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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

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sprechen werde, die Grundkraft der Seele angegeben haben, sondern bloß die Generalkraft.

Der zweite Theil handelt von dem Vorstellungsvermögen oder der Vorstellungskraft überhaupt.

§. I. Vorstellung nennen wir nicht eine Veränderung des Gemüthes überhaupt, sondern nur dasjenige, wovon ein Bewußtseyn möglich ist, d.h. die ich auf ein (vorstellendes) Subjekt, und auf ein (vorgestelltes) Objekt beziehen kann.
§. VII. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht das Bewußtseyn aus. Das, was bezogen wird, ist die Vorstellung.
§. VIII. Es giebt also in dieser Bedeutung keine Vorstellung ohne Bewußtseyn u.s.w.

Jch bemerke aber, daß die Erklärung des Bewußtseyns offenbar zu enge ist. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht nicht ein einziges, sondern fünfterlei Bewußtseyn aus; Bewußtseyn vom Subjekte, Bewußtseyn vom Objekte, Bewußtseyn von der Vorstellung, Bewußtseyn von dem Beziehen dieser dreien auf einander überhaupt, und Bewußtseyn von der besondern Art des Beziehens, oder Bezogenwerdens, einer jeden dieser dreien. Diese sind verschiedene


sprechen werde, die Grundkraft der Seele angegeben haben, sondern bloß die Generalkraft.

Der zweite Theil handelt von dem Vorstellungsvermoͤgen oder der Vorstellungskraft uͤberhaupt.

§. I. Vorstellung nennen wir nicht eine Veraͤnderung des Gemuͤthes uͤberhaupt, sondern nur dasjenige, wovon ein Bewußtseyn moͤglich ist, d.h. die ich auf ein (vorstellendes) Subjekt, und auf ein (vorgestelltes) Objekt beziehen kann.
§. VII. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht das Bewußtseyn aus. Das, was bezogen wird, ist die Vorstellung.
§. VIII. Es giebt also in dieser Bedeutung keine Vorstellung ohne Bewußtseyn u.s.w.

Jch bemerke aber, daß die Erklaͤrung des Bewußtseyns offenbar zu enge ist. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht nicht ein einziges, sondern fuͤnfterlei Bewußtseyn aus; Bewußtseyn vom Subjekte, Bewußtseyn vom Objekte, Bewußtseyn von der Vorstellung, Bewußtseyn von dem Beziehen dieser dreien auf einander uͤberhaupt, und Bewußtseyn von der besondern Art des Beziehens, oder Bezogenwerdens, einer jeden dieser dreien. Diese sind verschiedene

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[8/0008] sprechen werde, die Grundkraft der Seele angegeben haben, sondern bloß die Generalkraft. Der zweite Theil handelt von dem Vorstellungsvermoͤgen oder der Vorstellungskraft uͤberhaupt. §. I. Vorstellung nennen wir nicht eine Veraͤnderung des Gemuͤthes uͤberhaupt, sondern nur dasjenige, wovon ein Bewußtseyn moͤglich ist, d.h. die ich auf ein (vorstellendes) Subjekt, und auf ein (vorgestelltes) Objekt beziehen kann. §. VII. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht das Bewußtseyn aus. Das, was bezogen wird, ist die Vorstellung. §. VIII. Es giebt also in dieser Bedeutung keine Vorstellung ohne Bewußtseyn u.s.w. Jch bemerke aber, daß die Erklaͤrung des Bewußtseyns offenbar zu enge ist. Das wirkliche Beziehen oder Bezogenwerden einer Vorstellung auf ihr Objekt und Subjekt, macht nicht ein einziges, sondern fuͤnfterlei Bewußtseyn aus; Bewußtseyn vom Subjekte, Bewußtseyn vom Objekte, Bewußtseyn von der Vorstellung, Bewußtseyn von dem Beziehen dieser dreien auf einander uͤberhaupt, und Bewußtseyn von der besondern Art des Beziehens, oder Bezogenwerdens, einer jeden dieser dreien. Diese sind verschiedene

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/8>, abgerufen am 29.03.2024.