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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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an den französischen Minister wenden würden.
Darüber blieben alle Geschäfte liegen; die Gros-
sen rotteten sich zusammen, und liessen dem
König sagen, dass alles zu befürchten sey, wenn
der König nicht, und zwar allein sein Despa-
cho
halten wollte. Da sich nun Philipp dazu
gezwungen sah, liess er den Cabinets- oder Des-
pacho-Secretair, Marquis von Rivas zu sich
kommen, und sagte ihm: "Meine wenige Er-
"fahrung und Jugend erlauben mir nicht, zu
"hoffen, dass ich keine Fehler machen werde.
"Jch halte Euch für einen ehrlichen Mann,
"sonst würde ich mich wohl gehütet haben,
"Euch zu dieser Stelle zu nehmen; ich erkläre
"Euch aber zugleich, dass, wenn Ihr mich in
"der geringsten Sache betrügt, Ihr mit Eurem
"Kopf dafür haften müsst". Der Secretair stand
vor Erstaunen über diese Sprache wie verstei-
nert da, und von dieser Stunde an verbreitete
er das Gerüchte: Dass in dem jungen Monar-
chen ein fester Mann verborgen sey *). Die
junge Königin war über diesen Entschluss so
erfreut, dass sie ausrief: Nun endlich haben wir
einen König, der selbst regiert; er hat auch

*) Memoir. de Noailles, T. III. p. II.

an den französischen Minister wenden würden.
Darüber blieben alle Geschäfte liegen; die Gros-
sen rotteten sich zusammen, und liessen dem
König sagen, daſs alles zu befürchten sey, wenn
der König nicht, und zwar allein sein Despa-
cho
halten wollte. Da sich nun Philipp dazu
gezwungen sah, lieſs er den Cabinets- oder Des-
pacho-Secretair, Marquis von Rivas zu sich
kommen, und sagte ihm: „Meine wenige Er-
„fahrung und Jugend erlauben mir nicht, zu
„hoffen, daſs ich keine Fehler machen werde.
„Jch halte Euch für einen ehrlichen Mann,
„sonst würde ich mich wohl gehütet haben,
„Euch zu dieser Stelle zu nehmen; ich erkläre
„Euch aber zugleich, daſs, wenn Ihr mich in
„der geringsten Sache betrügt, Ihr mit Eurem
„Kopf dafür haften müſst„. Der Secretair stand
vor Erstaunen über diese Sprache wie verstei-
nert da, und von dieser Stunde an verbreitete
er das Gerüchte: Daſs in dem jungen Monar-
chen ein fester Mann verborgen sey *). Die
junge Königin war über diesen Entschluſs so
erfreut, daſs sie ausrief: Nun endlich haben wir
einen König, der selbst regiert; er hat auch

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[18/0024] an den französischen Minister wenden würden. Darüber blieben alle Geschäfte liegen; die Gros- sen rotteten sich zusammen, und liessen dem König sagen, daſs alles zu befürchten sey, wenn der König nicht, und zwar allein sein Despa- cho halten wollte. Da sich nun Philipp dazu gezwungen sah, lieſs er den Cabinets- oder Des- pacho-Secretair, Marquis von Rivas zu sich kommen, und sagte ihm: „Meine wenige Er- „fahrung und Jugend erlauben mir nicht, zu „hoffen, daſs ich keine Fehler machen werde. „Jch halte Euch für einen ehrlichen Mann, „sonst würde ich mich wohl gehütet haben, „Euch zu dieser Stelle zu nehmen; ich erkläre „Euch aber zugleich, daſs, wenn Ihr mich in „der geringsten Sache betrügt, Ihr mit Eurem „Kopf dafür haften müſst„. Der Secretair stand vor Erstaunen über diese Sprache wie verstei- nert da, und von dieser Stunde an verbreitete er das Gerüchte: Daſs in dem jungen Monar- chen ein fester Mann verborgen sey *). Die junge Königin war über diesen Entschluſs so erfreut, daſs sie ausrief: Nun endlich haben wir einen König, der selbst regiert; er hat auch *) Memoir. de Noailles, T. III. p. II.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/24>, abgerufen am 24.04.2024.