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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

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wortet der Autor: laß sich der Herr darum
nur unbekümmert, die Straße weiß ich
lang, mag sie aber nicht ziehen; ich geh
nur spatzieren, und da ist jeder Weg der
rechte. Nun mag führohin ein Schriftstel-
ler so viel krumme Sprüng' machen als er
Lust hat, durch dick und dünn waden;
wem gehts was an? Wenn er sich für ei-
nen Spatziergänger ausgiebt, darf niemand
seinen Gang meistern, oder ihm eine Di-
rektionslinie nach dem Kegelschnitt vor-
zeichnen.

Schier hätt ich Lust, meine Reise für
einen Spatzierritt auszugeben, daß niemand
fragen dürft', warum ich auf meiner phy-
siognomischen Wanderschaft gerad den un-
physiognomischen Weg gewählt. -- Aber
wer macht wohl auf dreyßig Meilen einen
Spatzierritt? Ausser dem großen Spatzier-
gängergenie, dem Marquis von St. A **,
den ich noch auf seinem Kreuzzug durchs

heil.
K 4

wortet der Autor: laß ſich der Herr darum
nur unbekuͤmmert, die Straße weiß ich
lang, mag ſie aber nicht ziehen; ich geh
nur ſpatzieren, und da iſt jeder Weg der
rechte. Nun mag fuͤhrohin ein Schriftſtel-
ler ſo viel krumme Spruͤng’ machen als er
Luſt hat, durch dick und duͤnn waden;
wem gehts was an? Wenn er ſich fuͤr ei-
nen Spatziergaͤnger ausgiebt, darf niemand
ſeinen Gang meiſtern, oder ihm eine Di-
rektionslinie nach dem Kegelſchnitt vor-
zeichnen.

Schier haͤtt ich Luſt, meine Reiſe fuͤr
einen Spatzierritt auszugeben, daß niemand
fragen duͤrft’, warum ich auf meiner phy-
ſiognomiſchen Wanderſchaft gerad den un-
phyſiognomiſchen Weg gewaͤhlt. — Aber
wer macht wohl auf dreyßig Meilen einen
Spatzierritt? Auſſer dem großen Spatzier-
gaͤngergenie, dem Marquis von St. A **,
den ich noch auf ſeinem Kreuzzug durchs

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[151/0151] wortet der Autor: laß ſich der Herr darum nur unbekuͤmmert, die Straße weiß ich lang, mag ſie aber nicht ziehen; ich geh nur ſpatzieren, und da iſt jeder Weg der rechte. Nun mag fuͤhrohin ein Schriftſtel- ler ſo viel krumme Spruͤng’ machen als er Luſt hat, durch dick und duͤnn waden; wem gehts was an? Wenn er ſich fuͤr ei- nen Spatziergaͤnger ausgiebt, darf niemand ſeinen Gang meiſtern, oder ihm eine Di- rektionslinie nach dem Kegelſchnitt vor- zeichnen. Schier haͤtt ich Luſt, meine Reiſe fuͤr einen Spatzierritt auszugeben, daß niemand fragen duͤrft’, warum ich auf meiner phy- ſiognomiſchen Wanderſchaft gerad den un- phyſiognomiſchen Weg gewaͤhlt. — Aber wer macht wohl auf dreyßig Meilen einen Spatzierritt? Auſſer dem großen Spatzier- gaͤngergenie, dem Marquis von St. A **, den ich noch auf ſeinem Kreuzzug durchs heil. K 4

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/151>, abgerufen am 28.03.2024.