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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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möchten sich an Gelehrsamkeit und Kunde
aller Gesetze und Verfassungen diesem Buche
an die Seite stellen lassen. Welche Wirkung
die verschiedenen politischen Anordnungen auf
das Wohl der Völker haben, ist mit Scharf-
sinn und Treue dargestellt, der Mechanismus
der Regierungsformen mit seltener Klarheit
und bis in die kleinsten Triebfedern entwickelt,
die entlegensten Erscheinungen sind mit außer-
ordentlicher Kunst parallelisirt, und die zartesten
Eigenheiten aller politischen Veranstaltungen
aufgef[a]ßt; der Blüthenstaub, möchte ich sagen,
aller Gesetze ist gesammelt, und zu einem
politischen Honig gemischt und präparirt, der
manchen Staatsmann verführt und allen seinen
unmittelbaren, näheren Erfahrungen abwendig
gemacht haben mag: aber der Grundgedanke
von dem überwiegenden Einflusse der Gesetze
ist falsch, gehört der Zeit an, und vernichtet
die Ansprüche auf ewige Dauer, welche die
kolossale Arbeit in so vielen andern Rücksichten
verdienen möchte.

Die Staatengeschichte kann freilich darge-

moͤchten ſich an Gelehrſamkeit und Kunde
aller Geſetze und Verfaſſungen dieſem Buche
an die Seite ſtellen laſſen. Welche Wirkung
die verſchiedenen politiſchen Anordnungen auf
das Wohl der Voͤlker haben, iſt mit Scharf-
ſinn und Treue dargeſtellt, der Mechanismus
der Regierungsformen mit ſeltener Klarheit
und bis in die kleinſten Triebfedern entwickelt,
die entlegenſten Erſcheinungen ſind mit außer-
ordentlicher Kunſt paralleliſirt, und die zarteſten
Eigenheiten aller politiſchen Veranſtaltungen
aufgef[a]ßt; der Bluͤthenſtaub, moͤchte ich ſagen,
aller Geſetze iſt geſammelt, und zu einem
politiſchen Honig gemiſcht und praͤparirt, der
manchen Staatsmann verfuͤhrt und allen ſeinen
unmittelbaren, naͤheren Erfahrungen abwendig
gemacht haben mag: aber der Grundgedanke
von dem uͤberwiegenden Einfluſſe der Geſetze
iſt falſch, gehoͤrt der Zeit an, und vernichtet
die Anſpruͤche auf ewige Dauer, welche die
koloſſale Arbeit in ſo vielen andern Ruͤckſichten
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[IX/0015] moͤchten ſich an Gelehrſamkeit und Kunde aller Geſetze und Verfaſſungen dieſem Buche an die Seite ſtellen laſſen. Welche Wirkung die verſchiedenen politiſchen Anordnungen auf das Wohl der Voͤlker haben, iſt mit Scharf- ſinn und Treue dargeſtellt, der Mechanismus der Regierungsformen mit ſeltener Klarheit und bis in die kleinſten Triebfedern entwickelt, die entlegenſten Erſcheinungen ſind mit außer- ordentlicher Kunſt paralleliſirt, und die zarteſten Eigenheiten aller politiſchen Veranſtaltungen aufgefaßt; der Bluͤthenſtaub, moͤchte ich ſagen, aller Geſetze iſt geſammelt, und zu einem politiſchen Honig gemiſcht und praͤparirt, der manchen Staatsmann verfuͤhrt und allen ſeinen unmittelbaren, naͤheren Erfahrungen abwendig gemacht haben mag: aber der Grundgedanke von dem uͤberwiegenden Einfluſſe der Geſetze iſt falſch, gehoͤrt der Zeit an, und vernichtet die Anſpruͤche auf ewige Dauer, welche die koloſſale Arbeit in ſo vielen andern Ruͤckſichten verdienen moͤchte. Die Staatengeſchichte kann freilich darge-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/15>, abgerufen am 28.03.2024.