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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.

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lung recht statt finden könnte -- denn bei dem Auge ist beständige Gegenwart --

durch das Auge wird

die Nebeneinanderstellung,

durch das Ohr

die Succession der Jdeen bewirkt.

Auge -- Ohr --

Mahlerei -- Musik --

Nebeneinanderstellung -- Succession --

Die schönen Künste sind ein Abdruck der Natur im verjüngten Maaßstabe --

Die ganze äußre Welt sowohl als unsre innre Jdeenwelt zerfällt in

Mahlerei und Musik --

Bild und Wort --

Sache und Rede. --

Unsre Vorstellungen sind die Mahlerei der Welt, sie können nur darstellen, was auf einmal da ist -- unsre Sprache ist die Musik unsrer Vorstellungen -- sie schildert das aufeinanderfolgende, sie läßt unsre Gedanken, unbeschadet des Gegenwärtigen, in die Vergangenheit und in die Zukunft schweifen -- bewahrt in dem kleinen Umfange von vierundzwanzig artikulirten Tönen, den Schatz der jedesmaligen Denkbarkeit irgend eines Stücks aus der ganzen ungeheuren Jdeenwelt auf. --



lung recht statt finden koͤnnte — denn bei dem Auge ist bestaͤndige Gegenwart

durch das Auge wird

die Nebeneinanderstellung,

durch das Ohr

die Succession der Jdeen bewirkt.

Auge — Ohr —

Mahlerei — Musik —

Nebeneinanderstellung — Succession —

Die schoͤnen Kuͤnste sind ein Abdruck der Natur im verjuͤngten Maaßstabe —

Die ganze aͤußre Welt sowohl als unsre innre Jdeenwelt zerfaͤllt in

Mahlerei und Musik —

Bild und Wort —

Sache und Rede. —

Unsre Vorstellungen sind die Mahlerei der Welt, sie koͤnnen nur darstellen, was auf einmal da ist — unsre Sprache ist die Musik unsrer Vorstellungen — sie schildert das aufeinanderfolgende, sie laͤßt unsre Gedanken, unbeschadet des Gegenwaͤrtigen, in die Vergangenheit und in die Zukunft schweifen — bewahrt in dem kleinen Umfange von vierundzwanzig artikulirten Toͤnen, den Schatz der jedesmaligen Denkbarkeit irgend eines Stuͤcks aus der ganzen ungeheuren Jdeenwelt auf. —


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[4/0004] lung recht statt finden koͤnnte — denn bei dem Auge ist bestaͤndige Gegenwart — durch das Auge wird die Nebeneinanderstellung, durch das Ohr die Succession der Jdeen bewirkt. Auge — Ohr — Mahlerei — Musik — Nebeneinanderstellung — Succession — Die schoͤnen Kuͤnste sind ein Abdruck der Natur im verjuͤngten Maaßstabe — Die ganze aͤußre Welt sowohl als unsre innre Jdeenwelt zerfaͤllt in Mahlerei und Musik — Bild und Wort — Sache und Rede. — Unsre Vorstellungen sind die Mahlerei der Welt, sie koͤnnen nur darstellen, was auf einmal da ist — unsre Sprache ist die Musik unsrer Vorstellungen — sie schildert das aufeinanderfolgende, sie laͤßt unsre Gedanken, unbeschadet des Gegenwaͤrtigen, in die Vergangenheit und in die Zukunft schweifen — bewahrt in dem kleinen Umfange von vierundzwanzig artikulirten Toͤnen, den Schatz der jedesmaligen Denkbarkeit irgend eines Stuͤcks aus der ganzen ungeheuren Jdeenwelt auf. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/4>, abgerufen am 19.04.2024.