Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Er konte nun mit Recht der Künste Meister heissen;
Nur weil das Rechen fehlt/ so setzt er weiter an/
Denckt wie man die Gefäll im Bier beschneiden kan/
Läßt ihm nicht aus dem Maul den guten Bissen reissen.
Er zieht den Haußtrunck ab/ zwölff Achtel mit darbey/
Wer sagt/ daß Lächel nicht ein Fintenmacher sey?
Sein Sinn kan niemals ruhn/ wie nie die Sonne stehet/
Er geht in Helicon und lernt der Redner macht/
Der Kopff der ist geschickt/ und eh man es gedacht/
Triffts/ daß er bey der Leich als Trauer-Redner gehet/
Klagt des Trompeters Tod/ erklärt die Sterblichkeit/
Und daß die Menschen sind ein Gauckelspiel der Zeit.
So hat Demofthenes nicht zu Athen geblitzet/
Der Cicero brach nie in solchen Donner loß.
Hierdurch wuchs Lächels Muth und wurde doppelt groß/
Daß ietzt der Pindus sich auff seine Schultern stützet/
Und diesen göldnen Mund ein jeder gerne hört/
Bevor wenn er so klug vom Frauenzimmer lehrt.
Es schweige Seneca/ und Plato müsse weichen/
Des Brandteweins Natur hat keiner so gewust/
Er weiß was eigendlich dient der Beträngten Brust/
Und kan den Aquavit aufs köstlichste raus streichen/
So daß man ihn mit Recht der Weisheit Schirm doch
Und vor den Socrates in unserm Land erkennt. (nennt/
Kan auch ein Federkiel jetzt seinen Stand beschreiben/
Wenn Ungarn ihm den Wein aus vollem Kruge schenckt;
Wenn er sein Helden-Schwerdt dort an den Nagel henckt/
Und kan mit Rauch und Schmauch die lange Zeit vertreiben?
Wenn jetzt das Kartenspiel ihm viel Ducaten bringt/
Wenn Lächel halb berauscht schmertzhaffte Lieder singt.
Mag auch wol sein Gelück noch einen Zusatz leiden:
Nein/ die Vollkommenheit die stellt sich selbsten dar/
Wir wünschen weiter nichts/ als daß er lange Jahr.
Entnommen aller Angst leb in verlangten Freuden/
Und offt wie nechst geschehn so edle Reden hält/
Daß den Patricibus sein gantzen Thun gefällt.
Er müsse diesen Tag den Niel der Gläser trincken/
Weil der Verdienste Preiß ihn längst unsterblich macht.
Er finde Lust am Tag und Liebe bey der Nacht/
Biß daß in tieffen Schlaff die müden Augen sincken.
Mehr Worte sind zu viel/ denn Lächel denckt an Wein/
Und wil bey Speisen mehr als Reimen lustig seyn.
An
Vermiſchte Gedichte.
Er konte nun mit Recht der Kuͤnſte Meiſter heiſſen;
Nur weil das Rechen fehlt/ ſo ſetzt er weiter an/
Denckt wie man die Gefaͤll im Bier beſchneiden kan/
Laͤßt ihm nicht aus dem Maul den guten Biſſen reiſſen.
Er zieht den Haußtrunck ab/ zwoͤlff Achtel mit darbey/
Wer ſagt/ daß Laͤchel nicht ein Fintenmacher ſey?
Sein Sinn kan niemals ruhn/ wie nie die Sonne ſtehet/
Er geht in Helicon und lernt der Redner macht/
Der Kopff der iſt geſchickt/ und eh man es gedacht/
Triffts/ daß er bey der Leich als Trauer-Redner gehet/
Klagt des Trompeters Tod/ erklaͤrt die Sterblichkeit/
Und daß die Menſchen ſind ein Gauckelſpiel der Zeit.
So hat Demofthenes nicht zu Athen geblitzet/
Der Cicero brach nie in ſolchen Donner loß.
Hierdurch wuchs Laͤchels Muth und wurde doppelt groß/
Daß ietzt der Pindus ſich auff ſeine Schultern ſtuͤtzet/
Und dieſen goͤldnen Mund ein jeder gerne hoͤrt/
Bevor wenn er ſo klug vom Frauenzimmer lehrt.
Es ſchweige Seneca/ und Plato muͤſſe weichen/
Des Brandteweins Natur hat keiner ſo gewuſt/
Er weiß was eigendlich dient der Betraͤngten Bruſt/
Und kan den Aquavit aufs koͤſtlichſte raus ſtreichen/
So daß man ihn mit Recht der Weisheit Schirm doch
Und vor den Socrates in unſerm Land erkennt. (nennt/
Kan auch ein Federkiel jetzt ſeinen Stand beſchreiben/
Wenn Ungarn ihm den Wein aus vollem Kruge ſchenckt;
Wenn er ſein Helden-Schwerdt dort an den Nagel henckt/
Und kan mit Rauch und Schmauch die lange Zeit vertreiben?
Wenn jetzt das Kartenſpiel ihm viel Ducaten bringt/
Wenn Laͤchel halb berauſcht ſchmertzhaffte Lieder ſingt.
Mag auch wol ſein Geluͤck noch einen Zuſatz leiden:
Nein/ die Vollkommenheit die ſtellt ſich ſelbſten dar/
Wir wuͤnſchen weiter nichts/ als daß er lange Jahr.
Entnommen aller Angſt leb in verlangten Freuden/
Und offt wie nechſt geſchehn ſo edle Reden haͤlt/
Daß den Patricibus ſein gantzen Thun gefaͤllt.
Er muͤſſe dieſen Tag den Niel der Glaͤſer trincken/
Weil der Verdienſte Preiß ihn laͤngſt unſterblich macht.
Er finde Luſt am Tag und Liebe bey der Nacht/
Biß daß in tieffen Schlaff die muͤden Augen ſincken.
Mehr Worte ſind zu viel/ deñ Laͤchel denckt an Wein/
Und wil bey Speiſen mehr als Reimen luſtig ſeyn.
An
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0727" n="31"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Er konte nun mit Recht der Ku&#x0364;n&#x017F;te Mei&#x017F;ter hei&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
          <l>Nur weil das Rechen fehlt/ &#x017F;o &#x017F;etzt er weiter an/</l><lb/>
          <l>Denckt wie man die Gefa&#x0364;ll im Bier be&#x017F;chneiden kan/</l><lb/>
          <l>La&#x0364;ßt ihm nicht aus dem Maul den guten Bi&#x017F;&#x017F;en rei&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Er zieht den Haußtrunck ab/ zwo&#x0364;lff Achtel mit darbey/</l><lb/>
          <l>Wer &#x017F;agt/ daß <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> nicht ein Fintenmacher &#x017F;ey?</l><lb/>
          <l>Sein Sinn kan niemals ruhn/ wie nie die Sonne &#x017F;tehet/</l><lb/>
          <l>Er geht in Helicon und lernt der Redner macht/</l><lb/>
          <l>Der Kopff der i&#x017F;t ge&#x017F;chickt/ und eh man es gedacht/</l><lb/>
          <l>Triffts/ daß er bey der Leich als Trauer-Redner gehet/</l><lb/>
          <l>Klagt des Trompeters Tod/ erkla&#x0364;rt die Sterblichkeit/</l><lb/>
          <l>Und daß die Men&#x017F;chen &#x017F;ind ein Gauckel&#x017F;piel der Zeit.</l><lb/>
          <l>So hat <hi rendition="#aq">Demofthenes</hi> nicht zu Athen geblitzet/</l><lb/>
          <l>Der Cicero brach nie in &#x017F;olchen Donner loß.</l><lb/>
          <l>Hierdurch wuchs <hi rendition="#fr">La&#x0364;chels</hi> Muth und wurde doppelt groß/</l><lb/>
          <l>Daß ietzt der Pindus &#x017F;ich auff &#x017F;eine Schultern &#x017F;tu&#x0364;tzet/</l><lb/>
          <l>Und die&#x017F;en go&#x0364;ldnen Mund ein jeder gerne ho&#x0364;rt/</l><lb/>
          <l>Bevor wenn er &#x017F;o klug vom Frauenzimmer lehrt.</l><lb/>
          <l>Es &#x017F;chweige Seneca/ und Plato mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e weichen/</l><lb/>
          <l>Des Brandteweins Natur hat keiner &#x017F;o gewu&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Er weiß was eigendlich dient der Betra&#x0364;ngten Bru&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Und kan den Aquavit aufs ko&#x0364;&#x017F;tlich&#x017F;te raus &#x017F;treichen/</l><lb/>
          <l>So daß man ihn mit Recht der Weisheit Schirm doch</l><lb/>
          <l>Und vor den Socrates in un&#x017F;erm Land erkennt. (nennt/</l><lb/>
          <l>Kan auch ein Federkiel jetzt &#x017F;einen Stand be&#x017F;chreiben/</l><lb/>
          <l>Wenn Ungarn ihm den Wein aus vollem Kruge &#x017F;chenckt;</l><lb/>
          <l>Wenn er &#x017F;ein Helden-Schwerdt dort an den Nagel henckt/</l><lb/>
          <l>Und kan mit Rauch und Schmauch die lange Zeit vertreiben?</l><lb/>
          <l>Wenn jetzt das Karten&#x017F;piel ihm viel Ducaten bringt/</l><lb/>
          <l>Wenn <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> halb berau&#x017F;cht &#x017F;chmertzhaffte Lieder &#x017F;ingt.</l><lb/>
          <l>Mag auch wol &#x017F;ein Gelu&#x0364;ck noch einen Zu&#x017F;atz leiden:</l><lb/>
          <l>Nein/ die Vollkommenheit die &#x017F;tellt &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten dar/</l><lb/>
          <l>Wir wu&#x0364;n&#x017F;chen weiter nichts/ als daß er lange Jahr.</l><lb/>
          <l>Entnommen aller Ang&#x017F;t leb in verlangten Freuden/</l><lb/>
          <l>Und offt wie nech&#x017F;t ge&#x017F;chehn &#x017F;o edle Reden ha&#x0364;lt/</l><lb/>
          <l>Daß den <hi rendition="#aq">Patricibus</hi> &#x017F;ein gantzen Thun gefa&#x0364;llt.</l><lb/>
          <l>Er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;en Tag den Niel der Gla&#x0364;&#x017F;er trincken/</l><lb/>
          <l>Weil der Verdien&#x017F;te Preiß ihn la&#x0364;ng&#x017F;t un&#x017F;terblich macht.</l><lb/>
          <l>Er finde Lu&#x017F;t am Tag und Liebe bey der Nacht/</l><lb/>
          <l>Biß daß in tieffen Schlaff die mu&#x0364;den Augen &#x017F;incken.</l><lb/>
          <l>Mehr Worte &#x017F;ind zu viel/ deñ <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> denckt an Wein/</l><lb/>
          <l>Und wil bey Spei&#x017F;en mehr als Reimen lu&#x017F;tig &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">An</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0727] Vermiſchte Gedichte. Er konte nun mit Recht der Kuͤnſte Meiſter heiſſen; Nur weil das Rechen fehlt/ ſo ſetzt er weiter an/ Denckt wie man die Gefaͤll im Bier beſchneiden kan/ Laͤßt ihm nicht aus dem Maul den guten Biſſen reiſſen. Er zieht den Haußtrunck ab/ zwoͤlff Achtel mit darbey/ Wer ſagt/ daß Laͤchel nicht ein Fintenmacher ſey? Sein Sinn kan niemals ruhn/ wie nie die Sonne ſtehet/ Er geht in Helicon und lernt der Redner macht/ Der Kopff der iſt geſchickt/ und eh man es gedacht/ Triffts/ daß er bey der Leich als Trauer-Redner gehet/ Klagt des Trompeters Tod/ erklaͤrt die Sterblichkeit/ Und daß die Menſchen ſind ein Gauckelſpiel der Zeit. So hat Demofthenes nicht zu Athen geblitzet/ Der Cicero brach nie in ſolchen Donner loß. Hierdurch wuchs Laͤchels Muth und wurde doppelt groß/ Daß ietzt der Pindus ſich auff ſeine Schultern ſtuͤtzet/ Und dieſen goͤldnen Mund ein jeder gerne hoͤrt/ Bevor wenn er ſo klug vom Frauenzimmer lehrt. Es ſchweige Seneca/ und Plato muͤſſe weichen/ Des Brandteweins Natur hat keiner ſo gewuſt/ Er weiß was eigendlich dient der Betraͤngten Bruſt/ Und kan den Aquavit aufs koͤſtlichſte raus ſtreichen/ So daß man ihn mit Recht der Weisheit Schirm doch Und vor den Socrates in unſerm Land erkennt. (nennt/ Kan auch ein Federkiel jetzt ſeinen Stand beſchreiben/ Wenn Ungarn ihm den Wein aus vollem Kruge ſchenckt; Wenn er ſein Helden-Schwerdt dort an den Nagel henckt/ Und kan mit Rauch und Schmauch die lange Zeit vertreiben? Wenn jetzt das Kartenſpiel ihm viel Ducaten bringt/ Wenn Laͤchel halb berauſcht ſchmertzhaffte Lieder ſingt. Mag auch wol ſein Geluͤck noch einen Zuſatz leiden: Nein/ die Vollkommenheit die ſtellt ſich ſelbſten dar/ Wir wuͤnſchen weiter nichts/ als daß er lange Jahr. Entnommen aller Angſt leb in verlangten Freuden/ Und offt wie nechſt geſchehn ſo edle Reden haͤlt/ Daß den Patricibus ſein gantzen Thun gefaͤllt. Er muͤſſe dieſen Tag den Niel der Glaͤſer trincken/ Weil der Verdienſte Preiß ihn laͤngſt unſterblich macht. Er finde Luſt am Tag und Liebe bey der Nacht/ Biß daß in tieffen Schlaff die muͤden Augen ſincken. Mehr Worte ſind zu viel/ deñ Laͤchel denckt an Wein/ Und wil bey Speiſen mehr als Reimen luſtig ſeyn. An

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/727
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/727>, abgerufen am 29.03.2024.