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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Vorschlag zu einer Sammlung
wahrscheinlich schließen, daß wenn alle Fälle, so in hundert
Jahren zur richterlichen Entscheidung gedeyhen, gesammlet
sind, nicht leicht ein nener Fall vorkommen werde, der nicht
nach der Analogie der vorigen entscheiden werden könne.
Wenn daher ein Gesetzgeber eine solche Sammlung veranlas-
sete, und nach vorgegangener Prüfung bestätigte: so würde
dieses ein bessers und brauchbareres Rechtsbuch seyn, als eine
dicke Sammlung von Verordnungen. Fast alle Länder sind
uns hierinn vorgegangen, nur in den westphälischen Provin-
zien, worinn doch nach dem bekannten Vorwurf die mehrsten
Processe geführet werden sollen, ist man noch zur Zeit hier-
auf in gehöriger Maaße nicht bedacht gewesen. Wie wäre
es also, wenn auch wir einmal anfiengen, die Entscheidun-
gen einheimischer Rechtsfälle zu sammlen, und solche mit ihren
Gründen nach den großen Mustern eines Fabers, Mevius,
Strubens und Pufendorfs in einer bündigen und ange-
nehmen Kürze zu liefern? Ich will dazu folgenden Vorschlag
thun.

Der Tittel des Werks mag seyn: Erläuterungen Vater-
ländischer Rechte durch eine Gesellschaft von Rechtsgelehr-
ten.
Jeder der letztern soll die Ehre haben, seinen Namen
unter seine Arbeit zu setzen.

In Ansehung der Bündigkeit und Kürze müssen solche vor-
gedachten Mustern so nahe kommen, so weit solche zu errei-
chen sind; die allgemeinen bekannten Gründe müssen nur im
vorübergehen bemerkt, und wo es nöthig, höchstens durch ein
Gesetz oder durch die Anzeige einer Hauptquelle bestärkt; die
wahren Gründe aus dem Landrecht und der Landesgewohn-
heit aber deutlich und bestimmt angeführt, bewiesen, und zu-
letzt durch Anführung eines gerichtlichen Ausspruchs, Land-
ständischen Attestats oder Gödingsspruchs bestärkt werden.

Son-

Vorſchlag zu einer Sammlung
wahrſcheinlich ſchließen, daß wenn alle Faͤlle, ſo in hundert
Jahren zur richterlichen Entſcheidung gedeyhen, geſammlet
ſind, nicht leicht ein nener Fall vorkommen werde, der nicht
nach der Analogie der vorigen entſcheiden werden koͤnne.
Wenn daher ein Geſetzgeber eine ſolche Sammlung veranlaſ-
ſete, und nach vorgegangener Pruͤfung beſtaͤtigte: ſo wuͤrde
dieſes ein beſſers und brauchbareres Rechtsbuch ſeyn, als eine
dicke Sammlung von Verordnungen. Faſt alle Laͤnder ſind
uns hierinn vorgegangen, nur in den weſtphaͤliſchen Provin-
zien, worinn doch nach dem bekannten Vorwurf die mehrſten
Proceſſe gefuͤhret werden ſollen, iſt man noch zur Zeit hier-
auf in gehoͤriger Maaße nicht bedacht geweſen. Wie waͤre
es alſo, wenn auch wir einmal anfiengen, die Entſcheidun-
gen einheimiſcher Rechtsfaͤlle zu ſammlen, und ſolche mit ihren
Gruͤnden nach den großen Muſtern eines Fabers, Mevius,
Strubens und Pufendorfs in einer buͤndigen und ange-
nehmen Kuͤrze zu liefern? Ich will dazu folgenden Vorſchlag
thun.

Der Tittel des Werks mag ſeyn: Erläuterungen Vater-
ländiſcher Rechte durch eine Geſellſchaft von Rechtsgelehr-
ten.
Jeder der letztern ſoll die Ehre haben, ſeinen Namen
unter ſeine Arbeit zu ſetzen.

In Anſehung der Buͤndigkeit und Kuͤrze muͤſſen ſolche vor-
gedachten Muſtern ſo nahe kommen, ſo weit ſolche zu errei-
chen ſind; die allgemeinen bekannten Gruͤnde muͤſſen nur im
voruͤbergehen bemerkt, und wo es noͤthig, hoͤchſtens durch ein
Geſetz oder durch die Anzeige einer Hauptquelle beſtaͤrkt; die
wahren Gruͤnde aus dem Landrecht und der Landesgewohn-
heit aber deutlich und beſtimmt angefuͤhrt, bewieſen, und zu-
letzt durch Anfuͤhrung eines gerichtlichen Ausſpruchs, Land-
ſtaͤndiſchen Atteſtats oder Goͤdingsſpruchs beſtaͤrkt werden.

Son-
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[344/0362] Vorſchlag zu einer Sammlung wahrſcheinlich ſchließen, daß wenn alle Faͤlle, ſo in hundert Jahren zur richterlichen Entſcheidung gedeyhen, geſammlet ſind, nicht leicht ein nener Fall vorkommen werde, der nicht nach der Analogie der vorigen entſcheiden werden koͤnne. Wenn daher ein Geſetzgeber eine ſolche Sammlung veranlaſ- ſete, und nach vorgegangener Pruͤfung beſtaͤtigte: ſo wuͤrde dieſes ein beſſers und brauchbareres Rechtsbuch ſeyn, als eine dicke Sammlung von Verordnungen. Faſt alle Laͤnder ſind uns hierinn vorgegangen, nur in den weſtphaͤliſchen Provin- zien, worinn doch nach dem bekannten Vorwurf die mehrſten Proceſſe gefuͤhret werden ſollen, iſt man noch zur Zeit hier- auf in gehoͤriger Maaße nicht bedacht geweſen. Wie waͤre es alſo, wenn auch wir einmal anfiengen, die Entſcheidun- gen einheimiſcher Rechtsfaͤlle zu ſammlen, und ſolche mit ihren Gruͤnden nach den großen Muſtern eines Fabers, Mevius, Strubens und Pufendorfs in einer buͤndigen und ange- nehmen Kuͤrze zu liefern? Ich will dazu folgenden Vorſchlag thun. Der Tittel des Werks mag ſeyn: Erläuterungen Vater- ländiſcher Rechte durch eine Geſellſchaft von Rechtsgelehr- ten. Jeder der letztern ſoll die Ehre haben, ſeinen Namen unter ſeine Arbeit zu ſetzen. In Anſehung der Buͤndigkeit und Kuͤrze muͤſſen ſolche vor- gedachten Muſtern ſo nahe kommen, ſo weit ſolche zu errei- chen ſind; die allgemeinen bekannten Gruͤnde muͤſſen nur im voruͤbergehen bemerkt, und wo es noͤthig, hoͤchſtens durch ein Geſetz oder durch die Anzeige einer Hauptquelle beſtaͤrkt; die wahren Gruͤnde aus dem Landrecht und der Landesgewohn- heit aber deutlich und beſtimmt angefuͤhrt, bewieſen, und zu- letzt durch Anfuͤhrung eines gerichtlichen Ausſpruchs, Land- ſtaͤndiſchen Atteſtats oder Goͤdingsſpruchs beſtaͤrkt werden. Son-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/362>, abgerufen am 29.03.2024.