Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite


Siehest Du, daß Du also in Deinen wirklichen Umständen nicht glücklich sein kannst, so dringe weiter; suche Mittel, angemessene Mittel, sichere Rettungswege auf; arbeite an der Erreichung eines besseren glücklicheren Zustandes; arbeite standhaft, unabläßig; und Du wirst fühlen, daß der Mensch immer Kräfte genug hat, sich glücklich zu machen, denn dies ist der große Zweck unsers Daseyns; und der uns dieses Daseyn gab, und mit ihm diesen Zweck verband, mußte der also nicht auch uns zuverläßige, hinreichende, richtige Mittel in unsere Natur legen, durch welche wir ohnfehlbar diesen erhabenen Endzweck des großen Weltalls erreichen können? und diese Mittel kann wirklich der Mensch in jeder Lage haben; dieß beweiset Erfahrung und Vernunft.

Jch will Dich nur, Lieber! an unsere Jugend ein wenig erinnern, und Dir etwas von meinen individuellen Revolutionen erzählen; Du wirst bald einsehen, wie wahr ich geredet habe.

Welch himmlisches Gefühl durchströmt mich; wenn ich in die goldenen Tage unser Jugend; unserer Kindheit zurückschaue. Zuverläßig, Bruder! sind dies die glücklichsten Tage des Menschenalters. Wie schuld- und kummerlos wandelt man da die Gotteswelt dahin! Jeder Schritt ist mit Blumen gestreut, und jeder Weg ist uns ein Weg ins Paradies. So zufrieden, jedes Leidens ohnbewußt, und so eingeschränkt für den gegenwärtigen Hori-


Siehest Du, daß Du also in Deinen wirklichen Umstaͤnden nicht gluͤcklich sein kannst, so dringe weiter; suche Mittel, angemessene Mittel, sichere Rettungswege auf; arbeite an der Erreichung eines besseren gluͤcklicheren Zustandes; arbeite standhaft, unablaͤßig; und Du wirst fuͤhlen, daß der Mensch immer Kraͤfte genug hat, sich gluͤcklich zu machen, denn dies ist der große Zweck unsers Daseyns; und der uns dieses Daseyn gab, und mit ihm diesen Zweck verband, mußte der also nicht auch uns zuverlaͤßige, hinreichende, richtige Mittel in unsere Natur legen, durch welche wir ohnfehlbar diesen erhabenen Endzweck des großen Weltalls erreichen koͤnnen? und diese Mittel kann wirklich der Mensch in jeder Lage haben; dieß beweiset Erfahrung und Vernunft.

Jch will Dich nur, Lieber! an unsere Jugend ein wenig erinnern, und Dir etwas von meinen individuellen Revolutionen erzaͤhlen; Du wirst bald einsehen, wie wahr ich geredet habe.

Welch himmlisches Gefuͤhl durchstroͤmt mich; wenn ich in die goldenen Tage unser Jugend; unserer Kindheit zuruͤckschaue. Zuverlaͤßig, Bruder! sind dies die gluͤcklichsten Tage des Menschenalters. Wie schuld- und kummerlos wandelt man da die Gotteswelt dahin! Jeder Schritt ist mit Blumen gestreut, und jeder Weg ist uns ein Weg ins Paradies. So zufrieden, jedes Leidens ohnbewußt, und so eingeschraͤnkt fuͤr den gegenwaͤrtigen Hori-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0066" n="66"/><lb/>
Siehest Du, daß Du also in Deinen wirklichen                   Umsta&#x0364;nden nicht glu&#x0364;cklich sein kannst, so dringe weiter; suche Mittel, angemessene                   Mittel, sichere Rettungswege auf; arbeite an der Erreichung eines besseren                   glu&#x0364;cklicheren Zustandes; arbeite standhaft, unabla&#x0364;ßig; und Du wirst fu&#x0364;hlen, daß                   der Mensch immer Kra&#x0364;fte genug hat, sich glu&#x0364;cklich zu machen, denn dies ist der                   große Zweck unsers Daseyns; und der uns dieses Daseyn gab, und mit ihm diesen                   Zweck verband, mußte der also nicht auch uns zuverla&#x0364;ßige, hinreichende, richtige                   Mittel in unsere Natur legen, durch welche wir ohnfehlbar diesen erhabenen                   Endzweck des großen Weltalls erreichen ko&#x0364;nnen? und diese Mittel kann wirklich der                   Mensch in jeder Lage haben; dieß beweiset Erfahrung und Vernunft. </p>
              <p>Jch will Dich nur, Lieber! an unsere Jugend ein wenig erinnern, und Dir etwas von                   meinen individuellen Revolutionen erza&#x0364;hlen; Du wirst bald einsehen, wie wahr ich                   geredet habe. </p>
              <p>Welch himmlisches Gefu&#x0364;hl durchstro&#x0364;mt mich; wenn ich in die goldenen Tage unser                   Jugend; unserer Kindheit zuru&#x0364;ckschaue. Zuverla&#x0364;ßig, Bruder! sind dies die                   glu&#x0364;cklichsten Tage des Menschenalters. Wie schuld- und kummerlos wandelt man da                   die Gotteswelt dahin! Jeder Schritt ist mit Blumen gestreut, und jeder Weg ist uns                   ein Weg ins Paradies. So zufrieden, jedes Leidens ohnbewußt, und so eingeschra&#x0364;nkt                   fu&#x0364;r den gegenwa&#x0364;rtigen Hori-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0066] Siehest Du, daß Du also in Deinen wirklichen Umstaͤnden nicht gluͤcklich sein kannst, so dringe weiter; suche Mittel, angemessene Mittel, sichere Rettungswege auf; arbeite an der Erreichung eines besseren gluͤcklicheren Zustandes; arbeite standhaft, unablaͤßig; und Du wirst fuͤhlen, daß der Mensch immer Kraͤfte genug hat, sich gluͤcklich zu machen, denn dies ist der große Zweck unsers Daseyns; und der uns dieses Daseyn gab, und mit ihm diesen Zweck verband, mußte der also nicht auch uns zuverlaͤßige, hinreichende, richtige Mittel in unsere Natur legen, durch welche wir ohnfehlbar diesen erhabenen Endzweck des großen Weltalls erreichen koͤnnen? und diese Mittel kann wirklich der Mensch in jeder Lage haben; dieß beweiset Erfahrung und Vernunft. Jch will Dich nur, Lieber! an unsere Jugend ein wenig erinnern, und Dir etwas von meinen individuellen Revolutionen erzaͤhlen; Du wirst bald einsehen, wie wahr ich geredet habe. Welch himmlisches Gefuͤhl durchstroͤmt mich; wenn ich in die goldenen Tage unser Jugend; unserer Kindheit zuruͤckschaue. Zuverlaͤßig, Bruder! sind dies die gluͤcklichsten Tage des Menschenalters. Wie schuld- und kummerlos wandelt man da die Gotteswelt dahin! Jeder Schritt ist mit Blumen gestreut, und jeder Weg ist uns ein Weg ins Paradies. So zufrieden, jedes Leidens ohnbewußt, und so eingeschraͤnkt fuͤr den gegenwaͤrtigen Hori-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/66
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/66>, abgerufen am 28.04.2024.