Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


aber in eben der Zeit breitete sich in meiner Seele ein unbeschreibliches und den Menschen unbekanntes süsses Gefühl aus, wovon ich ganz berauscht ward.

Diesen mächtigen Empfindungen folgte eine sehr vertrauliche und lange Unterredung zwischen Gott und mir, in welcher er mir, nachdem er mir die Gesetze des Alkorans dictirt hatte, ausdrücklich den Befehl gab, daß ich euch ermuntern sollte, durch Waffen, Blut und Gewalt, die heilige Religion zu vertheidigen, welche ich gegründet habe, und daß ihr glücklich gewesen wäret, sie kennen zu lernen.

Gott hörte hier zu reden auf, und ich dachte auf meinen Rückweg zur Erde, um meine Schüler zu heiligen. Jch fand den Engel Gabriel auf der Stelle, wo ich ihn gelassen hatte, und wir kamen durch die sieben Himmel zurück, wo wir bey jedem Schritt durch die Chöre und Begrüssungen himmlischer Geister, die mein Lob sangen, aufgehalten wurden.

Als ich nach Jerusalem zurück kam, zog sich die Luftleiter wieder in's Gewölbe des Himmels hinauf. Al-Borac erwartete mich, ich bestieg sie, es war noch Nacht und stockfinster. Al-Borac ließ mich von der Lufthöhe herab Armenien und Adherhijan sehen, und brachte mich in ihrem zweiten Fluge wieder hierher.

Als ich meinen Fuß wieder zur Erde sezte, wandte ich mich zum Gabriel. "Jch fürchte sehr,


aber in eben der Zeit breitete sich in meiner Seele ein unbeschreibliches und den Menschen unbekanntes suͤsses Gefuͤhl aus, wovon ich ganz berauscht ward.

Diesen maͤchtigen Empfindungen folgte eine sehr vertrauliche und lange Unterredung zwischen Gott und mir, in welcher er mir, nachdem er mir die Gesetze des Alkorans dictirt hatte, ausdruͤcklich den Befehl gab, daß ich euch ermuntern sollte, durch Waffen, Blut und Gewalt, die heilige Religion zu vertheidigen, welche ich gegruͤndet habe, und daß ihr gluͤcklich gewesen waͤret, sie kennen zu lernen.

Gott hoͤrte hier zu reden auf, und ich dachte auf meinen Ruͤckweg zur Erde, um meine Schuͤler zu heiligen. Jch fand den Engel Gabriel auf der Stelle, wo ich ihn gelassen hatte, und wir kamen durch die sieben Himmel zuruͤck, wo wir bey jedem Schritt durch die Choͤre und Begruͤssungen himmlischer Geister, die mein Lob sangen, aufgehalten wurden.

Als ich nach Jerusalem zuruͤck kam, zog sich die Luftleiter wieder in's Gewoͤlbe des Himmels hinauf. Al-Borac erwartete mich, ich bestieg sie, es war noch Nacht und stockfinster. Al-Borac ließ mich von der Lufthoͤhe herab Armenien und Adherhijan sehen, und brachte mich in ihrem zweiten Fluge wieder hierher.

Als ich meinen Fuß wieder zur Erde sezte, wandte ich mich zum Gabriel. »Jch fuͤrchte sehr,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0069" n="67"/><lb/>
aber                   in eben der Zeit breitete sich in meiner Seele ein unbeschreibliches und den                   Menschen unbekanntes su&#x0364;sses Gefu&#x0364;hl aus, wovon ich ganz berauscht ward.</p>
            <p>Diesen ma&#x0364;chtigen Empfindungen folgte eine sehr vertrauliche und lange Unterredung                   zwischen Gott und mir, in welcher er mir, nachdem er mir die Gesetze des Alkorans                   dictirt hatte, ausdru&#x0364;cklich den Befehl gab, daß ich euch ermuntern sollte, durch                   Waffen, Blut und Gewalt, die heilige Religion zu vertheidigen, welche ich                   gegru&#x0364;ndet habe, und daß ihr glu&#x0364;cklich gewesen wa&#x0364;ret, sie kennen zu lernen.</p>
            <p>Gott ho&#x0364;rte hier zu reden auf, und ich dachte auf meinen Ru&#x0364;ckweg zur Erde, um meine                   Schu&#x0364;ler zu heiligen. Jch fand den Engel Gabriel auf der Stelle, wo ich ihn                   gelassen hatte, und wir kamen durch die sieben Himmel zuru&#x0364;ck, wo wir bey jedem                   Schritt durch die Cho&#x0364;re und Begru&#x0364;ssungen himmlischer Geister, die mein Lob sangen,                   aufgehalten wurden.</p>
            <p>Als ich nach Jerusalem zuru&#x0364;ck kam, zog sich die Luftleiter wieder in's Gewo&#x0364;lbe des                   Himmels hinauf. <hi rendition="#b">Al-Borac</hi> erwartete mich, ich bestieg sie,                   es war noch Nacht und stockfinster. Al-Borac ließ mich von der Luftho&#x0364;he herab                   Armenien und Adherhijan sehen, und brachte mich in ihrem zweiten Fluge wieder                   hierher.</p>
            <p>Als ich meinen Fuß wieder zur Erde sezte, wandte ich mich zum Gabriel. »Jch                   fu&#x0364;rchte sehr,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0069] aber in eben der Zeit breitete sich in meiner Seele ein unbeschreibliches und den Menschen unbekanntes suͤsses Gefuͤhl aus, wovon ich ganz berauscht ward. Diesen maͤchtigen Empfindungen folgte eine sehr vertrauliche und lange Unterredung zwischen Gott und mir, in welcher er mir, nachdem er mir die Gesetze des Alkorans dictirt hatte, ausdruͤcklich den Befehl gab, daß ich euch ermuntern sollte, durch Waffen, Blut und Gewalt, die heilige Religion zu vertheidigen, welche ich gegruͤndet habe, und daß ihr gluͤcklich gewesen waͤret, sie kennen zu lernen. Gott hoͤrte hier zu reden auf, und ich dachte auf meinen Ruͤckweg zur Erde, um meine Schuͤler zu heiligen. Jch fand den Engel Gabriel auf der Stelle, wo ich ihn gelassen hatte, und wir kamen durch die sieben Himmel zuruͤck, wo wir bey jedem Schritt durch die Choͤre und Begruͤssungen himmlischer Geister, die mein Lob sangen, aufgehalten wurden. Als ich nach Jerusalem zuruͤck kam, zog sich die Luftleiter wieder in's Gewoͤlbe des Himmels hinauf. Al-Borac erwartete mich, ich bestieg sie, es war noch Nacht und stockfinster. Al-Borac ließ mich von der Lufthoͤhe herab Armenien und Adherhijan sehen, und brachte mich in ihrem zweiten Fluge wieder hierher. Als ich meinen Fuß wieder zur Erde sezte, wandte ich mich zum Gabriel. »Jch fuͤrchte sehr,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/69
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/69>, abgerufen am 07.10.2024.