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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Von dem echten Eigenthum.
gab, und dieser auf die eine oder andre Art proprietarius
davon wurde, konnte dieses nicht weiter geschehen. Denn
wenn der Meyer auch gleich seine Proprietät einem Man-
ne von alter Ehre verkaufte: so konnte dieser doch das
wahre Eigenthum damit nicht erlangen, oder dem Hofe
solches ferner durch seine Person mittheilen, nachdem,
um bey dem vorigen Beyspiele zu bleiben, der erste Gutsherr
Jagd- und Echtwort zurückbehalten hatte. Es hätten
sonst von eben demselben Hofe zwey, nämlich ein dominus
und ein proprietarius jagen und stimmen müssen; wer jetzt
eine Gutsherrlichkeit kauft, erhält damit nicht so gleich
Jagd und Erbexenschaft.

Jch könnte hievon noch viel mehrers anführen, wenn
ich nicht befürchten müßte, dem größten Theile der Leser
unverständlich zu werden. Auch in dem Städtischen Bann-
kreise giebt es ein besonders Erbecht, was Stadtschöpfen-
barkeit giebt, und nun auch allmälig verschwindet. Auch
hier hat der größte proprietarius, wenn er nicht zugleich
Bürger ist, kein wahres Eigen. Es stammet dieses Wort
von E. oder Ehe ab, welches bey den Sachsen so viel als
Gesetz hieß; und ein gesetzliches Eigenthum kann in den
Städten nur der Bürger, nicht aber der Einwohner ha-
ben. Wie mangelhaft muß aber nicht Sprache und Phi-
losophie werden, wo man diese wesentlichen Unterschiede
nicht mehr auf eine bestimmte Art bezeichnet? Wie sehr
muß der Staat gesunken seyn, wo man sie entbehren kann?
Und wie Ehrenvoll die Nation, in welcher sich eine große
Summe von wahren Eigenthümern befindet?



XLIV.
L 4

Von dem echten Eigenthum.
gab, und dieſer auf die eine oder andre Art proprietarius
davon wurde, konnte dieſes nicht weiter geſchehen. Denn
wenn der Meyer auch gleich ſeine Proprietaͤt einem Man-
ne von alter Ehre verkaufte: ſo konnte dieſer doch das
wahre Eigenthum damit nicht erlangen, oder dem Hofe
ſolches ferner durch ſeine Perſon mittheilen, nachdem,
um bey dem vorigen Beyſpiele zu bleiben, der erſte Gutsherr
Jagd- und Echtwort zuruͤckbehalten hatte. Es haͤtten
ſonſt von eben demſelben Hofe zwey, naͤmlich ein dominus
und ein proprietarius jagen und ſtimmen muͤſſen; wer jetzt
eine Gutsherrlichkeit kauft, erhaͤlt damit nicht ſo gleich
Jagd und Erbexenſchaft.

Jch koͤnnte hievon noch viel mehrers anfuͤhren, wenn
ich nicht befuͤrchten muͤßte, dem groͤßten Theile der Leſer
unverſtaͤndlich zu werden. Auch in dem Staͤdtiſchen Bann-
kreiſe giebt es ein beſonders Erbecht, was Stadtſchoͤpfen-
barkeit giebt, und nun auch allmaͤlig verſchwindet. Auch
hier hat der groͤßte proprietarius, wenn er nicht zugleich
Buͤrger iſt, kein wahres Eigen. Es ſtammet dieſes Wort
von E. oder Ehe ab, welches bey den Sachſen ſo viel als
Geſetz hieß; und ein geſetzliches Eigenthum kann in den
Staͤdten nur der Buͤrger, nicht aber der Einwohner ha-
ben. Wie mangelhaft muß aber nicht Sprache und Phi-
loſophie werden, wo man dieſe weſentlichen Unterſchiede
nicht mehr auf eine beſtimmte Art bezeichnet? Wie ſehr
muß der Staat geſunken ſeyn, wo man ſie entbehren kann?
Und wie Ehrenvoll die Nation, in welcher ſich eine große
Summe von wahren Eigenthuͤmern befindet?



XLIV.
L 4
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[167/0179] Von dem echten Eigenthum. gab, und dieſer auf die eine oder andre Art proprietarius davon wurde, konnte dieſes nicht weiter geſchehen. Denn wenn der Meyer auch gleich ſeine Proprietaͤt einem Man- ne von alter Ehre verkaufte: ſo konnte dieſer doch das wahre Eigenthum damit nicht erlangen, oder dem Hofe ſolches ferner durch ſeine Perſon mittheilen, nachdem, um bey dem vorigen Beyſpiele zu bleiben, der erſte Gutsherr Jagd- und Echtwort zuruͤckbehalten hatte. Es haͤtten ſonſt von eben demſelben Hofe zwey, naͤmlich ein dominus und ein proprietarius jagen und ſtimmen muͤſſen; wer jetzt eine Gutsherrlichkeit kauft, erhaͤlt damit nicht ſo gleich Jagd und Erbexenſchaft. Jch koͤnnte hievon noch viel mehrers anfuͤhren, wenn ich nicht befuͤrchten muͤßte, dem groͤßten Theile der Leſer unverſtaͤndlich zu werden. Auch in dem Staͤdtiſchen Bann- kreiſe giebt es ein beſonders Erbecht, was Stadtſchoͤpfen- barkeit giebt, und nun auch allmaͤlig verſchwindet. Auch hier hat der groͤßte proprietarius, wenn er nicht zugleich Buͤrger iſt, kein wahres Eigen. Es ſtammet dieſes Wort von E. oder Ehe ab, welches bey den Sachſen ſo viel als Geſetz hieß; und ein geſetzliches Eigenthum kann in den Staͤdten nur der Buͤrger, nicht aber der Einwohner ha- ben. Wie mangelhaft muß aber nicht Sprache und Phi- loſophie werden, wo man dieſe weſentlichen Unterſchiede nicht mehr auf eine beſtimmte Art bezeichnet? Wie ſehr muß der Staat geſunken ſeyn, wo man ſie entbehren kann? Und wie Ehrenvoll die Nation, in welcher ſich eine große Summe von wahren Eigenthuͤmern befindet? XLIV. L 4

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/179>, abgerufen am 28.03.2024.