Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr
durch euren öffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt,
auf das schändlichste hintergangen werde? Ihr wollet behaup-
ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu
thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe;
und daß ein ander sich eben der Freyheit bedienen könne, deren
ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Gesetze machen,
daß die Anlegung einer Mühle zu den freyen und willkührli-
chen Handlungen gehöre, die so lange ihr euch eurer Freyheit
nicht begeben habt, keinem verwehret werden könne? ...

O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr
habt noch eine Kirche, viele Brücken, verschiedene Heerstras-
sen, einen Canal, eine Wasserleitung -- ihr habt noch eine
Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schönfärberey und viele
andre kostbare Anlagen nöthig, ehe ihr in den Stand kommt,
dasjenige, was euch die Natur hier beschert hat, auf das beste
zu nutzen, eurer Händearbeit die gehörige Vollkommenheit zu
geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil-
den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf seine Kosten
auszuführen, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet?
Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder seine Stube zur Ca-
pelle machen will? Wer wird den Bau einer Brücke oder
Heerstraße wagen, wenn ihr, so bald solches geschehn, einem
andern gestatten wollet neben der Brücke nur ein Fährschiff zu
halten, oder so oft er kan, den Zoll auf der Heerstraße zu ver-
fahren? Wer wird die kostbare Wasserleitung, die von jenem
Berge über eine Stunde Weges hieher gehen müßte, anle-
gen, wenn ihr diese Unternehmung, die jetzt einem jeden frey-
steht, so bald sie vollführet ist, andern nicht verbieten wollet?
Bedenkt es wohl, sage ich noch einmal, was ihr thut; nichts
ist jetzt freyer und willkührlicher als die Anlegung einer Post
zu unsern benachbarten Colonien. Tausend wünschen sie, und

tau-
C c 3

eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr
durch euren oͤffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt,
auf das ſchaͤndlichſte hintergangen werde? Ihr wollet behaup-
ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu
thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe;
und daß ein ander ſich eben der Freyheit bedienen koͤnne, deren
ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Geſetze machen,
daß die Anlegung einer Muͤhle zu den freyen und willkuͤhrli-
chen Handlungen gehoͤre, die ſo lange ihr euch eurer Freyheit
nicht begeben habt, keinem verwehret werden koͤnne? …

O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr
habt noch eine Kirche, viele Bruͤcken, verſchiedene Heerſtraſ-
ſen, einen Canal, eine Waſſerleitung — ihr habt noch eine
Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schoͤnfaͤrberey und viele
andre koſtbare Anlagen noͤthig, ehe ihr in den Stand kommt,
dasjenige, was euch die Natur hier beſchert hat, auf das beſte
zu nutzen, eurer Haͤndearbeit die gehoͤrige Vollkommenheit zu
geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil-
den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf ſeine Koſten
auszufuͤhren, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet?
Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder ſeine Stube zur Ca-
pelle machen will? Wer wird den Bau einer Bruͤcke oder
Heerſtraße wagen, wenn ihr, ſo bald ſolches geſchehn, einem
andern geſtatten wollet neben der Bruͤcke nur ein Faͤhrſchiff zu
halten, oder ſo oft er kan, den Zoll auf der Heerſtraße zu ver-
fahren? Wer wird die koſtbare Waſſerleitung, die von jenem
Berge uͤber eine Stunde Weges hieher gehen muͤßte, anle-
gen, wenn ihr dieſe Unternehmung, die jetzt einem jeden frey-
ſteht, ſo bald ſie vollfuͤhret iſt, andern nicht verbieten wollet?
Bedenkt es wohl, ſage ich noch einmal, was ihr thut; nichts
iſt jetzt freyer und willkuͤhrlicher als die Anlegung einer Poſt
zu unſern benachbarten Colonien. Tauſend wuͤnſchen ſie, und

tau-
C c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0423" n="405"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.</hi></fw><lb/>
durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr<lb/>
durch euren o&#x0364;ffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt,<lb/>
auf das &#x017F;cha&#x0364;ndlich&#x017F;te hintergangen werde? Ihr wollet behaup-<lb/>
ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu<lb/>
thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe;<lb/>
und daß ein ander &#x017F;ich eben der Freyheit bedienen ko&#x0364;nne, deren<lb/>
ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Ge&#x017F;etze machen,<lb/>
daß die Anlegung einer Mu&#x0364;hle zu den freyen und willku&#x0364;hrli-<lb/>
chen Handlungen geho&#x0364;re, die &#x017F;o lange ihr euch eurer Freyheit<lb/>
nicht begeben habt, keinem verwehret werden ko&#x0364;nne? &#x2026;</p><lb/>
        <p>O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr<lb/>
habt noch eine Kirche, viele Bru&#x0364;cken, ver&#x017F;chiedene Heer&#x017F;tra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, einen Canal, eine Wa&#x017F;&#x017F;erleitung &#x2014; ihr habt noch eine<lb/>
Brauerey, ein Wirthshaus, eine Scho&#x0364;nfa&#x0364;rberey und viele<lb/>
andre ko&#x017F;tbare Anlagen no&#x0364;thig, ehe ihr in den Stand kommt,<lb/>
dasjenige, was euch die Natur hier be&#x017F;chert hat, auf das be&#x017F;te<lb/>
zu nutzen, eurer Ha&#x0364;ndearbeit die geho&#x0364;rige Vollkommenheit zu<lb/>
geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil-<lb/>
den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf &#x017F;eine Ko&#x017F;ten<lb/>
auszufu&#x0364;hren, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet?<lb/>
Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder &#x017F;eine Stube zur Ca-<lb/>
pelle machen will? Wer wird den Bau einer Bru&#x0364;cke oder<lb/>
Heer&#x017F;traße wagen, wenn ihr, &#x017F;o bald &#x017F;olches ge&#x017F;chehn, einem<lb/>
andern ge&#x017F;tatten wollet neben der Bru&#x0364;cke nur ein Fa&#x0364;hr&#x017F;chiff zu<lb/>
halten, oder &#x017F;o oft er kan, den Zoll auf der Heer&#x017F;traße zu ver-<lb/>
fahren? Wer wird die ko&#x017F;tbare Wa&#x017F;&#x017F;erleitung, die von jenem<lb/>
Berge u&#x0364;ber eine Stunde Weges hieher gehen mu&#x0364;ßte, anle-<lb/>
gen, wenn ihr die&#x017F;e Unternehmung, die jetzt einem jeden frey-<lb/>
&#x017F;teht, &#x017F;o bald &#x017F;ie vollfu&#x0364;hret i&#x017F;t, andern nicht verbieten wollet?<lb/>
Bedenkt es wohl, &#x017F;age ich noch einmal, was ihr thut; nichts<lb/>
i&#x017F;t jetzt freyer und willku&#x0364;hrlicher als die Anlegung einer Po&#x017F;t<lb/>
zu un&#x017F;ern benachbarten Colonien. Tau&#x017F;end wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;ie, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw><fw place="bottom" type="catch">tau-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0423] eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh. durch meinen Bau zu erkennen gegeben habe, und was ihr durch euren oͤffentlichen Beyfall immerfort unterhalten habt, auf das ſchaͤndlichſte hintergangen werde? Ihr wollet behaup- ten, daß ein jeder die Freyheit habe, auf dem Seinigen zu thun was er wolle; daß ich kein Zwangrecht erlangt habe; und daß ein ander ſich eben der Freyheit bedienen koͤnne, deren ich mich bedient habe? Ihr wollet es zum Geſetze machen, daß die Anlegung einer Muͤhle zu den freyen und willkuͤhrli- chen Handlungen gehoͤre, die ſo lange ihr euch eurer Freyheit nicht begeben habt, keinem verwehret werden koͤnne? … O meine lieben Freunde bedenket wohl was ihr thut; Ihr habt noch eine Kirche, viele Bruͤcken, verſchiedene Heerſtraſ- ſen, einen Canal, eine Waſſerleitung — ihr habt noch eine Brauerey, ein Wirthshaus, eine Schoͤnfaͤrberey und viele andre koſtbare Anlagen noͤthig, ehe ihr in den Stand kommt, dasjenige, was euch die Natur hier beſchert hat, auf das beſte zu nutzen, eurer Haͤndearbeit die gehoͤrige Vollkommenheit zu geben, und euch nur einiger maßen zu einem Staate zu bil- den? Wer wird es aber wagen dergleichen auf ſeine Koſten auszufuͤhren, wenn ihr ihm auf gleiche Art begegnen wollet? Wer wird die Kirche bauen, wenn jeder ſeine Stube zur Ca- pelle machen will? Wer wird den Bau einer Bruͤcke oder Heerſtraße wagen, wenn ihr, ſo bald ſolches geſchehn, einem andern geſtatten wollet neben der Bruͤcke nur ein Faͤhrſchiff zu halten, oder ſo oft er kan, den Zoll auf der Heerſtraße zu ver- fahren? Wer wird die koſtbare Waſſerleitung, die von jenem Berge uͤber eine Stunde Weges hieher gehen muͤßte, anle- gen, wenn ihr dieſe Unternehmung, die jetzt einem jeden frey- ſteht, ſo bald ſie vollfuͤhret iſt, andern nicht verbieten wollet? Bedenkt es wohl, ſage ich noch einmal, was ihr thut; nichts iſt jetzt freyer und willkuͤhrlicher als die Anlegung einer Poſt zu unſern benachbarten Colonien. Tauſend wuͤnſchen ſie, und tau- C c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/423
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/423>, abgerufen am 25.04.2024.