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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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freylich eine ganz andre Art von Freude, als
vorher die Guionschen Trostlieder, gewährte.

Allein auch jene schwermuthsvolle thränen¬
reiche Freude behielt immer etwas Anziehendes
für ihn, und er überließ sich ihr, indem er die
Guionschen Lieder las, so oft ihm ein Wunsch
fehlgeschlagen war, oder ihm etwas trauriges
bevorstand, als wenn er z. B. vorher wußte,
daß sein Fuß verbunden, und die Wunde mit
Höllenstein bestrichen werden sollte.

Das zweyte Buch, was ihn sein Vater nebst
den Guionschen Liedern lesen ließ, war eine
Anweisung zum innern Gebet von eben die¬
ser Verfasserin.

Hierin ward gezeigt, wie man nach und nach
dahin kommen könne, sich im eigentlichen Ver¬
stande mit Gott zu unterreden, und seine Stim¬
me im Herzen, oder das eigentliche innre Wort,
deutlich zu vernehmen; indem man sich nehmlich
zuerst so viel wie möglich von den Sinnen loß
zu machen, und sich mit sich selbst und seinen
eignen Gedanken zu beschäftigen suchte, oder
meditiren lernte, welches aber auch erst aufhö¬
ren, und man sich selbst sogar erst vergessen

freylich eine ganz andre Art von Freude, als
vorher die Guionſchen Troſtlieder, gewaͤhrte.

Allein auch jene ſchwermuthsvolle thraͤnen¬
reiche Freude behielt immer etwas Anziehendes
fuͤr ihn, und er uͤberließ ſich ihr, indem er die
Guionſchen Lieder las, ſo oft ihm ein Wunſch
fehlgeſchlagen war, oder ihm etwas trauriges
bevorſtand, als wenn er z. B. vorher wußte,
daß ſein Fuß verbunden, und die Wunde mit
Hoͤllenſtein beſtrichen werden ſollte.

Das zweyte Buch, was ihn ſein Vater nebſt
den Guionſchen Liedern leſen ließ, war eine
Anweiſung zum innern Gebet von eben die¬
ſer Verfaſſerin.

Hierin ward gezeigt, wie man nach und nach
dahin kommen koͤnne, ſich im eigentlichen Ver¬
ſtande mit Gott zu unterreden, und ſeine Stim¬
me im Herzen, oder das eigentliche innre Wort,
deutlich zu vernehmen; indem man ſich nehmlich
zuerſt ſo viel wie moͤglich von den Sinnen loß
zu machen, und ſich mit ſich ſelbſt und ſeinen
eignen Gedanken zu beſchaͤftigen ſuchte, oder
meditiren lernte, welches aber auch erſt aufhoͤ¬
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[26/0036] freylich eine ganz andre Art von Freude, als vorher die Guionſchen Troſtlieder, gewaͤhrte. Allein auch jene ſchwermuthsvolle thraͤnen¬ reiche Freude behielt immer etwas Anziehendes fuͤr ihn, und er uͤberließ ſich ihr, indem er die Guionſchen Lieder las, ſo oft ihm ein Wunſch fehlgeſchlagen war, oder ihm etwas trauriges bevorſtand, als wenn er z. B. vorher wußte, daß ſein Fuß verbunden, und die Wunde mit Hoͤllenſtein beſtrichen werden ſollte. Das zweyte Buch, was ihn ſein Vater nebſt den Guionſchen Liedern leſen ließ, war eine Anweiſung zum innern Gebet von eben die¬ ſer Verfaſſerin. Hierin ward gezeigt, wie man nach und nach dahin kommen koͤnne, ſich im eigentlichen Ver¬ ſtande mit Gott zu unterreden, und ſeine Stim¬ me im Herzen, oder das eigentliche innre Wort, deutlich zu vernehmen; indem man ſich nehmlich zuerſt ſo viel wie moͤglich von den Sinnen loß zu machen, und ſich mit ſich ſelbſt und ſeinen eignen Gedanken zu beſchaͤftigen ſuchte, oder meditiren lernte, welches aber auch erſt aufhoͤ¬ ren, und man ſich ſelbſt ſogar erſt vergeſſen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/36>, abgerufen am 04.10.2024.