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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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Diese aber waren zu klug als daß sie auf ihn warten sollten. Sie gruben also den Schatz für sich aus, gaben auch einen Theil davon einem gewissen Prediger, der den ihn bewachenden Geist bannen mußte. Vieles davon kam auch nach P. wie dieser arme Weber versicherte.

Seine Schwester, die der Arzt über die Umstände ihres Bruders befragte, bekräftigte alle seine Einbildung, und war völlig so närrisch wie er. Ein Beleg zu der Erfahrung, daß Wahnwitz ansteckend ist.


V. 26-29.

Ein an sich einfältiger und abergläubischer Mensch gerieth durch allerhand mißliche Umstände in einen ganz ungewöhnlichen Zustand von Furcht und Aengstlichkeit, welche ihn vorzüglich des Nachts quälte, und gar nicht schlafen ließ, und die er, seiner Aussage nach, blos durch Lesen in geistlichen Büchern und Singen geistlicher Lieder vertreiben konnte.

Da er nun fleißig die heilige Schrift las, gerieth er unter andern auf das Buch Daniel. Die darin erzählten wunderbaren Erscheinungen und Verrichtungen wurden ihm durch diese Lektüre so familiär, daß er nun selbst Wunder zu verrichten im Stande zu seyn glaubte.




Diese aber waren zu klug als daß sie auf ihn warten sollten. Sie gruben also den Schatz fuͤr sich aus, gaben auch einen Theil davon einem gewissen Prediger, der den ihn bewachenden Geist bannen mußte. Vieles davon kam auch nach P. wie dieser arme Weber versicherte.

Seine Schwester, die der Arzt uͤber die Umstaͤnde ihres Bruders befragte, bekraͤftigte alle seine Einbildung, und war voͤllig so naͤrrisch wie er. Ein Beleg zu der Erfahrung, daß Wahnwitz ansteckend ist.


V. 26-29.

Ein an sich einfaͤltiger und aberglaͤubischer Mensch gerieth durch allerhand mißliche Umstaͤnde in einen ganz ungewoͤhnlichen Zustand von Furcht und Aengstlichkeit, welche ihn vorzuͤglich des Nachts quaͤlte, und gar nicht schlafen ließ, und die er, seiner Aussage nach, blos durch Lesen in geistlichen Buͤchern und Singen geistlicher Lieder vertreiben konnte.

Da er nun fleißig die heilige Schrift las, gerieth er unter andern auf das Buch Daniel. Die darin erzaͤhlten wunderbaren Erscheinungen und Verrichtungen wurden ihm durch diese Lektuͤre so familiaͤr, daß er nun selbst Wunder zu verrichten im Stande zu seyn glaubte.



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[8/0008] Diese aber waren zu klug als daß sie auf ihn warten sollten. Sie gruben also den Schatz fuͤr sich aus, gaben auch einen Theil davon einem gewissen Prediger, der den ihn bewachenden Geist bannen mußte. Vieles davon kam auch nach P. wie dieser arme Weber versicherte. Seine Schwester, die der Arzt uͤber die Umstaͤnde ihres Bruders befragte, bekraͤftigte alle seine Einbildung, und war voͤllig so naͤrrisch wie er. Ein Beleg zu der Erfahrung, daß Wahnwitz ansteckend ist. V. 26-29. Ein an sich einfaͤltiger und aberglaͤubischer Mensch gerieth durch allerhand mißliche Umstaͤnde in einen ganz ungewoͤhnlichen Zustand von Furcht und Aengstlichkeit, welche ihn vorzuͤglich des Nachts quaͤlte, und gar nicht schlafen ließ, und die er, seiner Aussage nach, blos durch Lesen in geistlichen Buͤchern und Singen geistlicher Lieder vertreiben konnte. Da er nun fleißig die heilige Schrift las, gerieth er unter andern auf das Buch Daniel. Die darin erzaͤhlten wunderbaren Erscheinungen und Verrichtungen wurden ihm durch diese Lektuͤre so familiaͤr, daß er nun selbst Wunder zu verrichten im Stande zu seyn glaubte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/8>, abgerufen am 24.04.2024.