Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
Also soll man die Aufsuchung der Spitzbuben etc.
Zeit häufiger ein, und der durstige Bauer eilet zur Labung.
Wir hören von ihnen die Neuigkeiten des Dorfs, und erfah-
ren nicht selten, wie sie des Nachts bestellet sind, eine allge-
meine Visitation vorzunehmen. Der Untervogt erzählet, wie
manchen Spitzbuben er in seinem Leben beynahe gefangen,
und wie er einsmals bey einer nächtlichen Visitation in Ge-
fahr gewesen sey, den Hals zu zerbrechen. Wir hören dieses
ruhig an. Allein gegen dem daß die Wärme, das Bier und
der Brandtewein die Köpfe der Bauern schwer machen, wel-
ches insgemein gegen 9 Uhr zu geschehen pflegt: so schleichen
wir davon, um entweder einige Stunden weit nach neuen
Eroberungen zu streifen; oder wir kriechen in eine unverdäch-
tige Scheune aufs Heu, wo uns niemand mit der Leuchte
sieht: hier liegen wir in der vollkommensten Sicherheit; und
das ganze Kirchspiel hat bey der nächtlichen Visitation nichts
als einen guten Rausch gewonnen."

Der Mann, der diese Rede hielt, redete aus der Er-
fahrung; er war gewiß hundertmal bey Nachte gesucht, und
nicht gefangen, aber endlich bey Tage angeschlossen,
und so gefangen worden.

Ende des ersten Theils.



Alſo ſoll man die Aufſuchung der Spitzbuben ꝛc.
Zeit haͤufiger ein, und der durſtige Bauer eilet zur Labung.
Wir hoͤren von ihnen die Neuigkeiten des Dorfs, und erfah-
ren nicht ſelten, wie ſie des Nachts beſtellet ſind, eine allge-
meine Viſitation vorzunehmen. Der Untervogt erzaͤhlet, wie
manchen Spitzbuben er in ſeinem Leben beynahe gefangen,
und wie er einsmals bey einer naͤchtlichen Viſitation in Ge-
fahr geweſen ſey, den Hals zu zerbrechen. Wir hoͤren dieſes
ruhig an. Allein gegen dem daß die Waͤrme, das Bier und
der Brandtewein die Koͤpfe der Bauern ſchwer machen, wel-
ches insgemein gegen 9 Uhr zu geſchehen pflegt: ſo ſchleichen
wir davon, um entweder einige Stunden weit nach neuen
Eroberungen zu ſtreifen; oder wir kriechen in eine unverdaͤch-
tige Scheune aufs Heu, wo uns niemand mit der Leuchte
ſieht: hier liegen wir in der vollkommenſten Sicherheit; und
das ganze Kirchſpiel hat bey der naͤchtlichen Viſitation nichts
als einen guten Rauſch gewonnen.„

Der Mann, der dieſe Rede hielt, redete aus der Er-
fahrung; er war gewiß hundertmal bey Nachte geſucht, und
nicht gefangen, aber endlich bey Tage angeſchloſſen,
und ſo gefangen worden.

Ende des erſten Theils.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <cit>
          <quote><pb facs="#f0390" n="372"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Al&#x017F;o &#x017F;oll man die Auf&#x017F;uchung der Spitzbuben &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Zeit ha&#x0364;ufiger ein, und der dur&#x017F;tige Bauer eilet zur Labung.<lb/>
Wir ho&#x0364;ren von ihnen die Neuigkeiten des Dorfs, und erfah-<lb/>
ren nicht &#x017F;elten, wie &#x017F;ie des Nachts be&#x017F;tellet &#x017F;ind, eine allge-<lb/>
meine Vi&#x017F;itation vorzunehmen. Der Untervogt erza&#x0364;hlet, wie<lb/>
manchen Spitzbuben er in &#x017F;einem Leben beynahe gefangen,<lb/>
und wie er einsmals bey einer na&#x0364;chtlichen Vi&#x017F;itation in Ge-<lb/>
fahr gewe&#x017F;en &#x017F;ey, den Hals zu zerbrechen. Wir ho&#x0364;ren die&#x017F;es<lb/>
ruhig an. Allein gegen dem daß die Wa&#x0364;rme, das Bier und<lb/>
der Brandtewein die Ko&#x0364;pfe der Bauern &#x017F;chwer machen, wel-<lb/>
ches insgemein gegen 9 Uhr zu ge&#x017F;chehen pflegt: &#x017F;o &#x017F;chleichen<lb/>
wir davon, um entweder einige Stunden weit nach neuen<lb/>
Eroberungen zu &#x017F;treifen; oder wir kriechen in eine unverda&#x0364;ch-<lb/>
tige Scheune aufs Heu, wo uns niemand mit der Leuchte<lb/>
&#x017F;ieht: hier liegen wir in der vollkommen&#x017F;ten Sicherheit; und<lb/>
das ganze Kirch&#x017F;piel hat bey der na&#x0364;chtlichen Vi&#x017F;itation nichts<lb/>
als einen guten Rau&#x017F;ch gewonnen.&#x201E;</quote>
          <bibl/>
        </cit><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">Der Mann, der die&#x017F;e Rede hielt, redete aus der Er-<lb/>
fahrung; er war gewiß hundertmal bey Nachte ge&#x017F;ucht, und<lb/>
nicht gefangen, aber endlich bey Tage ange&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und &#x017F;o gefangen worden.</hi> </p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Ende des er&#x017F;ten Theils.</hi> </hi> </p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0390] Alſo ſoll man die Aufſuchung der Spitzbuben ꝛc. Zeit haͤufiger ein, und der durſtige Bauer eilet zur Labung. Wir hoͤren von ihnen die Neuigkeiten des Dorfs, und erfah- ren nicht ſelten, wie ſie des Nachts beſtellet ſind, eine allge- meine Viſitation vorzunehmen. Der Untervogt erzaͤhlet, wie manchen Spitzbuben er in ſeinem Leben beynahe gefangen, und wie er einsmals bey einer naͤchtlichen Viſitation in Ge- fahr geweſen ſey, den Hals zu zerbrechen. Wir hoͤren dieſes ruhig an. Allein gegen dem daß die Waͤrme, das Bier und der Brandtewein die Koͤpfe der Bauern ſchwer machen, wel- ches insgemein gegen 9 Uhr zu geſchehen pflegt: ſo ſchleichen wir davon, um entweder einige Stunden weit nach neuen Eroberungen zu ſtreifen; oder wir kriechen in eine unverdaͤch- tige Scheune aufs Heu, wo uns niemand mit der Leuchte ſieht: hier liegen wir in der vollkommenſten Sicherheit; und das ganze Kirchſpiel hat bey der naͤchtlichen Viſitation nichts als einen guten Rauſch gewonnen.„ Der Mann, der dieſe Rede hielt, redete aus der Er- fahrung; er war gewiß hundertmal bey Nachte geſucht, und nicht gefangen, aber endlich bey Tage angeſchloſſen, und ſo gefangen worden. Ende des erſten Theils.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/390
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/390>, abgerufen am 25.04.2024.