Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Etwas zur Verbesserung der Zuchthäuser.
es ja durch die Jntelligenzblätter bekannt machen lassen;
eine genaue Beschreibung der Waare lockte vielleicht noch
Liebhaber herbey, die uns jetzt unbekannt sind; und wer
weiß ob nicht mancher Verkaufter eher als ein Züchtling
gebessert würde? So viel ist wenigstens gewiß, daß je-
mand, der sich die Besserung eines einzelnen Menschen
angelegen seyn läßt, damit eher als der Zuchtmeister,
der mit vielen zu thun hat, zu Stande kommen werde.
Man weiß die Geschichte des Mädgens, das des Mor-
gens den Staupbesen mit dem Brandmarke empfangen
hatte, und des Abends hundert tausend Gulden in der
Lotterie gewann; sie ward unter der Zucht eines einzigen
guten Mannes einne bessere Frau, als sie jemals im
Zuchthause geworden seyn würde.


XXXVIII.
Rede eines Bäckers über die Backproben.

Der Becker müßte sein Handwerk schlecht verstehen,
der euch Schriftgelehrten nicht allemal die Probe
so machen könnte, daß er Recht behielte. Verstehet er
die Kunst aus vierzig Pfund Roggen nur dreißig Pfund
Mehl und aus zwey Pfund Mehl nur zwey Pfund Brod
zu liefern: so versteht er wahrlich auch die Kunst das
Mehl so zu sieben, den Teig so zu kneten, und den Ofen
so zu hitzen, daß ihr durch eure spanischen Brillen nichts
sehen werdet, als was er euch sehen lassen will. Da wo
ich zu Hause gehöre, und nur Weitzenbrod gegessen ward,
lieferte der Bäcker zuerst von drey Pfund Mehl vier Pfund
Brod, und als er sich hiedurch zu sehr beschwert glaubte,
fünf Pfund Brod von vier Pfund Mehl; und ein glei-

ches
K 3

Etwas zur Verbeſſerung der Zuchthaͤuſer.
es ja durch die Jntelligenzblaͤtter bekannt machen laſſen;
eine genaue Beſchreibung der Waare lockte vielleicht noch
Liebhaber herbey, die uns jetzt unbekannt ſind; und wer
weiß ob nicht mancher Verkaufter eher als ein Zuͤchtling
gebeſſert wuͤrde? So viel iſt wenigſtens gewiß, daß je-
mand, der ſich die Beſſerung eines einzelnen Menſchen
angelegen ſeyn laͤßt, damit eher als der Zuchtmeiſter,
der mit vielen zu thun hat, zu Stande kommen werde.
Man weiß die Geſchichte des Maͤdgens, das des Mor-
gens den Staupbeſen mit dem Brandmarke empfangen
hatte, und des Abends hundert tauſend Gulden in der
Lotterie gewann; ſie ward unter der Zucht eines einzigen
guten Mannes einne beſſere Frau, als ſie jemals im
Zuchthauſe geworden ſeyn wuͤrde.


XXXVIII.
Rede eines Baͤckers uͤber die Backproben.

Der Becker muͤßte ſein Handwerk ſchlecht verſtehen,
der euch Schriftgelehrten nicht allemal die Probe
ſo machen koͤnnte, daß er Recht behielte. Verſtehet er
die Kunſt aus vierzig Pfund Roggen nur dreißig Pfund
Mehl und aus zwey Pfund Mehl nur zwey Pfund Brod
zu liefern: ſo verſteht er wahrlich auch die Kunſt das
Mehl ſo zu ſieben, den Teig ſo zu kneten, und den Ofen
ſo zu hitzen, daß ihr durch eure ſpaniſchen Brillen nichts
ſehen werdet, als was er euch ſehen laſſen will. Da wo
ich zu Hauſe gehoͤre, und nur Weitzenbrod gegeſſen ward,
lieferte der Baͤcker zuerſt von drey Pfund Mehl vier Pfund
Brod, und als er ſich hiedurch zu ſehr beſchwert glaubte,
fuͤnf Pfund Brod von vier Pfund Mehl; und ein glei-

ches
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Etwas zur Verbe&#x017F;&#x017F;erung der Zuchtha&#x0364;u&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
es ja durch die Jntelligenzbla&#x0364;tter bekannt machen la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
eine genaue Be&#x017F;chreibung der Waare lockte vielleicht noch<lb/>
Liebhaber herbey, die uns jetzt unbekannt &#x017F;ind; und wer<lb/>
weiß ob nicht mancher Verkaufter eher als ein Zu&#x0364;chtling<lb/>
gebe&#x017F;&#x017F;ert wu&#x0364;rde? So viel i&#x017F;t wenig&#x017F;tens gewiß, daß je-<lb/>
mand, der &#x017F;ich die Be&#x017F;&#x017F;erung eines einzelnen Men&#x017F;chen<lb/>
angelegen &#x017F;eyn la&#x0364;ßt, damit eher als der Zuchtmei&#x017F;ter,<lb/>
der mit vielen zu thun hat, zu Stande kommen werde.<lb/>
Man weiß die Ge&#x017F;chichte des Ma&#x0364;dgens, das des Mor-<lb/>
gens den Staupbe&#x017F;en mit dem Brandmarke empfangen<lb/>
hatte, und des Abends hundert tau&#x017F;end Gulden in der<lb/>
Lotterie gewann; &#x017F;ie ward unter der Zucht eines einzigen<lb/>
guten Mannes einne be&#x017F;&#x017F;ere Frau, als &#x017F;ie jemals im<lb/>
Zuchthau&#x017F;e geworden &#x017F;eyn wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXXVIII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Rede eines Ba&#x0364;ckers u&#x0364;ber die Backproben.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>er Becker mu&#x0364;ßte &#x017F;ein Handwerk &#x017F;chlecht ver&#x017F;tehen,<lb/>
der euch Schriftgelehrten nicht allemal die Probe<lb/>
&#x017F;o machen ko&#x0364;nnte, daß er Recht behielte. Ver&#x017F;tehet er<lb/>
die Kun&#x017F;t aus vierzig Pfund Roggen nur dreißig Pfund<lb/>
Mehl und aus zwey Pfund Mehl nur zwey Pfund Brod<lb/>
zu liefern: &#x017F;o ver&#x017F;teht er wahrlich auch die Kun&#x017F;t das<lb/>
Mehl &#x017F;o zu &#x017F;ieben, den Teig &#x017F;o zu kneten, und den Ofen<lb/>
&#x017F;o zu hitzen, daß ihr durch eure &#x017F;pani&#x017F;chen Brillen nichts<lb/>
&#x017F;ehen werdet, als was er euch &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en will. Da wo<lb/>
ich zu Hau&#x017F;e geho&#x0364;re, und nur Weitzenbrod gege&#x017F;&#x017F;en ward,<lb/>
lieferte der Ba&#x0364;cker zuer&#x017F;t von drey Pfund Mehl vier Pfund<lb/>
Brod, und als er &#x017F;ich hiedurch zu &#x017F;ehr be&#x017F;chwert glaubte,<lb/>
fu&#x0364;nf Pfund Brod von vier Pfund Mehl; und ein glei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ches</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0161] Etwas zur Verbeſſerung der Zuchthaͤuſer. es ja durch die Jntelligenzblaͤtter bekannt machen laſſen; eine genaue Beſchreibung der Waare lockte vielleicht noch Liebhaber herbey, die uns jetzt unbekannt ſind; und wer weiß ob nicht mancher Verkaufter eher als ein Zuͤchtling gebeſſert wuͤrde? So viel iſt wenigſtens gewiß, daß je- mand, der ſich die Beſſerung eines einzelnen Menſchen angelegen ſeyn laͤßt, damit eher als der Zuchtmeiſter, der mit vielen zu thun hat, zu Stande kommen werde. Man weiß die Geſchichte des Maͤdgens, das des Mor- gens den Staupbeſen mit dem Brandmarke empfangen hatte, und des Abends hundert tauſend Gulden in der Lotterie gewann; ſie ward unter der Zucht eines einzigen guten Mannes einne beſſere Frau, als ſie jemals im Zuchthauſe geworden ſeyn wuͤrde. XXXVIII. Rede eines Baͤckers uͤber die Backproben. Der Becker muͤßte ſein Handwerk ſchlecht verſtehen, der euch Schriftgelehrten nicht allemal die Probe ſo machen koͤnnte, daß er Recht behielte. Verſtehet er die Kunſt aus vierzig Pfund Roggen nur dreißig Pfund Mehl und aus zwey Pfund Mehl nur zwey Pfund Brod zu liefern: ſo verſteht er wahrlich auch die Kunſt das Mehl ſo zu ſieben, den Teig ſo zu kneten, und den Ofen ſo zu hitzen, daß ihr durch eure ſpaniſchen Brillen nichts ſehen werdet, als was er euch ſehen laſſen will. Da wo ich zu Hauſe gehoͤre, und nur Weitzenbrod gegeſſen ward, lieferte der Baͤcker zuerſt von drey Pfund Mehl vier Pfund Brod, und als er ſich hiedurch zu ſehr beſchwert glaubte, fuͤnf Pfund Brod von vier Pfund Mehl; und ein glei- ches K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/161
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/161>, abgerufen am 28.03.2024.