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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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unter den Deutschen.
Die Partheyen mußten einander die Wiedersage oder die
Befehdung eine genugsame Zeit vorher verkündigen, und
wenn sie solches gethan hatten, so ordentlich und ruhig die
Heerstrasse ziehen, als andre Reisende, wofern sie sich nicht
den ganzen Landfrieden und dessen Handhaber auf den Hals
ziehen wollten. Da sie solchergestalt nicht oft mit großen
Lägern zu Felde zogen, so brauchten sie die Fluren nicht zu
verderben, die Wälder nicht auszuhauen, die Länder nicht
auszuhungern; und wenn es zum Treffen kam: so entschied
persönliche Stärke, Muth und Geschicklichkeit.

Der Land-Friedensoberste, welcher in Pohlen der
Conföderationsmarschall heißt, ward von den Verbündeten
erwählt, und vom Kaiser, ehe diese Conföderations zu mächtig
wurden, bestätigt. b) Dessen Amt und Gerichte, vor welchem
die kriegenden Theile ihre Befehdungen gegen einander zum
Protocoll nehmen liessen, war denjenigen, welche gegen die
Kriegesgesetze behandelt wurden, ein sicherer Schutz.

Solchergestalt kann man behaupten, daß das ehmalige
Faustrecht weit systematischer, und vernünftiger gewesen, als

unser
nica, feriaque VI. et in Sabbatho addita quatuor
temporum feria IIIIor omnique apostolorum vi-
gilia cum die subsecuta, insuper omni die canonice
ad jejunandum vel feriandum statuta vel statuenda
hoc pacis decretum teneatur.
Selbst in Belagerungen
wurde diese Tage über eingehalten, und man vermehrte
die Feste, um so viel mehr Friedenstage zu haben. Es
hat übrigens dieser bis dato noch nicht bekannt gemachte
Landfrieden viel ähnliches mit dem beym Chapeau-
ville
in hist. Leod. T. II. p.
38. Dieser ganze
Synodus Coloniensis ist den Gelehrten, und selbst dem
fleißigen Pater Hartzheim S. J. entgangen.
b) S. den Egrischen Landfrieden vom Jahr 1389.
Mösers patr. Phantas. I. Th. X

unter den Deutſchen.
Die Partheyen mußten einander die Wiederſage oder die
Befehdung eine genugſame Zeit vorher verkuͤndigen, und
wenn ſie ſolches gethan hatten, ſo ordentlich und ruhig die
Heerſtraſſe ziehen, als andre Reiſende, wofern ſie ſich nicht
den ganzen Landfrieden und deſſen Handhaber auf den Hals
ziehen wollten. Da ſie ſolchergeſtalt nicht oft mit großen
Laͤgern zu Felde zogen, ſo brauchten ſie die Fluren nicht zu
verderben, die Waͤlder nicht auszuhauen, die Laͤnder nicht
auszuhungern; und wenn es zum Treffen kam: ſo entſchied
perſoͤnliche Staͤrke, Muth und Geſchicklichkeit.

Der Land-Friedensoberſte, welcher in Pohlen der
Confoͤderationsmarſchall heißt, ward von den Verbuͤndeten
erwaͤhlt, und vom Kaiſer, ehe dieſe Confoͤderations zu maͤchtig
wurden, beſtaͤtigt. b) Deſſen Amt und Gerichte, vor welchem
die kriegenden Theile ihre Befehdungen gegen einander zum
Protocoll nehmen lieſſen, war denjenigen, welche gegen die
Kriegesgeſetze behandelt wurden, ein ſicherer Schutz.

Solchergeſtalt kann man behaupten, daß das ehmalige
Fauſtrecht weit ſyſtematiſcher, und vernuͤnftiger geweſen, als

unſer
nica, feriaque VI. et in Sabbatho addita quatuor
temporum feria IIIIor omnique apoſtolorum vi-
gilia cum die ſubſecuta, inſuper omni die canonice
ad jejunandum vel feriandum ſtatuta vel ſtatuenda
hoc pacis decretum teneatur.
Selbſt in Belagerungen
wurde dieſe Tage uͤber eingehalten, und man vermehrte
die Feſte, um ſo viel mehr Friedenstage zu haben. Es
hat uͤbrigens dieſer bis dato noch nicht bekannt gemachte
Landfrieden viel aͤhnliches mit dem beym Chapeau-
ville
in hiſt. Leod. T. II. p.
38. Dieſer ganze
Synodus Colonienſis iſt den Gelehrten, und ſelbſt dem
fleißigen Pater Hartzheim S. J. entgangen.
b) S. den Egriſchen Landfrieden vom Jahr 1389.
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[321/0339] unter den Deutſchen. Die Partheyen mußten einander die Wiederſage oder die Befehdung eine genugſame Zeit vorher verkuͤndigen, und wenn ſie ſolches gethan hatten, ſo ordentlich und ruhig die Heerſtraſſe ziehen, als andre Reiſende, wofern ſie ſich nicht den ganzen Landfrieden und deſſen Handhaber auf den Hals ziehen wollten. Da ſie ſolchergeſtalt nicht oft mit großen Laͤgern zu Felde zogen, ſo brauchten ſie die Fluren nicht zu verderben, die Waͤlder nicht auszuhauen, die Laͤnder nicht auszuhungern; und wenn es zum Treffen kam: ſo entſchied perſoͤnliche Staͤrke, Muth und Geſchicklichkeit. Der Land-Friedensoberſte, welcher in Pohlen der Confoͤderationsmarſchall heißt, ward von den Verbuͤndeten erwaͤhlt, und vom Kaiſer, ehe dieſe Confoͤderations zu maͤchtig wurden, beſtaͤtigt. b) Deſſen Amt und Gerichte, vor welchem die kriegenden Theile ihre Befehdungen gegen einander zum Protocoll nehmen lieſſen, war denjenigen, welche gegen die Kriegesgeſetze behandelt wurden, ein ſicherer Schutz. Solchergeſtalt kann man behaupten, daß das ehmalige Fauſtrecht weit ſyſtematiſcher, und vernuͤnftiger geweſen, als unſer a) b) S. den Egriſchen Landfrieden vom Jahr 1389. a) nica, feriaque VI. et in Sabbatho addita quatuor temporum feria IIIIor omnique apoſtolorum vi- gilia cum die ſubſecuta, inſuper omni die canonice ad jejunandum vel feriandum ſtatuta vel ſtatuenda hoc pacis decretum teneatur. Selbſt in Belagerungen wurde dieſe Tage uͤber eingehalten, und man vermehrte die Feſte, um ſo viel mehr Friedenstage zu haben. Es hat uͤbrigens dieſer bis dato noch nicht bekannt gemachte Landfrieden viel aͤhnliches mit dem beym Chapeau- ville in hiſt. Leod. T. II. p. 38. Dieſer ganze Synodus Colonienſis iſt den Gelehrten, und ſelbſt dem fleißigen Pater Hartzheim S. J. entgangen. Möſers patr. Phantaſ. I. Th. X

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/339>, abgerufen am 18.04.2024.