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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Nichts ist schädlicher
Was ein Staat in dem Falle, wo die Heuer vor der
Landsiedeley das Uebergewicht erhalten, für Maasre-
geln zu ergreifen habe?

Ueber die letzte will ich jetzo meine Meinung eröfnen, bis
einem andern der Preis wegen der ersten, deren Beantwor-
tung eine eigne Reise durch Europa und die Aufmerksamkeit
aller philosophischen Gesetzgeber verdienet, von Einsichts-
vollen Richtern zugesprochen seyn wird.

Ehe ich aber hier weiter gehen kann, muß ich die ver-
schiedenen Arten von Verheurungen, worauf ich jetzt ziele, und
welche man sonst unter diesem Namen gewöhnlich alle nicht
begreift, mit wenigem berühren.

Ich nenne erstlich denjenigen schatzbaren Landeigenthü-
mer einen Heuermann, der jährlich so viel an Steuren und
Zinsen zu bezahlen hat, als ihm sein Hof, wenn er ihn ver-
pachten würde, einbringen könnte. Zweytens rechne ich
dahin, den gewöhnlichen Pächter oder Heuermann, der
einen ganzen Hof von andern geheuret hat: und drittens
die kleinen Heuerleute, deren oft zwanzig einen schatzbaren
Hof stückweise unterhaben.

Alle diese Arten von Heuerleuten haben unsre Vorfah-
ren im Staate nicht geduldet; und zwar aus folgender
Hauptursache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landei-
genthümer und hundert solche Heuerleute mit einander einen
gleichen Strang ziehen sollen, diese gegen jene zur Zeit der
Noth nicht aushalten können; sondern entweder davon ge-
hen, oder stecken bleiben, mithin die ersten die ganze Bürde
tragen lassen müssen. Der Feind, sagten sie, welcher ein
Land brandschatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Hö-
fe, die er auch würklich enthält, und richtet seine Forde-
rung an Geld, Fuhren und Lieferungen darnach ein.
Wenn es aber zur Bezahlung kömmt: so sind diejenigen,

wel-

Nichts iſt ſchaͤdlicher
Was ein Staat in dem Falle, wo die Heuer vor der
Landſiedeley das Uebergewicht erhalten, fuͤr Maasre-
geln zu ergreifen habe?

Ueber die letzte will ich jetzo meine Meinung eroͤfnen, bis
einem andern der Preis wegen der erſten, deren Beantwor-
tung eine eigne Reiſe durch Europa und die Aufmerkſamkeit
aller philoſophiſchen Geſetzgeber verdienet, von Einſichts-
vollen Richtern zugeſprochen ſeyn wird.

Ehe ich aber hier weiter gehen kann, muß ich die ver-
ſchiedenen Arten von Verheurungen, worauf ich jetzt ziele, und
welche man ſonſt unter dieſem Namen gewoͤhnlich alle nicht
begreift, mit wenigem beruͤhren.

Ich nenne erſtlich denjenigen ſchatzbaren Landeigenthuͤ-
mer einen Heuermann, der jaͤhrlich ſo viel an Steuren und
Zinſen zu bezahlen hat, als ihm ſein Hof, wenn er ihn ver-
pachten wuͤrde, einbringen koͤnnte. Zweytens rechne ich
dahin, den gewoͤhnlichen Paͤchter oder Heuermann, der
einen ganzen Hof von andern geheuret hat: und drittens
die kleinen Heuerleute, deren oft zwanzig einen ſchatzbaren
Hof ſtuͤckweiſe unterhaben.

Alle dieſe Arten von Heuerleuten haben unſre Vorfah-
ren im Staate nicht geduldet; und zwar aus folgender
Haupturſache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landei-
genthuͤmer und hundert ſolche Heuerleute mit einander einen
gleichen Strang ziehen ſollen, dieſe gegen jene zur Zeit der
Noth nicht aushalten koͤnnen; ſondern entweder davon ge-
hen, oder ſtecken bleiben, mithin die erſten die ganze Buͤrde
tragen laſſen muͤſſen. Der Feind, ſagten ſie, welcher ein
Land brandſchatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Hoͤ-
fe, die er auch wuͤrklich enthaͤlt, und richtet ſeine Forde-
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Wenn es aber zur Bezahlung koͤmmt: ſo ſind diejenigen,

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[288/0302] Nichts iſt ſchaͤdlicher Was ein Staat in dem Falle, wo die Heuer vor der Landſiedeley das Uebergewicht erhalten, fuͤr Maasre- geln zu ergreifen habe? Ueber die letzte will ich jetzo meine Meinung eroͤfnen, bis einem andern der Preis wegen der erſten, deren Beantwor- tung eine eigne Reiſe durch Europa und die Aufmerkſamkeit aller philoſophiſchen Geſetzgeber verdienet, von Einſichts- vollen Richtern zugeſprochen ſeyn wird. Ehe ich aber hier weiter gehen kann, muß ich die ver- ſchiedenen Arten von Verheurungen, worauf ich jetzt ziele, und welche man ſonſt unter dieſem Namen gewoͤhnlich alle nicht begreift, mit wenigem beruͤhren. Ich nenne erſtlich denjenigen ſchatzbaren Landeigenthuͤ- mer einen Heuermann, der jaͤhrlich ſo viel an Steuren und Zinſen zu bezahlen hat, als ihm ſein Hof, wenn er ihn ver- pachten wuͤrde, einbringen koͤnnte. Zweytens rechne ich dahin, den gewoͤhnlichen Paͤchter oder Heuermann, der einen ganzen Hof von andern geheuret hat: und drittens die kleinen Heuerleute, deren oft zwanzig einen ſchatzbaren Hof ſtuͤckweiſe unterhaben. Alle dieſe Arten von Heuerleuten haben unſre Vorfah- ren im Staate nicht geduldet; und zwar aus folgender Haupturſache, weil in dem Falle, wo z. E. hundert Landei- genthuͤmer und hundert ſolche Heuerleute mit einander einen gleichen Strang ziehen ſollen, dieſe gegen jene zur Zeit der Noth nicht aushalten koͤnnen; ſondern entweder davon ge- hen, oder ſtecken bleiben, mithin die erſten die ganze Buͤrde tragen laſſen muͤſſen. Der Feind, ſagten ſie, welcher ein Land brandſchatzt, rechnet den Staat auf zweyhundert Hoͤ- fe, die er auch wuͤrklich enthaͤlt, und richtet ſeine Forde- rung an Geld, Fuhren und Lieferungen darnach ein. Wenn es aber zur Bezahlung koͤmmt: ſo ſind diejenigen, wel-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/302>, abgerufen am 25.04.2024.