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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Poeterey.
fen das Gegentheil wieder ihn behauptet.
Sein vornehmster Grund ist/ weil die
Frantzösische Sprache die Gedancken viel
richtiger und ordentlicher außdrücke/ als
die Lateinische/ die die Wörter und Mei-
nungen verwerffe/ und nicht secundum
concipiendi modum
alles außspreche.
Nun ist zwar dieses nicht nur der Fran-
tzösischen sondern vielmehr der Teutschen
eigen: und beruhet hierin die natürli-
che Ubereinstimmung. Die Griechische
und Lateinische Sprache aber sind auff
eine kunstreiche Maaß der Sylben gerich-
tet/ wornach die gantze Zusammenfü-
gung des Periodi sich schicken muß. Er
Sorbier hat zu behauptung seiner Mei-
nung die 30. Ode des 4. Buchs auß dem
Horatio in Frantzösisch übersetzet/ mit
eben so viel Strophen und Versen/ zu er-
weisen/ daß die Frantzösische Sprache mit
eben so viel Worten eine gleiche Rede auß-
bilden könne. Aber es hat Isaacus Vossius
in seinem Buch de Poematum Cantu p. 39.
diese seine Meinung mit sehr guten Grün-

den
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Poeterey.
fen das Gegentheil wieder ihn behauptet.
Sein vornehmſter Grund iſt/ weil die
Frantzoͤſiſche Sprache die Gedancken viel
richtiger und ordentlicher außdruͤcke/ als
die Lateiniſche/ die die Woͤrter und Mei-
nungen verwerffe/ und nicht ſecundum
concipiendi modum
alles außſpreche.
Nun iſt zwar dieſes nicht nur der Fran-
tzoͤſiſchen ſondern vielmehr der Teutſchen
eigen: und beruhet hierin die natuͤrli-
che Ubereinſtimmung. Die Griechiſche
und Lateiniſche Sprache aber ſind auff
eine kunſtreiche Maaß der Sylben gerich-
tet/ wornach die gantze Zuſammenfuͤ-
gung des Periodi ſich ſchicken muß. Er
Sorbier hat zu behauptung ſeiner Mei-
nung die 30. Ode des 4. Buchs auß dem
Horatio in Frantzoͤſiſch uͤberſetzet/ mit
eben ſo viel Strophen und Verſen/ zu er-
weiſen/ daß die Frantzoͤſiſche Sprache mit
eben ſo viel Worten eine gleiche Rede auß-
bilden koͤnne. Aber es hat Iſaacus Voſſius
in ſeinem Buch de Poëmatum Cantu p. 39.
dieſe ſeine Meinung mit ſehr guten Gruͤn-

den
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[179/0191] Poeterey. fen das Gegentheil wieder ihn behauptet. Sein vornehmſter Grund iſt/ weil die Frantzoͤſiſche Sprache die Gedancken viel richtiger und ordentlicher außdruͤcke/ als die Lateiniſche/ die die Woͤrter und Mei- nungen verwerffe/ und nicht ſecundum concipiendi modum alles außſpreche. Nun iſt zwar dieſes nicht nur der Fran- tzoͤſiſchen ſondern vielmehr der Teutſchen eigen: und beruhet hierin die natuͤrli- che Ubereinſtimmung. Die Griechiſche und Lateiniſche Sprache aber ſind auff eine kunſtreiche Maaß der Sylben gerich- tet/ wornach die gantze Zuſammenfuͤ- gung des Periodi ſich ſchicken muß. Er Sorbier hat zu behauptung ſeiner Mei- nung die 30. Ode des 4. Buchs auß dem Horatio in Frantzoͤſiſch uͤberſetzet/ mit eben ſo viel Strophen und Verſen/ zu er- weiſen/ daß die Frantzoͤſiſche Sprache mit eben ſo viel Worten eine gleiche Rede auß- bilden koͤnne. Aber es hat Iſaacus Voſſius in ſeinem Buch de Poëmatum Cantu p. 39. dieſe ſeine Meinung mit ſehr guten Gruͤn- den m 2

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/191>, abgerufen am 29.03.2024.