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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Das natürliche Recht der ersten Mühle,
nach welcher die schöne Natur handelt, und hier würde die
Lehre von jener Linie den besten Grundsatz an Hand geben.



LXXI.
Das natürliche Recht der ersten Mühle,
eine Rede auf einem neuen Dorfe in
Jamaica gehalten.

Ich verlange weiter nichts, meine Freunde und Mitbürger,
als daß ihr mich höret; ihr könnt dann noch immer
machen was ihr wollt. Die Mühle, welche ich hier ange-
legt habe, kostet mir mein ganzes Vermögen. So oft ka-
men wir nicht zusammen: so sagtet ihr: O wenn wir doch
auch eine Mühle haben möchten; sie war euer einziger Wunsch,
und nun da ich solche angelegt, da ihr täglich mit Freuden
zugesehen habt, wie der Bau von Zeit zu Zeit fortgieng; da
ihr mich tausendmahl eurer ewigen Dankbarkeit versichert
habt; da ich mein ganzes Vermögen dazu verwendet, und
auf diese eure Dankbarkeit, auf den allgemeinen Wunsch, und
auf die offenbarste Billigkeit mehr als auf ein königliches Pri-
vilegium oder auf einen schriftlichen Contrakt gerechnet habe;
nun sage ich, wollet ihr meinem Nachbarn nicht verbieten noch
eine Mühle anzulegen? er darf sich des Modells, was ich mit
vielen Kosten angeschafft, und der Bauleute, die ich mit gros-
sen Belohnungen aus England herüber gezogen habe, zu sei-
nem Bau bedienen, und öffentlich sagen, das er, nachdem er
solchergestalt mindre Unkosten gehabt als ich, wohlfeiler mah-
len wolle? Ihr wollet es nicht unbillig finden, daß ich auf
diese Weise in meinem besten Vertrauen, was ich öffentlich

durch

Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle,
nach welcher die ſchoͤne Natur handelt, und hier wuͤrde die
Lehre von jener Linie den beſten Grundſatz an Hand geben.



LXXI.
Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle,
eine Rede auf einem neuen Dorfe in
Jamaica gehalten.

Ich verlange weiter nichts, meine Freunde und Mitbuͤrger,
als daß ihr mich hoͤret; ihr koͤnnt dann noch immer
machen was ihr wollt. Die Muͤhle, welche ich hier ange-
legt habe, koſtet mir mein ganzes Vermoͤgen. So oft ka-
men wir nicht zuſammen: ſo ſagtet ihr: O wenn wir doch
auch eine Muͤhle haben moͤchten; ſie war euer einziger Wunſch,
und nun da ich ſolche angelegt, da ihr taͤglich mit Freuden
zugeſehen habt, wie der Bau von Zeit zu Zeit fortgieng; da
ihr mich tauſendmahl eurer ewigen Dankbarkeit verſichert
habt; da ich mein ganzes Vermoͤgen dazu verwendet, und
auf dieſe eure Dankbarkeit, auf den allgemeinen Wunſch, und
auf die offenbarſte Billigkeit mehr als auf ein koͤnigliches Pri-
vilegium oder auf einen ſchriftlichen Contrakt gerechnet habe;
nun ſage ich, wollet ihr meinem Nachbarn nicht verbieten noch
eine Muͤhle anzulegen? er darf ſich des Modells, was ich mit
vielen Koſten angeſchafft, und der Bauleute, die ich mit groſ-
ſen Belohnungen aus England heruͤber gezogen habe, zu ſei-
nem Bau bedienen, und oͤffentlich ſagen, das er, nachdem er
ſolchergeſtalt mindre Unkoſten gehabt als ich, wohlfeiler mah-
len wolle? Ihr wollet es nicht unbillig finden, daß ich auf
dieſe Weiſe in meinem beſten Vertrauen, was ich oͤffentlich

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[404/0422] Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle, nach welcher die ſchoͤne Natur handelt, und hier wuͤrde die Lehre von jener Linie den beſten Grundſatz an Hand geben. LXXI. Das natuͤrliche Recht der erſten Muͤhle, eine Rede auf einem neuen Dorfe in Jamaica gehalten. Ich verlange weiter nichts, meine Freunde und Mitbuͤrger, als daß ihr mich hoͤret; ihr koͤnnt dann noch immer machen was ihr wollt. Die Muͤhle, welche ich hier ange- legt habe, koſtet mir mein ganzes Vermoͤgen. So oft ka- men wir nicht zuſammen: ſo ſagtet ihr: O wenn wir doch auch eine Muͤhle haben moͤchten; ſie war euer einziger Wunſch, und nun da ich ſolche angelegt, da ihr taͤglich mit Freuden zugeſehen habt, wie der Bau von Zeit zu Zeit fortgieng; da ihr mich tauſendmahl eurer ewigen Dankbarkeit verſichert habt; da ich mein ganzes Vermoͤgen dazu verwendet, und auf dieſe eure Dankbarkeit, auf den allgemeinen Wunſch, und auf die offenbarſte Billigkeit mehr als auf ein koͤnigliches Pri- vilegium oder auf einen ſchriftlichen Contrakt gerechnet habe; nun ſage ich, wollet ihr meinem Nachbarn nicht verbieten noch eine Muͤhle anzulegen? er darf ſich des Modells, was ich mit vielen Koſten angeſchafft, und der Bauleute, die ich mit groſ- ſen Belohnungen aus England heruͤber gezogen habe, zu ſei- nem Bau bedienen, und oͤffentlich ſagen, das er, nachdem er ſolchergeſtalt mindre Unkoſten gehabt als ich, wohlfeiler mah- len wolle? Ihr wollet es nicht unbillig finden, daß ich auf dieſe Weiſe in meinem beſten Vertrauen, was ich oͤffentlich durch

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/422>, abgerufen am 28.03.2024.