Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite




Autorität kann Jhnen höchstens nur dieß beweisen, daß
ich die Sache untersucht und richtig befunden habe. Sie
müssen feylich, da die Auferstehung Jesu eine Thatsache
ist, und deswegen durch Zeugnisse bewiesen werden muß,
sich auf die Autorität verlassen. Aber diese Zeugnisse
müssen Sie selbst prüfen. Jch will Jhnen in dieser Ab-
sicht ein Buch geben, das von einem Freygeist, der
durch die Untersuchung der Auferstehung Jesu bewogen
ward ein Christ zu werden, geschrieben ist."Er be-
zeugte über diese Nachricht eine lebhafte Freude, die
mir seine Hoffnung bewies, daß er auch dadurch werde
überzeugt werden. --

Jch gab ihm den dritten und vierten Theil der
Lebensgeschichte Jesu, und verließ ihn mit der besten
Hoffnung.

Siebende Unterredung, den 14den März.

Der Commendant der Citadelle, wo der Graf gefan-
gen saß, der Herr Generallieutenant von Hoben,
erzählte mir, daß jener seit meinem letzten Besuch sehr
unruhig gewesen sey. Er war zu verschiedenen mahlen
auf seinem Lager, denn er lag die ganze Zeit seiner Ge-
fangenschaft herdurch beständig auf einem Canapee,
plötzlich in die Höhe gefahren; er hatte dann wieder halbe
Stunden lang in ernstem Nachdenken mit herunterhän-
gendem Haupte gelegen, und mit tiefen Seufzern häufige
Thränen vergossen. Bey meinem Eintritt ins Gefängniß
traf ich ihn im Gellert lesend an, und lesend habe ich ihn
immer gefunden, so oft ich zu ihm gekommen bin. Alle
Vernunft, sagte er, müßte ich verlohren haben, wenn
ich nicht gestehen wollte, daß ich so hätte leben müssen,
wie es in diesem Buche gelehrt ist. Ach hätte ich doch
in meinem Glücke solche Bücher gelesen! Jch weiß

gewiß,




Autoritaͤt kann Jhnen hoͤchſtens nur dieß beweiſen, daß
ich die Sache unterſucht und richtig befunden habe. Sie
muͤſſen feylich, da die Auferſtehung Jeſu eine Thatſache
iſt, und deswegen durch Zeugniſſe bewieſen werden muß,
ſich auf die Autoritaͤt verlaſſen. Aber dieſe Zeugniſſe
muͤſſen Sie ſelbſt pruͤfen. Jch will Jhnen in dieſer Ab-
ſicht ein Buch geben, das von einem Freygeiſt, der
durch die Unterſuchung der Auferſtehung Jeſu bewogen
ward ein Chriſt zu werden, geſchrieben iſt.„Er be-
zeugte uͤber dieſe Nachricht eine lebhafte Freude, die
mir ſeine Hoffnung bewies, daß er auch dadurch werde
uͤberzeugt werden. —

Jch gab ihm den dritten und vierten Theil der
Lebensgeſchichte Jeſu, und verließ ihn mit der beſten
Hoffnung.

Siebende Unterredung, den 14den Maͤrz.

Der Commendant der Citadelle, wo der Graf gefan-
gen ſaß, der Herr Generallieutenant von Hoben,
erzaͤhlte mir, daß jener ſeit meinem letzten Beſuch ſehr
unruhig geweſen ſey. Er war zu verſchiedenen mahlen
auf ſeinem Lager, denn er lag die ganze Zeit ſeiner Ge-
fangenſchaft herdurch beſtaͤndig auf einem Canapee,
ploͤtzlich in die Hoͤhe gefahren; er hatte dann wieder halbe
Stunden lang in ernſtem Nachdenken mit herunterhaͤn-
gendem Haupte gelegen, und mit tiefen Seufzern haͤufige
Thraͤnen vergoſſen. Bey meinem Eintritt ins Gefaͤngniß
traf ich ihn im Gellert leſend an, und leſend habe ich ihn
immer gefunden, ſo oft ich zu ihm gekommen bin. Alle
Vernunft, ſagte er, muͤßte ich verlohren haben, wenn
ich nicht geſtehen wollte, daß ich ſo haͤtte leben muͤſſen,
wie es in dieſem Buche gelehrt iſt. Ach haͤtte ich doch
in meinem Gluͤcke ſolche Buͤcher geleſen! Jch weiß

gewiß,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0091" n="79"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Autorita&#x0364;t kann Jhnen ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur dieß bewei&#x017F;en, daß<lb/>
ich die Sache unter&#x017F;ucht und richtig befunden habe. Sie<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en feylich, da die Aufer&#x017F;tehung Je&#x017F;u eine That&#x017F;ache<lb/>
i&#x017F;t, und deswegen durch Zeugni&#x017F;&#x017F;e bewie&#x017F;en werden muß,<lb/>
&#x017F;ich auf die Autorita&#x0364;t verla&#x017F;&#x017F;en. Aber die&#x017F;e Zeugni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;elb&#x017F;t pru&#x0364;fen. Jch will Jhnen in die&#x017F;er Ab-<lb/>
&#x017F;icht ein Buch geben, das von einem Freygei&#x017F;t, der<lb/>
durch die Unter&#x017F;uchung der Aufer&#x017F;tehung Je&#x017F;u bewogen<lb/>
ward ein Chri&#x017F;t zu werden, ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t.&#x201E;Er be-<lb/>
zeugte u&#x0364;ber die&#x017F;e Nachricht eine lebhafte Freude, die<lb/>
mir &#x017F;eine Hoffnung bewies, daß er auch dadurch werde<lb/>
u&#x0364;berzeugt werden. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Jch gab ihm den dritten und vierten Theil der<lb/>
Lebensge&#x017F;chichte Je&#x017F;u, und verließ ihn mit der be&#x017F;ten<lb/>
Hoffnung.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Siebende Unterredung, den 14den Ma&#x0364;rz.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er Commendant der Citadelle, wo der Graf gefan-<lb/>
gen &#x017F;aß, der Herr Generallieutenant von Hoben,<lb/>
erza&#x0364;hlte mir, daß jener &#x017F;eit meinem letzten Be&#x017F;uch &#x017F;ehr<lb/>
unruhig gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Er war zu ver&#x017F;chiedenen mahlen<lb/>
auf &#x017F;einem Lager, denn er lag die ganze Zeit &#x017F;einer Ge-<lb/>
fangen&#x017F;chaft herdurch be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf einem Canapee,<lb/>
plo&#x0364;tzlich in die Ho&#x0364;he gefahren; er hatte dann wieder halbe<lb/>
Stunden lang in ern&#x017F;tem Nachdenken mit herunterha&#x0364;n-<lb/>
gendem Haupte gelegen, und mit tiefen Seufzern ha&#x0364;ufige<lb/>
Thra&#x0364;nen vergo&#x017F;&#x017F;en. Bey meinem Eintritt ins Gefa&#x0364;ngniß<lb/>
traf ich ihn im Gellert le&#x017F;end an, und le&#x017F;end habe ich ihn<lb/>
immer gefunden, &#x017F;o oft ich zu ihm gekommen bin. Alle<lb/>
Vernunft, &#x017F;agte er, mu&#x0364;ßte ich verlohren haben, wenn<lb/>
ich nicht ge&#x017F;tehen wollte, daß ich &#x017F;o ha&#x0364;tte leben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wie es in die&#x017F;em Buche gelehrt i&#x017F;t. Ach ha&#x0364;tte ich doch<lb/>
in meinem Glu&#x0364;cke &#x017F;olche Bu&#x0364;cher gele&#x017F;en! Jch weiß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gewiß,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0091] Autoritaͤt kann Jhnen hoͤchſtens nur dieß beweiſen, daß ich die Sache unterſucht und richtig befunden habe. Sie muͤſſen feylich, da die Auferſtehung Jeſu eine Thatſache iſt, und deswegen durch Zeugniſſe bewieſen werden muß, ſich auf die Autoritaͤt verlaſſen. Aber dieſe Zeugniſſe muͤſſen Sie ſelbſt pruͤfen. Jch will Jhnen in dieſer Ab- ſicht ein Buch geben, das von einem Freygeiſt, der durch die Unterſuchung der Auferſtehung Jeſu bewogen ward ein Chriſt zu werden, geſchrieben iſt.„Er be- zeugte uͤber dieſe Nachricht eine lebhafte Freude, die mir ſeine Hoffnung bewies, daß er auch dadurch werde uͤberzeugt werden. — Jch gab ihm den dritten und vierten Theil der Lebensgeſchichte Jeſu, und verließ ihn mit der beſten Hoffnung. Siebende Unterredung, den 14den Maͤrz. Der Commendant der Citadelle, wo der Graf gefan- gen ſaß, der Herr Generallieutenant von Hoben, erzaͤhlte mir, daß jener ſeit meinem letzten Beſuch ſehr unruhig geweſen ſey. Er war zu verſchiedenen mahlen auf ſeinem Lager, denn er lag die ganze Zeit ſeiner Ge- fangenſchaft herdurch beſtaͤndig auf einem Canapee, ploͤtzlich in die Hoͤhe gefahren; er hatte dann wieder halbe Stunden lang in ernſtem Nachdenken mit herunterhaͤn- gendem Haupte gelegen, und mit tiefen Seufzern haͤufige Thraͤnen vergoſſen. Bey meinem Eintritt ins Gefaͤngniß traf ich ihn im Gellert leſend an, und leſend habe ich ihn immer gefunden, ſo oft ich zu ihm gekommen bin. Alle Vernunft, ſagte er, muͤßte ich verlohren haben, wenn ich nicht geſtehen wollte, daß ich ſo haͤtte leben muͤſſen, wie es in dieſem Buche gelehrt iſt. Ach haͤtte ich doch in meinem Gluͤcke ſolche Buͤcher geleſen! Jch weiß gewiß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/91
Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/91>, abgerufen am 09.10.2024.