters
grüne Perüke, worinn er vordem diesen Tag zu feyren pflegte?
Hat er sie auch von den Mäusen auffressen lassen?


XXXXV.

Schreiben des Herrn von H…
und jagten hernach mit ihren Hunden auf der Spur dieſes
Schweinewildes, blos um ſich an dem Gelaͤut der Hunde zu
ergetzen, und ihren Roſtbif im Schweiß ihrer Angeſichts zu
verzehren. Einem ſolchem Exempel muͤſſen wir folgen, wenn
wir das Landleben von dem Fluche der Langweile befreyen
wollen.

Ich habe noch eine Sammlung, von achtehalbhundert
Weidſpruͤchen, und einen dicken Band voller Fuchshiſtorien,
welche von meinen Vorfahren geſamlet ſind: damit konnte
man ſich Jahr aus Jahr eine auf die angenehmſte Art in Ge-
ſellſchaften ergoͤtzen. Aber jezt iſt die ewige, und allezeit
fertige Karte der einzige Behelf; und ich will einen koͤrper-
lichen Eyd darauf ablegen, daß keine von unſern Froͤlens auch
nur einmal einen rechten Leberreim zu machen weis. Vor-
dem ſchoſſen ſie noch wohl einmal mit nach der Scheibe, und
brachten demjenigen, der den beſten Schuß gethan hatte, den
großen Becher zu. Aber nun, das Gott erbarme, ſinken ſie
in Ohnmacht, wenn ſie einen Schuß hoͤren.

Die heutige Zierlichkeet iſt der Tod aller Luſtbarkeiten.
Kein Ellenboge auf dem Tiſche, kein Glas in der Hand, kein
Auge das gluͤet, kein Herz das lacht, .......... Schieß
mich todt Kerl, damit ich das Ungluͤck nicht laͤnger anſehen
moͤge.

P. S.
A propo! wie befindet ſich des Hrn. Oberjaͤgermeiſters
gruͤne Peruͤke, worinn er vordem dieſen Tag zu feyren pflegte?
Hat er ſie auch von den Maͤuſen auffreſſen laſſen?


XXXXV.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0286" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben des Herrn von H&#x2026;</hi></fw><lb/>
und jagten hernach mit ihren Hunden auf der Spur die&#x017F;es<lb/>
Schweinewildes, blos um &#x017F;ich an dem Gela&#x0364;ut der <choice><sic>Hnnde</sic><corr>Hunde</corr></choice> zu<lb/>
ergetzen, und ihren Ro&#x017F;tbif im Schweiß ihrer Ange&#x017F;ichts zu<lb/>
verzehren. Einem &#x017F;olchem Exempel mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir folgen, wenn<lb/>
wir das Landleben von dem Fluche der Langweile befreyen<lb/>
wollen.</p><lb/>
        <p>Ich habe noch eine Sammlung, von achtehalbhundert<lb/>
Weid&#x017F;pru&#x0364;chen, und einen dicken Band voller Fuchshi&#x017F;torien,<lb/>
welche von meinen Vorfahren ge&#x017F;amlet &#x017F;ind: damit konnte<lb/>
man &#x017F;ich Jahr aus Jahr eine auf die angenehm&#x017F;te Art in Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaften ergo&#x0364;tzen. Aber jezt i&#x017F;t die ewige, und allezeit<lb/>
fertige Karte der einzige Behelf; und ich will einen ko&#x0364;rper-<lb/>
lichen Eyd darauf ablegen, daß keine von un&#x017F;ern Fro&#x0364;lens auch<lb/>
nur einmal einen rechten Leberreim zu machen weis. Vor-<lb/>
dem &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie noch wohl einmal mit nach der Scheibe, und<lb/>
brachten demjenigen, der den be&#x017F;ten Schuß gethan hatte, den<lb/>
großen Becher zu. Aber nun, das Gott erbarme, &#x017F;inken &#x017F;ie<lb/>
in Ohnmacht, wenn &#x017F;ie einen Schuß ho&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Die heutige Zierlichkeet i&#x017F;t der Tod aller Lu&#x017F;tbarkeiten.<lb/>
Kein Ellenboge auf dem Ti&#x017F;che, kein Glas in der Hand, kein<lb/>
Auge das glu&#x0364;et, kein Herz das lacht, .......... Schieß<lb/>
mich todt Kerl, damit ich das Unglu&#x0364;ck nicht la&#x0364;nger an&#x017F;ehen<lb/>
mo&#x0364;ge.</p><lb/>
        <closer>
          <salute><hi rendition="#aq">P. S.</hi><lb/>
A propo! wie befindet &#x017F;ich des Hrn. Oberja&#x0364;germei&#x017F;ters<lb/>
gru&#x0364;ne Peru&#x0364;ke, worinn er vordem die&#x017F;en Tag zu feyren pflegte?<lb/>
Hat er &#x017F;ie auch von den Ma&#x0364;u&#x017F;en auffre&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en?</salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">XXXXV.</hi> </hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0286] Schreiben des Herrn von H… und jagten hernach mit ihren Hunden auf der Spur dieſes Schweinewildes, blos um ſich an dem Gelaͤut der Hunde zu ergetzen, und ihren Roſtbif im Schweiß ihrer Angeſichts zu verzehren. Einem ſolchem Exempel muͤſſen wir folgen, wenn wir das Landleben von dem Fluche der Langweile befreyen wollen. Ich habe noch eine Sammlung, von achtehalbhundert Weidſpruͤchen, und einen dicken Band voller Fuchshiſtorien, welche von meinen Vorfahren geſamlet ſind: damit konnte man ſich Jahr aus Jahr eine auf die angenehmſte Art in Ge- ſellſchaften ergoͤtzen. Aber jezt iſt die ewige, und allezeit fertige Karte der einzige Behelf; und ich will einen koͤrper- lichen Eyd darauf ablegen, daß keine von unſern Froͤlens auch nur einmal einen rechten Leberreim zu machen weis. Vor- dem ſchoſſen ſie noch wohl einmal mit nach der Scheibe, und brachten demjenigen, der den beſten Schuß gethan hatte, den großen Becher zu. Aber nun, das Gott erbarme, ſinken ſie in Ohnmacht, wenn ſie einen Schuß hoͤren. Die heutige Zierlichkeet iſt der Tod aller Luſtbarkeiten. Kein Ellenboge auf dem Tiſche, kein Glas in der Hand, kein Auge das gluͤet, kein Herz das lacht, .......... Schieß mich todt Kerl, damit ich das Ungluͤck nicht laͤnger anſehen moͤge. P. S. A propo! wie befindet ſich des Hrn. Oberjaͤgermeiſters gruͤne Peruͤke, worinn er vordem dieſen Tag zu feyren pflegte? Hat er ſie auch von den Maͤuſen auffreſſen laſſen? XXXXV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/286
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/286>, abgerufen am 19.04.2024.