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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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bestohlen, er sehe sie einbrechen, sehe sie dieses oder jenes sich bemächtigen; welches alles zu eben der Zeit aufs Pünktlichste eintraf.


IX. 92-106.Sprache in psychologischer Rücksicht.

Durch die Jmpersonale wird eine Veränderung gedacht, ohne sie auf eine handelnde Person, ja selbst auf eine sie hervorbringende wirkende Ursache überhaupt zu beziehen. Es donnert, z.B. heißt so viel als: das Donnern geschieht, u.d.g. Wir gebrauchen dieselben von solchen Veränderungen, deren wirkende Ursache uns unbekannt ist.

Daß wir aber verhältnißmäßig so wenig Jmpersonale in der Sprache haben, da die Ursachen der mehresten Veränderungen uns unbekannt ist, rührt daher, weil bei uns jede Vorstellung äußerer Gegenstände erst durch die Vorstellung von uns selber, oder von unserm Jch gleichsam durchgehen muß, und wir der ganzen Natur unser Bild eindrücken. Wir betrachten also bloß Veränderungen als Handlungen und beziehen dieselbe auf die nächste, in die Augen fallende Ursache, die wir zu diesem Behuf personifiziren. Z.B. die Bäume bringen Früchte hervor u.d.g.


bestohlen, er sehe sie einbrechen, sehe sie dieses oder jenes sich bemaͤchtigen; welches alles zu eben der Zeit aufs Puͤnktlichste eintraf.


IX. 92-106.Sprache in psychologischer Ruͤcksicht.

Durch die Jmpersonale wird eine Veraͤnderung gedacht, ohne sie auf eine handelnde Person, ja selbst auf eine sie hervorbringende wirkende Ursache uͤberhaupt zu beziehen. Es donnert, z.B. heißt so viel als: das Donnern geschieht, u.d.g. Wir gebrauchen dieselben von solchen Veraͤnderungen, deren wirkende Ursache uns unbekannt ist.

Daß wir aber verhaͤltnißmaͤßig so wenig Jmpersonale in der Sprache haben, da die Ursachen der mehresten Veraͤnderungen uns unbekannt ist, ruͤhrt daher, weil bei uns jede Vorstellung aͤußerer Gegenstaͤnde erst durch die Vorstellung von uns selber, oder von unserm Jch gleichsam durchgehen muß, und wir der ganzen Natur unser Bild eindruͤcken. Wir betrachten also bloß Veraͤnderungen als Handlungen und beziehen dieselbe auf die naͤchste, in die Augen fallende Ursache, die wir zu diesem Behuf personifiziren. Z.B. die Baͤume bringen Fruͤchte hervor u.d.g.

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[15/0015] bestohlen, er sehe sie einbrechen, sehe sie dieses oder jenes sich bemaͤchtigen; welches alles zu eben der Zeit aufs Puͤnktlichste eintraf. IX. 92-106.Sprache in psychologischer Ruͤcksicht. Durch die Jmpersonale wird eine Veraͤnderung gedacht, ohne sie auf eine handelnde Person, ja selbst auf eine sie hervorbringende wirkende Ursache uͤberhaupt zu beziehen. Es donnert, z.B. heißt so viel als: das Donnern geschieht, u.d.g. Wir gebrauchen dieselben von solchen Veraͤnderungen, deren wirkende Ursache uns unbekannt ist. Daß wir aber verhaͤltnißmaͤßig so wenig Jmpersonale in der Sprache haben, da die Ursachen der mehresten Veraͤnderungen uns unbekannt ist, ruͤhrt daher, weil bei uns jede Vorstellung aͤußerer Gegenstaͤnde erst durch die Vorstellung von uns selber, oder von unserm Jch gleichsam durchgehen muß, und wir der ganzen Natur unser Bild eindruͤcken. Wir betrachten also bloß Veraͤnderungen als Handlungen und beziehen dieselbe auf die naͤchste, in die Augen fallende Ursache, die wir zu diesem Behuf personifiziren. Z.B. die Baͤume bringen Fruͤchte hervor u.d.g.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/15>, abgerufen am 19.04.2024.