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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.

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Diese Unbedeutsamkeit, dieß Verlieren unter der Menge, war es vorzüglich, was ihm oft sein Daseyn verächtlich und lästig machte.


5. Noch etwas für das Ahndungsvermögen.

Je seltner glaubhafte Beispiele sind, daß Menschen Ahndungen oder gar Erscheinungen haben, die ihnen künftige Dinge vorher verkündigen, desto sorgfältiger sollte man alle Begebenheiten sammlen, welche einiges Licht über diese in unsern erleuchteten Zeiten -- noch sehr dunkle Materie verbreiten könnten. Die Nachwelt wird erst den Dienst erkennen und die Früchte einsammlen, welchen Jhr Journal dieser Aufklärung leistet. Jn dem finstern Mittelalter wurde jede unerklärbare Begebenheit für Zauberei und Bündniß mit dem Teufel gehalten, und mit Feuer und Schwerdt bestraft, niemand entdeckte also, was ihm begegnete; in unsern Tagen, da die Gewalt des Teufels sehr beschnitten worden ist, hält man dergleichen Ahndungen und Erscheinungen für Kinder einer schwärmerischen Phantasie, für Milzsucht, mit einem Wort, für Narrheit.

Beide Urtheile verrathen aber unsere Unwissenheit; die Moralität beider Urtheile gehört nicht


Diese Unbedeutsamkeit, dieß Verlieren unter der Menge, war es vorzuͤglich, was ihm oft sein Daseyn veraͤchtlich und laͤstig machte.


5. Noch etwas fuͤr das Ahndungsvermoͤgen.

Je seltner glaubhafte Beispiele sind, daß Menschen Ahndungen oder gar Erscheinungen haben, die ihnen kuͤnftige Dinge vorher verkuͤndigen, desto sorgfaͤltiger sollte man alle Begebenheiten sammlen, welche einiges Licht uͤber diese in unsern erleuchteten Zeiten — noch sehr dunkle Materie verbreiten koͤnnten. Die Nachwelt wird erst den Dienst erkennen und die Fruͤchte einsammlen, welchen Jhr Journal dieser Aufklaͤrung leistet. Jn dem finstern Mittelalter wurde jede unerklaͤrbare Begebenheit fuͤr Zauberei und Buͤndniß mit dem Teufel gehalten, und mit Feuer und Schwerdt bestraft, niemand entdeckte also, was ihm begegnete; in unsern Tagen, da die Gewalt des Teufels sehr beschnitten worden ist, haͤlt man dergleichen Ahndungen und Erscheinungen fuͤr Kinder einer schwaͤrmerischen Phantasie, fuͤr Milzsucht, mit einem Wort, fuͤr Narrheit.

Beide Urtheile verrathen aber unsere Unwissenheit; die Moralitaͤt beider Urtheile gehoͤrt nicht

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[80/0080] Diese Unbedeutsamkeit, dieß Verlieren unter der Menge, war es vorzuͤglich, was ihm oft sein Daseyn veraͤchtlich und laͤstig machte. 5. Noch etwas fuͤr das Ahndungsvermoͤgen. Je seltner glaubhafte Beispiele sind, daß Menschen Ahndungen oder gar Erscheinungen haben, die ihnen kuͤnftige Dinge vorher verkuͤndigen, desto sorgfaͤltiger sollte man alle Begebenheiten sammlen, welche einiges Licht uͤber diese in unsern erleuchteten Zeiten — noch sehr dunkle Materie verbreiten koͤnnten. Die Nachwelt wird erst den Dienst erkennen und die Fruͤchte einsammlen, welchen Jhr Journal dieser Aufklaͤrung leistet. Jn dem finstern Mittelalter wurde jede unerklaͤrbare Begebenheit fuͤr Zauberei und Buͤndniß mit dem Teufel gehalten, und mit Feuer und Schwerdt bestraft, niemand entdeckte also, was ihm begegnete; in unsern Tagen, da die Gewalt des Teufels sehr beschnitten worden ist, haͤlt man dergleichen Ahndungen und Erscheinungen fuͤr Kinder einer schwaͤrmerischen Phantasie, fuͤr Milzsucht, mit einem Wort, fuͤr Narrheit. Beide Urtheile verrathen aber unsere Unwissenheit; die Moralitaͤt beider Urtheile gehoͤrt nicht

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0402_1786/80>, abgerufen am 27.04.2024.