Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


zu diesen unverständlichen Worten hätte Anlaß geben können.


44-73.

Ein berühmter Arzt beschreibt seine eigene Krankheitsgeschichte.

Von der ganzen auf dreißig Seiten sehr schön beschriebenen Krankheitsgeschichte ist das in psychologischer Rücksicht merkwürdige ungefähr folgendes:

Nach der ersten, sieben Tage dauernden Epoche seiner Krankheit, wovon er sich nichts mehr zu erinnern im Stande ist, gerieth er in den Zustand der Raserei, deren Partikularitäten er sich wohl erinnern kann. Es war, wie er selbst sagt, Methode in seiner Tollheit.

Das Hauptsächlichste davon bestand darin, er konnte sich nicht bereden, daß er sich in seiner eigenen Wohnung befände. Es kam ihm vor, als würde er von einem öffentlichen Platz zum andern geführt, und von seinen Wächtern im Bette festgehalten. Er flehte beständig, man sollte ihn nach seinem Logis in der .... Straße bringen. Man versprach es von Zeit zu Zeit. Man suchte ihn durch Vorzeigung seiner Bibliothek, Kupferstiche u.d.g. seines Jrrthums zu überführen. Es half nichts, er hielt alles für Täuschung und Betrug.


zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen.


44-73.

Ein beruͤhmter Arzt beschreibt seine eigene Krankheitsgeschichte.

Von der ganzen auf dreißig Seiten sehr schoͤn beschriebenen Krankheitsgeschichte ist das in psychologischer Ruͤcksicht merkwuͤrdige ungefaͤhr folgendes:

Nach der ersten, sieben Tage dauernden Epoche seiner Krankheit, wovon er sich nichts mehr zu erinnern im Stande ist, gerieth er in den Zustand der Raserei, deren Partikularitaͤten er sich wohl erinnern kann. Es war, wie er selbst sagt, Methode in seiner Tollheit.

Das Hauptsaͤchlichste davon bestand darin, er konnte sich nicht bereden, daß er sich in seiner eigenen Wohnung befaͤnde. Es kam ihm vor, als wuͤrde er von einem oͤffentlichen Platz zum andern gefuͤhrt, und von seinen Waͤchtern im Bette festgehalten. Er flehte bestaͤndig, man sollte ihn nach seinem Logis in der .... Straße bringen. Man versprach es von Zeit zu Zeit. Man suchte ihn durch Vorzeigung seiner Bibliothek, Kupferstiche u.d.g. seines Jrrthums zu uͤberfuͤhren. Es half nichts, er hielt alles fuͤr Taͤuschung und Betrug.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0022" n="22"/><lb/>
zu diesen unversta&#x0364;ndlichen Worten ha&#x0364;tte Anlaß geben ko&#x0364;nnen.</p>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </div>
            <div n="4">
              <head>44-73. </head><lb/>
              <p>Ein beru&#x0364;hmter                         Arzt beschreibt seine eigene Krankheitsgeschichte.</p>
              <p>Von der ganzen auf                         dreißig Seiten sehr scho&#x0364;n beschriebenen Krankheitsgeschichte ist das <hi rendition="#b">in psychologischer Ru&#x0364;cksicht</hi> merkwu&#x0364;rdige ungefa&#x0364;hr                         folgendes:</p>
              <p>Nach der ersten, sieben Tage dauernden Epoche seiner                         Krankheit, wovon er sich nichts mehr zu erinnern im Stande ist, gerieth er                         in den Zustand der Raserei, deren Partikularita&#x0364;ten er sich wohl erinnern                         kann. Es war, wie er selbst sagt, <hi rendition="#b">Methode in seiner                             Tollheit.</hi></p>
              <p>Das Hauptsa&#x0364;chlichste davon bestand darin, er                         konnte sich nicht bereden, daß er sich in seiner eigenen Wohnung befa&#x0364;nde. Es                         kam ihm vor, als wu&#x0364;rde er von einem o&#x0364;ffentlichen Platz zum andern gefu&#x0364;hrt,                         und von seinen Wa&#x0364;chtern im Bette festgehalten. Er flehte besta&#x0364;ndig, man                         sollte ihn nach seinem Logis in der .... Straße bringen. Man versprach es                         von Zeit zu Zeit. Man suchte ihn durch Vorzeigung seiner Bibliothek,                         Kupferstiche u.d.g. seines Jrrthums zu u&#x0364;berfu&#x0364;hren. Es half nichts, er hielt                         alles fu&#x0364;r Ta&#x0364;uschung und Betrug.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0022] zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen. 44-73. Ein beruͤhmter Arzt beschreibt seine eigene Krankheitsgeschichte. Von der ganzen auf dreißig Seiten sehr schoͤn beschriebenen Krankheitsgeschichte ist das in psychologischer Ruͤcksicht merkwuͤrdige ungefaͤhr folgendes: Nach der ersten, sieben Tage dauernden Epoche seiner Krankheit, wovon er sich nichts mehr zu erinnern im Stande ist, gerieth er in den Zustand der Raserei, deren Partikularitaͤten er sich wohl erinnern kann. Es war, wie er selbst sagt, Methode in seiner Tollheit. Das Hauptsaͤchlichste davon bestand darin, er konnte sich nicht bereden, daß er sich in seiner eigenen Wohnung befaͤnde. Es kam ihm vor, als wuͤrde er von einem oͤffentlichen Platz zum andern gefuͤhrt, und von seinen Waͤchtern im Bette festgehalten. Er flehte bestaͤndig, man sollte ihn nach seinem Logis in der .... Straße bringen. Man versprach es von Zeit zu Zeit. Man suchte ihn durch Vorzeigung seiner Bibliothek, Kupferstiche u.d.g. seines Jrrthums zu uͤberfuͤhren. Es half nichts, er hielt alles fuͤr Taͤuschung und Betrug.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/22
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/22>, abgerufen am 29.03.2024.