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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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werk der größten weltlichen That, von der
die Geschichte erzählt, wird bis zur Durch-
sichtigkeit klar: die Wirkungen von der tau-
sendjährigen Consequenz eines einzigen Volkes
liegen deutlich vor uns.

Nur eine einzige große Frage, die im
Gemüthe des wahren Lesers nicht verstummen
will, wird nicht beantwortet: den Willen der
Weltherrschaft, und die Gesetze, welche diesen
Willen bethätigen sollen, nimmt Montesquieu
als Data an; also frage ich: wie! aus dem
Schooße eines Geschlechtes, welches die Frei-
heit Aller will (und wollen muß, in so fern
es überhaupt lebt), konnte der Wille, Alle
zu unterdrücken, hervorgehen und sich auch
durch tausend Jahre behaupten gegen die
nothwendige Reaction der übrigen Völker?
Warum war diese Reaction, der ein ewiges
Naturgesetz zum Grunde lag, durch so viele
Jahrhunderte hindurch so ohnmächtig gegen
den eisernen Willen Roms? Wenn man die
Weltgeschichte im Ganzen, d. h. wie ich
in meinen Vorlesungen hinlänglich gezeigt

werk der groͤßten weltlichen That, von der
die Geſchichte erzaͤhlt, wird bis zur Durch-
ſichtigkeit klar: die Wirkungen von der tau-
ſendjaͤhrigen Conſequenz eines einzigen Volkes
liegen deutlich vor uns.

Nur eine einzige große Frage, die im
Gemuͤthe des wahren Leſers nicht verſtummen
will, wird nicht beantwortet: den Willen der
Weltherrſchaft, und die Geſetze, welche dieſen
Willen bethaͤtigen ſollen, nimmt Montesquieu
als Data an; alſo frage ich: wie! aus dem
Schooße eines Geſchlechtes, welches die Frei-
heit Aller will (und wollen muß, in ſo fern
es uͤberhaupt lebt), konnte der Wille, Alle
zu unterdruͤcken, hervorgehen und ſich auch
durch tauſend Jahre behaupten gegen die
nothwendige Reaction der uͤbrigen Voͤlker?
Warum war dieſe Reaction, der ein ewiges
Naturgeſetz zum Grunde lag, durch ſo viele
Jahrhunderte hindurch ſo ohnmaͤchtig gegen
den eiſernen Willen Roms? Wenn man die
Weltgeſchichte im Ganzen, d. h. wie ich
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[XV/0021] werk der groͤßten weltlichen That, von der die Geſchichte erzaͤhlt, wird bis zur Durch- ſichtigkeit klar: die Wirkungen von der tau- ſendjaͤhrigen Conſequenz eines einzigen Volkes liegen deutlich vor uns. Nur eine einzige große Frage, die im Gemuͤthe des wahren Leſers nicht verſtummen will, wird nicht beantwortet: den Willen der Weltherrſchaft, und die Geſetze, welche dieſen Willen bethaͤtigen ſollen, nimmt Montesquieu als Data an; alſo frage ich: wie! aus dem Schooße eines Geſchlechtes, welches die Frei- heit Aller will (und wollen muß, in ſo fern es uͤberhaupt lebt), konnte der Wille, Alle zu unterdruͤcken, hervorgehen und ſich auch durch tauſend Jahre behaupten gegen die nothwendige Reaction der uͤbrigen Voͤlker? Warum war dieſe Reaction, der ein ewiges Naturgeſetz zum Grunde lag, durch ſo viele Jahrhunderte hindurch ſo ohnmaͤchtig gegen den eiſernen Willen Roms? Wenn man die Weltgeſchichte im Ganzen, d. h. wie ich in meinen Vorleſungen hinlaͤnglich gezeigt

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/21>, abgerufen am 28.03.2024.