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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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meynungen eben so leichtsinnig aufgeopfert haben. --
Jch konnte gegen diese seine Entschließung nichts einzu-
wenden haben, und bat ihn nur, sich diese Sache nicht
zu viele Zeit kosten zu lassen.

Vier und zwanzigste Unterredung, den
9ten April.

Jch hatte die Absicht in dieser Unterredung mit der Un-
tersuchung der Vortheile fortzufahren, die der Graf
von seiner Bekehrung zu erwarten hätte.

Gott ist durch seine Liebe, sagte ich, wesentlich
geneigt, die Menschen so glücklich zu machen, als Sie
es werden können, und ihre Sünde ist die einzige Ursa-
che, wodurch dieß verhindert werden kann. So bald
dieß Hinderniß gehoben ist, so ergießt sich die Liebe Got-
tes mit allen ihren Würkungen über sie, so wie z. Ex. die
Stralen der Sonne sich in einem Zimmer verbreiten, so
bald die Fensterladen eröffnet werden. Sind also dem
Sünder seine Sünden vergeben, hütet er sich in seinen
gebesserten Gesinnung vor neuen Sünden, und verzeiht
ihm Gott, wie er es denn würklich thut, die noch vor-
kommenden Fehler der Schwachheit, so ist die Ursache
gehoben, wodurch Gottes Liebe zurückgehalten ward, sich
mit aller ihrer Stärke an ihm würksam zu beweisen, und
die ihn zugleich verhinderte mit Zuversicht und Freudigkeit
an Gott zu denken. Jes. 59,2. Jes. 1,15-18. Er ist alsdann
berechtigt, alles Gute von Gott zu erwarten, was ihm
Gott geben kann, dessen er fähig ist, und das die Weis-
heit Gottes für ihn vortheilhaft findet. Er darf mit
kindlicher Gesinnung zu Gott beten, und hat nicht mehr
zu befürchten, daß er unwürdig sey vor dem Angesichte
des heiligsten Wesens zu erscheinen. Röm. 8, 14-17.
Röm. 5, 1-2. 1 Joh. 3, 19-22. Wer also gewiß ist, daß

ihm



meynungen eben ſo leichtſinnig aufgeopfert haben. —
Jch konnte gegen dieſe ſeine Entſchließung nichts einzu-
wenden haben, und bat ihn nur, ſich dieſe Sache nicht
zu viele Zeit koſten zu laſſen.

Vier und zwanzigſte Unterredung, den
9ten April.

Jch hatte die Abſicht in dieſer Unterredung mit der Un-
terſuchung der Vortheile fortzufahren, die der Graf
von ſeiner Bekehrung zu erwarten haͤtte.

Gott iſt durch ſeine Liebe, ſagte ich, weſentlich
geneigt, die Menſchen ſo gluͤcklich zu machen, als Sie
es werden koͤnnen, und ihre Suͤnde iſt die einzige Urſa-
che, wodurch dieß verhindert werden kann. So bald
dieß Hinderniß gehoben iſt, ſo ergießt ſich die Liebe Got-
tes mit allen ihren Wuͤrkungen uͤber ſie, ſo wie z. Ex. die
Stralen der Sonne ſich in einem Zimmer verbreiten, ſo
bald die Fenſterladen eroͤffnet werden. Sind alſo dem
Suͤnder ſeine Suͤnden vergeben, huͤtet er ſich in ſeinen
gebeſſerten Geſinnung vor neuen Suͤnden, und verzeiht
ihm Gott, wie er es denn wuͤrklich thut, die noch vor-
kommenden Fehler der Schwachheit, ſo iſt die Urſache
gehoben, wodurch Gottes Liebe zuruͤckgehalten ward, ſich
mit aller ihrer Staͤrke an ihm wuͤrkſam zu beweiſen, und
die ihn zugleich verhinderte mit Zuverſicht und Freudigkeit
an Gott zu denken. Jeſ. 59,2. Jeſ. 1,15-18. Er iſt alsdann
berechtigt, alles Gute von Gott zu erwarten, was ihm
Gott geben kann, deſſen er faͤhig iſt, und das die Weis-
heit Gottes fuͤr ihn vortheilhaft findet. Er darf mit
kindlicher Geſinnung zu Gott beten, und hat nicht mehr
zu befuͤrchten, daß er unwuͤrdig ſey vor dem Angeſichte
des heiligſten Weſens zu erſcheinen. Roͤm. 8, 14-17.
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[200/0212] meynungen eben ſo leichtſinnig aufgeopfert haben. — Jch konnte gegen dieſe ſeine Entſchließung nichts einzu- wenden haben, und bat ihn nur, ſich dieſe Sache nicht zu viele Zeit koſten zu laſſen. Vier und zwanzigſte Unterredung, den 9ten April. Jch hatte die Abſicht in dieſer Unterredung mit der Un- terſuchung der Vortheile fortzufahren, die der Graf von ſeiner Bekehrung zu erwarten haͤtte. Gott iſt durch ſeine Liebe, ſagte ich, weſentlich geneigt, die Menſchen ſo gluͤcklich zu machen, als Sie es werden koͤnnen, und ihre Suͤnde iſt die einzige Urſa- che, wodurch dieß verhindert werden kann. So bald dieß Hinderniß gehoben iſt, ſo ergießt ſich die Liebe Got- tes mit allen ihren Wuͤrkungen uͤber ſie, ſo wie z. Ex. die Stralen der Sonne ſich in einem Zimmer verbreiten, ſo bald die Fenſterladen eroͤffnet werden. Sind alſo dem Suͤnder ſeine Suͤnden vergeben, huͤtet er ſich in ſeinen gebeſſerten Geſinnung vor neuen Suͤnden, und verzeiht ihm Gott, wie er es denn wuͤrklich thut, die noch vor- kommenden Fehler der Schwachheit, ſo iſt die Urſache gehoben, wodurch Gottes Liebe zuruͤckgehalten ward, ſich mit aller ihrer Staͤrke an ihm wuͤrkſam zu beweiſen, und die ihn zugleich verhinderte mit Zuverſicht und Freudigkeit an Gott zu denken. Jeſ. 59,2. Jeſ. 1,15-18. Er iſt alsdann berechtigt, alles Gute von Gott zu erwarten, was ihm Gott geben kann, deſſen er faͤhig iſt, und das die Weis- heit Gottes fuͤr ihn vortheilhaft findet. Er darf mit kindlicher Geſinnung zu Gott beten, und hat nicht mehr zu befuͤrchten, daß er unwuͤrdig ſey vor dem Angeſichte des heiligſten Weſens zu erſcheinen. Roͤm. 8, 14-17. Roͤm. 5, 1-2. 1 Joh. 3, 19-22. Wer alſo gewiß iſt, daß ihm

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/212>, abgerufen am 29.03.2024.