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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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der iunge Baron mußt ihn aber in Ermang-
lung eines andern solitarie führen. Dar-
über gabs einen heftigen Hauskrieg. Als
der Vater aus dem Feldzug nach Hauß
kam und den iungen Stammerben fand,
wollt er ihn unter diesen befremdenden Na-
men nicht für seinen Sohn erkennen. Denn
obgleich ein schlauer Feldprediger, den Ehe-
frieden zu befördern die Auskunft traf, den
lateinischen Namen ins Griechische zu über-
setzen: so war dadurch doch nichts gebessert,
dem Vater klang das Dorotheus so weibisch
und Mägdehaft, daß ihm um Ludwig des
XIV. willen Adeodatus noch leidlicher
schien. Demnach bestand er darauf, daß
dieser Name mit einem rittermäßigen müsse
vertauscht werden, wenn der Junker in dem
Familienstammbaum sollt' eingetragen wer-
den; aber das wollte die Mutter nicht zu-
geben. Sie hielt diesen Tausch für eine
Gewissenssache und wollte nicht gestatten,

daß
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der iunge Baron mußt ihn aber in Ermang-
lung eines andern ſolitarie fuͤhren. Dar-
uͤber gabs einen heftigen Hauskrieg. Als
der Vater aus dem Feldzug nach Hauß
kam und den iungen Stammerben fand,
wollt er ihn unter dieſen befremdenden Na-
men nicht fuͤr ſeinen Sohn erkennen. Denn
obgleich ein ſchlauer Feldprediger, den Ehe-
frieden zu befoͤrdern die Auskunft traf, den
lateiniſchen Namen ins Griechiſche zu uͤber-
ſetzen: ſo war dadurch doch nichts gebeſſert,
dem Vater klang das Dorotheus ſo weibiſch
und Maͤgdehaft, daß ihm um Ludwig des
XIV. willen Adeodatus noch leidlicher
ſchien. Demnach beſtand er darauf, daß
dieſer Name mit einem rittermaͤßigen muͤſſe
vertauſcht werden, wenn der Junker in dem
Familienſtammbaum ſollt’ eingetragen wer-
den; aber das wollte die Mutter nicht zu-
geben. Sie hielt dieſen Tauſch fuͤr eine
Gewiſſensſache und wollte nicht geſtatten,

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[9/0017] der iunge Baron mußt ihn aber in Ermang- lung eines andern ſolitarie fuͤhren. Dar- uͤber gabs einen heftigen Hauskrieg. Als der Vater aus dem Feldzug nach Hauß kam und den iungen Stammerben fand, wollt er ihn unter dieſen befremdenden Na- men nicht fuͤr ſeinen Sohn erkennen. Denn obgleich ein ſchlauer Feldprediger, den Ehe- frieden zu befoͤrdern die Auskunft traf, den lateiniſchen Namen ins Griechiſche zu uͤber- ſetzen: ſo war dadurch doch nichts gebeſſert, dem Vater klang das Dorotheus ſo weibiſch und Maͤgdehaft, daß ihm um Ludwig des XIV. willen Adeodatus noch leidlicher ſchien. Demnach beſtand er darauf, daß dieſer Name mit einem rittermaͤßigen muͤſſe vertauſcht werden, wenn der Junker in dem Familienſtammbaum ſollt’ eingetragen wer- den; aber das wollte die Mutter nicht zu- geben. Sie hielt dieſen Tauſch fuͤr eine Gewiſſensſache und wollte nicht geſtatten, daß A 5

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/17>, abgerufen am 29.03.2024.