LIII. Also dürfen keine Plaggen aus einer Mark in die andre verfahren werden.
Nein, Herr Holzgraf! das ist nicht länger auszuhalten. Die ganze Mark ist beynahe abgenarbet; und wenn wir dem Plaggenmehen nicht steuren: so mögen wir unser Vieh nur an die Zäune binden. Wir müssen hier eine an- dre Ordnung haben, es muß eine Eintheilung gemacht wer- den, wie viel ein jeder mehen soll, oder unsre Kötter und Heuerleute schaben uns die Mark dergestalt ab, daß auch eine Endte nicht mehr darauf weiden kann.
Nun dann, sagte der Holzgraf, es sollen drey Tage im Frühjahr und eben so viel im Herbste ausgemacht werden, woran ein jeder, der dazu berechtiget ist, nach dem Verhält- niß seines Erbes mit 6. 4. oder 2 Segeden *) erscheinen und seine Plaggen mehen kann; wer ausser dieser Zeit betroffen wird, soll einen doppelten Brüchten bezahlen.
So ist es recht, antworteten die Markgenossen, was einer in dreyen Tagen davon reissen kann, das mag er dann endlich haben; und unsre Kötter können so dann nicht Jahr aus Jahr ein auf dem gemeinen Anger liegen und solchem die elende Narbe abschaben. Kaum aber hörten sie auf zu sprechen: so schrien die Weiber der Kötter: Was, ihr wol- let das Plaggenmehen an gewisse Tage binden, und zwar an solche, woran unsre Männer und Söhne in Holland sind? Das können wir nimmer zugeben. Wir Weibsleute
kön-
*) Das Justrument, womit die Plaggen oder Rasen, die man in den Heideländern, wo keine Brach zurück gehalten wird, so viel zum Dinger braucht, gehauen werden.
Mös patr. Phant.III.Th. P
LIII. Alſo duͤrfen keine Plaggen aus einer Mark in die andre verfahren werden.
Nein, Herr Holzgraf! das iſt nicht laͤnger auszuhalten. Die ganze Mark iſt beynahe abgenarbet; und wenn wir dem Plaggenmehen nicht ſteuren: ſo moͤgen wir unſer Vieh nur an die Zaͤune binden. Wir muͤſſen hier eine an- dre Ordnung haben, es muß eine Eintheilung gemacht wer- den, wie viel ein jeder mehen ſoll, oder unſre Koͤtter und Heuerleute ſchaben uns die Mark dergeſtalt ab, daß auch eine Endte nicht mehr darauf weiden kann.
Nun dann, ſagte der Holzgraf, es ſollen drey Tage im Fruͤhjahr und eben ſo viel im Herbſte ausgemacht werden, woran ein jeder, der dazu berechtiget iſt, nach dem Verhaͤlt- niß ſeines Erbes mit 6. 4. oder 2 Segeden *) erſcheinen und ſeine Plaggen mehen kann; wer auſſer dieſer Zeit betroffen wird, ſoll einen doppelten Bruͤchten bezahlen.
So iſt es recht, antworteten die Markgenoſſen, was einer in dreyen Tagen davon reiſſen kann, das mag er dann endlich haben; und unſre Koͤtter koͤnnen ſo dann nicht Jahr aus Jahr ein auf dem gemeinen Anger liegen und ſolchem die elende Narbe abſchaben. Kaum aber hoͤrten ſie auf zu ſprechen: ſo ſchrien die Weiber der Koͤtter: Was, ihr wol- let das Plaggenmehen an gewiſſe Tage binden, und zwar an ſolche, woran unſre Maͤnner und Soͤhne in Holland ſind? Das koͤnnen wir nimmer zugeben. Wir Weibsleute
koͤn-
*) Das Juſtrument, womit die Plaggen oder Raſen, die man in den Heidelaͤndern, wo keine Brach zuruͤck gehalten wird, ſo viel zum Dinger braucht, gehauen werden.
Moͤſ patr. Phant.III.Th. P
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LIII.
Alſo duͤrfen keine Plaggen aus einer
Mark in die andre verfahren werden.
Nein, Herr Holzgraf! das iſt nicht laͤnger auszuhalten.
Die ganze Mark iſt beynahe abgenarbet; und wenn
wir dem Plaggenmehen nicht ſteuren: ſo moͤgen wir unſer
Vieh nur an die Zaͤune binden. Wir muͤſſen hier eine an-
dre Ordnung haben, es muß eine Eintheilung gemacht wer-
den, wie viel ein jeder mehen ſoll, oder unſre Koͤtter und
Heuerleute ſchaben uns die Mark dergeſtalt ab, daß auch
eine Endte nicht mehr darauf weiden kann.
Nun dann, ſagte der Holzgraf, es ſollen drey Tage im
Fruͤhjahr und eben ſo viel im Herbſte ausgemacht werden,
woran ein jeder, der dazu berechtiget iſt, nach dem Verhaͤlt-
niß ſeines Erbes mit 6. 4. oder 2 Segeden *) erſcheinen und
ſeine Plaggen mehen kann; wer auſſer dieſer Zeit betroffen
wird, ſoll einen doppelten Bruͤchten bezahlen.
So iſt es recht, antworteten die Markgenoſſen, was
einer in dreyen Tagen davon reiſſen kann, das mag er dann
endlich haben; und unſre Koͤtter koͤnnen ſo dann nicht Jahr
aus Jahr ein auf dem gemeinen Anger liegen und ſolchem
die elende Narbe abſchaben. Kaum aber hoͤrten ſie auf zu
ſprechen: ſo ſchrien die Weiber der Koͤtter: Was, ihr wol-
let das Plaggenmehen an gewiſſe Tage binden, und zwar
an ſolche, woran unſre Maͤnner und Soͤhne in Holland
ſind? Das koͤnnen wir nimmer zugeben. Wir Weibsleute
koͤn-
*) Das Juſtrument, womit die Plaggen oder Raſen, die man
in den Heidelaͤndern, wo keine Brach zuruͤck gehalten wird,
ſo viel zum Dinger braucht, gehauen werden.
Moͤſ patr. Phant. III. Th. P
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/239>, abgerufen am 03.12.2023.
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