Eben so ging es ihm mit seiner Vorstellung von Gott, wenn er sich denselben, als das höch¬ ste Wesen, denken wollte.
Er saß einmal in der Dämmerung an einem trüben Abend allein vor seiner Hausthüre, und dachte hierüber nach, indem er oft gen Himmel blickte, und dann wieder die Erde ansahe, und bemerkte, wie sie selbst gegen den trüben Him¬ mel so schwarz und dunkel war.
Ueber den Himmel dachte er sich Gott, aber jeder, auch der höchste Gott, den sich seine Ge¬ danken schufen, war ihm zu klein, und mußte immer wieder noch einen höhern über sich haben, gegen den er ganz verschwand, und das so ins Unendliche fort.
Doch hatte er hierüber nie etwas gelesen noch gehört. Was am sonderbarsten war, so gerieth er durch sein beständiges Nachdenken und in sich gekehrt seyn, sogar auf den Egoismus, der ihn beinahe hätte verrückt machen können.
Weil nämlich seine Träume größtentheils sehr lebhaft waren, und beinahe an die Wirklich¬ keit zu grenzen schienen; so fiel es ihm ein, daß er auch wohl am hellen Tage träume, und die
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Eben ſo ging es ihm mit ſeiner Vorſtellung von Gott, wenn er ſich denſelben, als das hoͤch¬ ſte Weſen, denken wollte.
Er ſaß einmal in der Daͤmmerung an einem truͤben Abend allein vor ſeiner Hausthuͤre, und dachte hieruͤber nach, indem er oft gen Himmel blickte, und dann wieder die Erde anſahe, und bemerkte, wie ſie ſelbſt gegen den truͤben Him¬ mel ſo ſchwarz und dunkel war.
Ueber den Himmel dachte er ſich Gott, aber jeder, auch der hoͤchſte Gott, den ſich ſeine Ge¬ danken ſchufen, war ihm zu klein, und mußte immer wieder noch einen hoͤhern uͤber ſich haben, gegen den er ganz verſchwand, und das ſo ins Unendliche fort.
Doch hatte er hieruͤber nie etwas geleſen noch gehoͤrt. Was am ſonderbarſten war, ſo gerieth er durch ſein beſtaͤndiges Nachdenken und in ſich gekehrt ſeyn, ſogar auf den Egoismus, der ihn beinahe haͤtte verruͤckt machen koͤnnen.
Weil naͤmlich ſeine Traͤume groͤßtentheils ſehr lebhaft waren, und beinahe an die Wirklich¬ keit zu grenzen ſchienen; ſo fiel es ihm ein, daß er auch wohl am hellen Tage traͤume, und die
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Eben ſo ging es ihm mit ſeiner Vorſtellung
von Gott, wenn er ſich denſelben, als das hoͤch¬
ſte Weſen, denken wollte.
Er ſaß einmal in der Daͤmmerung an einem
truͤben Abend allein vor ſeiner Hausthuͤre, und
dachte hieruͤber nach, indem er oft gen Himmel
blickte, und dann wieder die Erde anſahe, und
bemerkte, wie ſie ſelbſt gegen den truͤben Him¬
mel ſo ſchwarz und dunkel war.
Ueber den Himmel dachte er ſich Gott, aber
jeder, auch der hoͤchſte Gott, den ſich ſeine Ge¬
danken ſchufen, war ihm zu klein, und mußte
immer wieder noch einen hoͤhern uͤber ſich haben,
gegen den er ganz verſchwand, und das ſo ins
Unendliche fort.
Doch hatte er hieruͤber nie etwas geleſen
noch gehoͤrt. Was am ſonderbarſten war, ſo
gerieth er durch ſein beſtaͤndiges Nachdenken und
in ſich gekehrt ſeyn, ſogar auf den Egoismus,
der ihn beinahe haͤtte verruͤckt machen koͤnnen.
Weil naͤmlich ſeine Traͤume groͤßtentheils
ſehr lebhaft waren, und beinahe an die Wirklich¬
keit zu grenzen ſchienen; ſo fiel es ihm ein, daß
er auch wohl am hellen Tage traͤume, und die
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/63>, abgerufen am 10.02.2025.
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