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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.

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anständig genug; vielleicht entdeckte sie in dem Augenblick in seinem Gesichte gewisse dunkle Züge, welche ein unedles Herz verriethen; vielleicht erwachte damals schnell eine stärkere Neigung für einen andern in ihrer Brust, die auf den gegenwärtigen Liebhaber zu seinem Nachtheil ein falsches Licht warf; vielleicht auch ahndete sie eine zu schnelle Uebergabe ihres Herzens, und suchte sich dagegen durch Schreckbilder von den Folgen dieser Liebe zu sichern; doch vielleicht sind auch alle diese Vermuthungen nicht die rechten. Wenn es Ahndungen giebt, so könnte man auch diese zu einer Erklärungsart jenes sonderbaren Phänomens machen. Meine Freundinn wäre durch jenen Mann gewiß die unglücklichste Gattin geworden, indem er sich nachher selbst in seinem Ehestande den unerlaubtesten Ausschweifungen ergab, und dadurch in die kläglichsten Umstände seines Lebens gerieth.

C. F. Pockels.

3. Erinnerungen aus den ersten Jahren der Kindheit.

Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte von Jugend auf Lust an der Meßkunst; unauslöschlich haben


anstaͤndig genug; vielleicht entdeckte sie in dem Augenblick in seinem Gesichte gewisse dunkle Zuͤge, welche ein unedles Herz verriethen; vielleicht erwachte damals schnell eine staͤrkere Neigung fuͤr einen andern in ihrer Brust, die auf den gegenwaͤrtigen Liebhaber zu seinem Nachtheil ein falsches Licht warf; vielleicht auch ahndete sie eine zu schnelle Uebergabe ihres Herzens, und suchte sich dagegen durch Schreckbilder von den Folgen dieser Liebe zu sichern; doch vielleicht sind auch alle diese Vermuthungen nicht die rechten. Wenn es Ahndungen giebt, so koͤnnte man auch diese zu einer Erklaͤrungsart jenes sonderbaren Phaͤnomens machen. Meine Freundinn waͤre durch jenen Mann gewiß die ungluͤcklichste Gattin geworden, indem er sich nachher selbst in seinem Ehestande den unerlaubtesten Ausschweifungen ergab, und dadurch in die klaͤglichsten Umstaͤnde seines Lebens gerieth.

C. F. Pockels.

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Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte von Jugend auf Lust an der Meßkunst; unausloͤschlich haben

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[62/0062] anstaͤndig genug; vielleicht entdeckte sie in dem Augenblick in seinem Gesichte gewisse dunkle Zuͤge, welche ein unedles Herz verriethen; vielleicht erwachte damals schnell eine staͤrkere Neigung fuͤr einen andern in ihrer Brust, die auf den gegenwaͤrtigen Liebhaber zu seinem Nachtheil ein falsches Licht warf; vielleicht auch ahndete sie eine zu schnelle Uebergabe ihres Herzens, und suchte sich dagegen durch Schreckbilder von den Folgen dieser Liebe zu sichern; doch vielleicht sind auch alle diese Vermuthungen nicht die rechten. Wenn es Ahndungen giebt, so koͤnnte man auch diese zu einer Erklaͤrungsart jenes sonderbaren Phaͤnomens machen. Meine Freundinn waͤre durch jenen Mann gewiß die ungluͤcklichste Gattin geworden, indem er sich nachher selbst in seinem Ehestande den unerlaubtesten Ausschweifungen ergab, und dadurch in die klaͤglichsten Umstaͤnde seines Lebens gerieth. C. F. Pockels. 3. Erinnerungen aus den ersten Jahren der Kindheit. Speier am 29sten Jaͤnner 1786. Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte von Jugend auf Lust an der Meßkunst; unausloͤschlich haben

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/62>, abgerufen am 27.04.2024.