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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Der Friedensadvocat.
densadvocaten erscheinen und die Güte versuchen. Kommt
der Vergleich zu Stande: so haben beyde Anwälde einen billi-
gen und angenehmen Vortheil; fehlt er aber; so haben sie
keine weitere Hoffnung etwas an der Sache zu verdienen,
sondern beyde Theile müssen sich einen Kriegesadvocaten
zulegen.

Diese letztere Einschränkung ist wirklich neu und fein; und
wenn wie man voraussetzen kan, alles was in dem Termin
zur Güte gesprochen und eingeräumet ist, unter einem heili-
gen Stilleschweigen vergraben bleibt, mithin keinem Theile
jemals zur Verfänglichkeit gereichen kan: so sollte man glau-
ben, daß viel gutes damit gestiftet werden könnte. Zur meh-
rern Vorsorge, so wohl um das Geheimniß so viel besser zu
bewahren, als auch um den Endzweck desto eher zu erreichen,
könnte man in diesem Falle einen geistlichen Richter zulassen,
der ebenfalls, so bald der Vergleich nicht zum Stande käme,
die Sache von sich ab, und an den weltlichen verweisen müste.

Ich glaube daß beyde, nemlich die Friedensrichter und die
Friedensadvocaten mehrern Verdienst als die Kriegerischen
haben würden. Das schwerste dabey würde der Beweis seyn,
welchen der eine oder andre Theil zu führen hätte; indem
dieser doch immer nur summarisch und ohne Eydesleistung
würde bleiben müssen, weil alles dasjenige, was beyde Theile
sich einander in Ansehung ihrer Urkunden oder ihrer Zeugen
aus Liebe zum Frieden einräumten, hernach in dem Krieges-
gerichte nicht gebrauchet werden dürfte. Eine andre Schwie-
rigkeit ist, daß einer des andern schwache Seite entdecken,
und sich hernach dieser Kenntniß doch immer bedienen würde.
Allein auch hiezu fänden vernünftige Friedensrichter und Frie-
densadvocaten auch noch wohl Rath. Allenfalls aber müßten
sie in einem solchen Falle die Sache sofort von sich abweisen,

und

Der Friedensadvocat.
densadvocaten erſcheinen und die Guͤte verſuchen. Kommt
der Vergleich zu Stande: ſo haben beyde Anwaͤlde einen billi-
gen und angenehmen Vortheil; fehlt er aber; ſo haben ſie
keine weitere Hoffnung etwas an der Sache zu verdienen,
ſondern beyde Theile muͤſſen ſich einen Kriegesadvocaten
zulegen.

Dieſe letztere Einſchraͤnkung iſt wirklich neu und fein; und
wenn wie man vorausſetzen kan, alles was in dem Termin
zur Guͤte geſprochen und eingeraͤumet iſt, unter einem heili-
gen Stilleſchweigen vergraben bleibt, mithin keinem Theile
jemals zur Verfaͤnglichkeit gereichen kan: ſo ſollte man glau-
ben, daß viel gutes damit geſtiftet werden koͤnnte. Zur meh-
rern Vorſorge, ſo wohl um das Geheimniß ſo viel beſſer zu
bewahren, als auch um den Endzweck deſto eher zu erreichen,
koͤnnte man in dieſem Falle einen geiſtlichen Richter zulaſſen,
der ebenfalls, ſo bald der Vergleich nicht zum Stande kaͤme,
die Sache von ſich ab, und an den weltlichen verweiſen muͤſte.

Ich glaube daß beyde, nemlich die Friedensrichter und die
Friedensadvocaten mehrern Verdienſt als die Kriegeriſchen
haben wuͤrden. Das ſchwerſte dabey wuͤrde der Beweis ſeyn,
welchen der eine oder andre Theil zu fuͤhren haͤtte; indem
dieſer doch immer nur ſummariſch und ohne Eydesleiſtung
wuͤrde bleiben muͤſſen, weil alles dasjenige, was beyde Theile
ſich einander in Anſehung ihrer Urkunden oder ihrer Zeugen
aus Liebe zum Frieden einraͤumten, hernach in dem Krieges-
gerichte nicht gebrauchet werden duͤrfte. Eine andre Schwie-
rigkeit iſt, daß einer des andern ſchwache Seite entdecken,
und ſich hernach dieſer Kenntniß doch immer bedienen wuͤrde.
Allein auch hiezu faͤnden vernuͤnftige Friedensrichter und Frie-
densadvocaten auch noch wohl Rath. Allenfalls aber muͤßten
ſie in einem ſolchen Falle die Sache ſofort von ſich abweiſen,

und
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[347/0365] Der Friedensadvocat. densadvocaten erſcheinen und die Guͤte verſuchen. Kommt der Vergleich zu Stande: ſo haben beyde Anwaͤlde einen billi- gen und angenehmen Vortheil; fehlt er aber; ſo haben ſie keine weitere Hoffnung etwas an der Sache zu verdienen, ſondern beyde Theile muͤſſen ſich einen Kriegesadvocaten zulegen. Dieſe letztere Einſchraͤnkung iſt wirklich neu und fein; und wenn wie man vorausſetzen kan, alles was in dem Termin zur Guͤte geſprochen und eingeraͤumet iſt, unter einem heili- gen Stilleſchweigen vergraben bleibt, mithin keinem Theile jemals zur Verfaͤnglichkeit gereichen kan: ſo ſollte man glau- ben, daß viel gutes damit geſtiftet werden koͤnnte. Zur meh- rern Vorſorge, ſo wohl um das Geheimniß ſo viel beſſer zu bewahren, als auch um den Endzweck deſto eher zu erreichen, koͤnnte man in dieſem Falle einen geiſtlichen Richter zulaſſen, der ebenfalls, ſo bald der Vergleich nicht zum Stande kaͤme, die Sache von ſich ab, und an den weltlichen verweiſen muͤſte. Ich glaube daß beyde, nemlich die Friedensrichter und die Friedensadvocaten mehrern Verdienſt als die Kriegeriſchen haben wuͤrden. Das ſchwerſte dabey wuͤrde der Beweis ſeyn, welchen der eine oder andre Theil zu fuͤhren haͤtte; indem dieſer doch immer nur ſummariſch und ohne Eydesleiſtung wuͤrde bleiben muͤſſen, weil alles dasjenige, was beyde Theile ſich einander in Anſehung ihrer Urkunden oder ihrer Zeugen aus Liebe zum Frieden einraͤumten, hernach in dem Krieges- gerichte nicht gebrauchet werden duͤrfte. Eine andre Schwie- rigkeit iſt, daß einer des andern ſchwache Seite entdecken, und ſich hernach dieſer Kenntniß doch immer bedienen wuͤrde. Allein auch hiezu faͤnden vernuͤnftige Friedensrichter und Frie- densadvocaten auch noch wohl Rath. Allenfalls aber muͤßten ſie in einem ſolchen Falle die Sache ſofort von ſich abweiſen, und

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/365>, abgerufen am 28.03.2024.