Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite



fuhr ich fort, machen Sie die Anwendung. Welch ein
Heil verspricht Jhnen das Evangelium, als die Beloh-
nung des Gehorsams, den Sie den Vorschriften desselben
leisten sollen! Jst das nicht einer solchen Bemühung
wehrt? Ja, sagte der Officier, man hofft denn mit der
Zeit, wenn man älter wird, frömmer zu werden. Wenn
Sie aber, antwortete ich, in dem angenommenen Falle
eben so handeln, wenn Sie sich in den eilf Monaten des
Jahrs an die Befehle des Obersten nicht weiter binden
wollten, als es Jhnen bequem wäre, und nur den zwölf-
ten und letzten aufmerksam darauf seyn: wie viel Hoffnung
meynten Sie denn wohl zu der Compagnie zu haben?
"Es ist freylich wahr, man muß jene Schwierigkeiten
zu überwinden suchen!"

Jst nun das nicht, fragte mich hierauf der Graf,
die Sünde wider den heiligen Geist, wenn jemand das
Christenthum glaubt und davon überzeugt ist, und es doch
nicht halten will? Jch entwickelte ihm den Begriff dieser
Sünde aus den Worten Jesu, die hieher gehören, und
zeigte ihm daß und warum sie itzt nicht mehr könne began-
gen werden. Doch, sagte ich, hat die Sünde, von der
Sie reden, viel Aehnlichkeit und Verwandtschaft mit der
Sünde wider den heiligen Geist, und jene kommt dieser
um so viel näher, um wie viel mehr der Mensch, der sie
begeht, Beweise von der Wahrheit der Religion kennet.
So zum Exempel würden Sie eine Sünde begehen, die
sehr nahe an die Sünde wider den heiligen Geist gränzte,
wenn Sie bey Jhrer itzigen Einsicht von der Wahrheit
des Christenthums noch wieder abfallen, und etwa um
den Beyfall der Freygeister zu gewinnen, oder um als
ein philosophischer Held zu sterben das Evangelium förm-
lich verleugnen wollten. Vor der Sünde, antwortete er,
bin ich gewiß sicher, Gott bewahre mich nur vor andern,
die mich leichter übereilen könnten.

Zuletzt
Q 4



fuhr ich fort, machen Sie die Anwendung. Welch ein
Heil verſpricht Jhnen das Evangelium, als die Beloh-
nung des Gehorſams, den Sie den Vorſchriften deſſelben
leiſten ſollen! Jſt das nicht einer ſolchen Bemuͤhung
wehrt? Ja, ſagte der Officier, man hofft denn mit der
Zeit, wenn man aͤlter wird, froͤmmer zu werden. Wenn
Sie aber, antwortete ich, in dem angenommenen Falle
eben ſo handeln, wenn Sie ſich in den eilf Monaten des
Jahrs an die Befehle des Oberſten nicht weiter binden
wollten, als es Jhnen bequem waͤre, und nur den zwoͤlf-
ten und letzten aufmerkſam darauf ſeyn: wie viel Hoffnung
meynten Sie denn wohl zu der Compagnie zu haben?
“Es iſt freylich wahr, man muß jene Schwierigkeiten
zu uͤberwinden ſuchen!„

Jſt nun das nicht, fragte mich hierauf der Graf,
die Suͤnde wider den heiligen Geiſt, wenn jemand das
Chriſtenthum glaubt und davon uͤberzeugt iſt, und es doch
nicht halten will? Jch entwickelte ihm den Begriff dieſer
Suͤnde aus den Worten Jeſu, die hieher gehoͤren, und
zeigte ihm daß und warum ſie itzt nicht mehr koͤnne began-
gen werden. Doch, ſagte ich, hat die Suͤnde, von der
Sie reden, viel Aehnlichkeit und Verwandtſchaft mit der
Suͤnde wider den heiligen Geiſt, und jene kommt dieſer
um ſo viel naͤher, um wie viel mehr der Menſch, der ſie
begeht, Beweiſe von der Wahrheit der Religion kennet.
So zum Exempel wuͤrden Sie eine Suͤnde begehen, die
ſehr nahe an die Suͤnde wider den heiligen Geiſt graͤnzte,
wenn Sie bey Jhrer itzigen Einſicht von der Wahrheit
des Chriſtenthums noch wieder abfallen, und etwa um
den Beyfall der Freygeiſter zu gewinnen, oder um als
ein philoſophiſcher Held zu ſterben das Evangelium foͤrm-
lich verleugnen wollten. Vor der Suͤnde, antwortete er,
bin ich gewiß ſicher, Gott bewahre mich nur vor andern,
die mich leichter uͤbereilen koͤnnten.

Zuletzt
Q 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="247"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
fuhr ich fort, machen Sie die Anwendung. Welch ein<lb/>
Heil ver&#x017F;pricht Jhnen das Evangelium, als die Beloh-<lb/>
nung des Gehor&#x017F;ams, den Sie den Vor&#x017F;chriften de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
lei&#x017F;ten &#x017F;ollen! J&#x017F;t das nicht einer &#x017F;olchen Bemu&#x0364;hung<lb/>
wehrt? Ja, &#x017F;agte der Officier, man hofft denn mit der<lb/>
Zeit, wenn man a&#x0364;lter wird, fro&#x0364;mmer zu werden. Wenn<lb/>
Sie aber, antwortete ich, in dem angenommenen Falle<lb/>
eben &#x017F;o handeln, wenn Sie &#x017F;ich in den eilf Monaten des<lb/>
Jahrs an die Befehle des Ober&#x017F;ten nicht weiter binden<lb/>
wollten, als es Jhnen bequem wa&#x0364;re, und nur den zwo&#x0364;lf-<lb/>
ten und letzten aufmerk&#x017F;am darauf &#x017F;eyn: wie viel Hoffnung<lb/>
meynten Sie denn wohl zu der Compagnie zu haben?<lb/>
&#x201C;Es i&#x017F;t freylich wahr, man muß jene Schwierigkeiten<lb/>
zu u&#x0364;berwinden &#x017F;uchen!&#x201E;</p><lb/>
        <p>J&#x017F;t nun das nicht, fragte mich hierauf der Graf,<lb/>
die Su&#x0364;nde wider den heiligen Gei&#x017F;t, wenn jemand das<lb/>
Chri&#x017F;tenthum glaubt und davon u&#x0364;berzeugt i&#x017F;t, und es doch<lb/>
nicht halten will? Jch entwickelte ihm den Begriff die&#x017F;er<lb/>
Su&#x0364;nde aus den Worten Je&#x017F;u, die hieher geho&#x0364;ren, und<lb/>
zeigte ihm daß und warum &#x017F;ie itzt nicht mehr ko&#x0364;nne began-<lb/>
gen werden. Doch, &#x017F;agte ich, hat die Su&#x0364;nde, von der<lb/>
Sie reden, viel Aehnlichkeit und Verwandt&#x017F;chaft mit der<lb/>
Su&#x0364;nde wider den heiligen Gei&#x017F;t, und jene kommt die&#x017F;er<lb/>
um &#x017F;o viel na&#x0364;her, um wie viel mehr der Men&#x017F;ch, der &#x017F;ie<lb/>
begeht, Bewei&#x017F;e von der Wahrheit der Religion kennet.<lb/>
So zum Exempel wu&#x0364;rden Sie eine Su&#x0364;nde begehen, die<lb/>
&#x017F;ehr nahe an die Su&#x0364;nde wider den heiligen Gei&#x017F;t gra&#x0364;nzte,<lb/>
wenn Sie bey Jhrer itzigen Ein&#x017F;icht von der Wahrheit<lb/>
des Chri&#x017F;tenthums noch wieder abfallen, und etwa um<lb/>
den Beyfall der Freygei&#x017F;ter zu gewinnen, oder um als<lb/>
ein philo&#x017F;ophi&#x017F;cher Held zu &#x017F;terben das Evangelium fo&#x0364;rm-<lb/>
lich verleugnen wollten. Vor der Su&#x0364;nde, antwortete er,<lb/>
bin ich gewiß &#x017F;icher, Gott bewahre mich nur vor andern,<lb/>
die mich leichter u&#x0364;bereilen ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Zuletzt</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0259] fuhr ich fort, machen Sie die Anwendung. Welch ein Heil verſpricht Jhnen das Evangelium, als die Beloh- nung des Gehorſams, den Sie den Vorſchriften deſſelben leiſten ſollen! Jſt das nicht einer ſolchen Bemuͤhung wehrt? Ja, ſagte der Officier, man hofft denn mit der Zeit, wenn man aͤlter wird, froͤmmer zu werden. Wenn Sie aber, antwortete ich, in dem angenommenen Falle eben ſo handeln, wenn Sie ſich in den eilf Monaten des Jahrs an die Befehle des Oberſten nicht weiter binden wollten, als es Jhnen bequem waͤre, und nur den zwoͤlf- ten und letzten aufmerkſam darauf ſeyn: wie viel Hoffnung meynten Sie denn wohl zu der Compagnie zu haben? “Es iſt freylich wahr, man muß jene Schwierigkeiten zu uͤberwinden ſuchen!„ Jſt nun das nicht, fragte mich hierauf der Graf, die Suͤnde wider den heiligen Geiſt, wenn jemand das Chriſtenthum glaubt und davon uͤberzeugt iſt, und es doch nicht halten will? Jch entwickelte ihm den Begriff dieſer Suͤnde aus den Worten Jeſu, die hieher gehoͤren, und zeigte ihm daß und warum ſie itzt nicht mehr koͤnne began- gen werden. Doch, ſagte ich, hat die Suͤnde, von der Sie reden, viel Aehnlichkeit und Verwandtſchaft mit der Suͤnde wider den heiligen Geiſt, und jene kommt dieſer um ſo viel naͤher, um wie viel mehr der Menſch, der ſie begeht, Beweiſe von der Wahrheit der Religion kennet. So zum Exempel wuͤrden Sie eine Suͤnde begehen, die ſehr nahe an die Suͤnde wider den heiligen Geiſt graͤnzte, wenn Sie bey Jhrer itzigen Einſicht von der Wahrheit des Chriſtenthums noch wieder abfallen, und etwa um den Beyfall der Freygeiſter zu gewinnen, oder um als ein philoſophiſcher Held zu ſterben das Evangelium foͤrm- lich verleugnen wollten. Vor der Suͤnde, antwortete er, bin ich gewiß ſicher, Gott bewahre mich nur vor andern, die mich leichter uͤbereilen koͤnnten. Zuletzt Q 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/259
Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/259>, abgerufen am 19.04.2024.