Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
mich umzusehen/ durch die Stadt geritten. Denn selbiges Orts
ist es also bräuchlich/ ja auch die Weiber pflegen auf solchen klei-
nen Eseln durch die Stadt zu reiten. Und wenn also Frembde
geritten kommen/ sonderlich wenn sie vermercken/ daß es Chri-
sten seyn/ da gibts ein greuliches Zulauffen/ von dem Türckis.
Pöfel/ allermassen denn mir wiederfuhr/ weßwegen auch mein
Janitzschar immer voran reiten und Platz machen muste/ wol-
te er mich anders ohne Schimpff und Ungelegenheit durch-
bringen. Dannenhero/ wie ichs befunden/ so wol dieses/ als
auch das andere wal bey meiner Rückreise auß Egypten/ da ich
länger in Babylon war und also mehr Zeit hatte mich umbzu-
sehen und nach ein und anderer Nachricht zu forschen/ will ich
hieher zusammen setzen/ damit es den wolgeneigten Leser nicht
irren soll/ wenn ers hier und da mit Verdruß Stückweise zu-
sammen suchen soll.

Diese Stadt soll von etzlichen Männern von Babylon
auß Chaldea auf Erlaubniß einer Egyptischen Königin an-
fangs nur als ein Castell und mit gar wenig Häusern erbauet
und deßwegen zum Gedächtniß von ihnen Babylon genennet
worden seyn. Hernach aber hat sie von Jahren zu Jahren
zugenommen/ daß sie nunmehr eine Stadt ist/ die sich auff sie-
ben grosse starcke Teutsche Meilen erstrecket/ ohn alle andere um
und anliegende Orthe/ doch meistentheils in die Länge und in die
Breite eineguthe halbe Teutsche Meile.

Die Grösse dieser Stadt ist etzlicher massen auch hierauß
abzunehmen/ daß/ wie zum Theil zu sehen gewesen/ zum Theil
ich auch glaubwürdig berichtet worden/ man alle Nacht in die
dreyzehen biß vierzehen tausend Gassen/ wegen so grosser Weit-
läufftigkeit und desto ehe Auffruhr zu verhüten/ verschleußt/ ob
sie gleich alle aneinander stossen.

Auch
V 3

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
mich umzuſehen/ durch die Stadt geritten. Denn ſelbiges Orts
iſt es alſo braͤuchlich/ ja auch die Weiber pflegen auf ſolchen klei-
nen Eſeln durch die Stadt zu reiten. Und wenn alſo Frembde
geritten kommen/ ſonderlich wenn ſie vermercken/ daß es Chri-
ſten ſeyn/ da gibts ein greuliches Zulauffen/ von dem Tuͤrckiſ.
Poͤfel/ allermaſſen denn mir wiederfuhr/ weßwegen auch mein
Janitzſchar immer voran reiten und Platz machen muſte/ wol-
te er mich anders ohne Schimpff und Ungelegenheit durch-
bringen. Dannenhero/ wie ichs befunden/ ſo wol dieſes/ als
auch das andere wal bey meiner Ruͤckreiſe auß Egypten/ da ich
laͤnger in Babylon war und alſo mehr Zeit hatte mich umbzu-
ſehen und nach ein und anderer Nachricht zu forſchen/ will ich
hieher zuſammen ſetzen/ damit es den wolgeneigten Leſer nicht
irren ſoll/ wenn ers hier und da mit Verdruß Stuͤckweiſe zu-
ſammen ſuchen ſoll.

Dieſe Stadt ſoll von etzlichen Maͤnnern von Babylon
auß Chaldea auf Erlaubniß einer Egyptiſchen Koͤnigin an-
fangs nur als ein Caſtell und mit gar wenig Haͤuſern erbauet
und deßwegen zum Gedaͤchtniß von ihnen Babylon genennet
worden ſeyn. Hernach aber hat ſie von Jahren zu Jahren
zugenommen/ daß ſie nunmehr eine Stadt iſt/ die ſich auff ſie-
ben groſſe ſtarcke Teutſche Meilen erſtrecket/ ohn alle andere um
und anliegende Orthe/ doch meiſtentheils in die Laͤnge und in die
Breite eineguthe halbe Teutſche Meile.

Die Groͤſſe dieſer Stadt iſt etzlicher maſſen auch hierauß
abzunehmen/ daß/ wie zum Theil zu ſehen geweſen/ zum Theil
ich auch glaubwuͤrdig berichtet worden/ man alle Nacht in die
dreyzehen biß vierzehen tauſend Gaſſen/ wegen ſo groſſer Weit-
laͤufftigkeit und deſto ehe Auffruhr zu verhuͤten/ veꝛſchleußt/ ob
ſie gleich alle aneinander ſtoſſen.

Auch
V 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0161" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
mich umzu&#x017F;ehen/ durch die Stadt geritten. Denn &#x017F;elbiges Orts<lb/>
i&#x017F;t es al&#x017F;o bra&#x0364;uchlich/ ja auch die Weiber pflegen auf &#x017F;olchen klei-<lb/>
nen E&#x017F;eln durch die Stadt zu reiten. Und wenn al&#x017F;o Frembde<lb/>
geritten kommen/ &#x017F;onderlich wenn &#x017F;ie vermercken/ daß es Chri-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;eyn/ da gibts ein greuliches Zulauffen/ von dem Tu&#x0364;rcki&#x017F;.<lb/>
Po&#x0364;fel/ allerma&#x017F;&#x017F;en denn mir wiederfuhr/ weßwegen auch mein<lb/>
Janitz&#x017F;char immer voran reiten und Platz machen mu&#x017F;te/ wol-<lb/>
te er mich anders ohne Schimpff und Ungelegenheit durch-<lb/>
bringen. Dannenhero/ wie ichs befunden/ &#x017F;o wol die&#x017F;es/ als<lb/>
auch das andere wal bey meiner Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e auß Egypten/ da ich<lb/>
la&#x0364;nger in Babylon war und al&#x017F;o mehr Zeit hatte mich umbzu-<lb/>
&#x017F;ehen und nach ein und anderer Nachricht zu for&#x017F;chen/ will ich<lb/>
hieher zu&#x017F;ammen &#x017F;etzen/ damit es den wolgeneigten Le&#x017F;er nicht<lb/>
irren &#x017F;oll/ wenn ers hier und da mit Verdruß Stu&#x0364;ckwei&#x017F;e zu-<lb/>
&#x017F;ammen &#x017F;uchen &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Stadt &#x017F;oll von etzlichen Ma&#x0364;nnern von Babylon<lb/>
auß Chaldea auf Erlaubniß einer Egypti&#x017F;chen Ko&#x0364;nigin an-<lb/>
fangs nur als ein Ca&#x017F;tell und mit gar wenig Ha&#x0364;u&#x017F;ern erbauet<lb/>
und deßwegen zum Geda&#x0364;chtniß von ihnen Babylon genennet<lb/>
worden &#x017F;eyn. Hernach aber hat &#x017F;ie von Jahren zu Jahren<lb/>
zugenommen/ daß &#x017F;ie nunmehr eine Stadt i&#x017F;t/ die &#x017F;ich auff &#x017F;ie-<lb/>
ben gro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tarcke Teut&#x017F;che Meilen er&#x017F;trecket/ ohn alle andere um<lb/>
und anliegende Orthe/ doch mei&#x017F;tentheils in die La&#x0364;nge und in die<lb/>
Breite eineguthe halbe Teut&#x017F;che Meile.</p><lb/>
            <p>Die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Stadt i&#x017F;t etzlicher ma&#x017F;&#x017F;en auch hierauß<lb/>
abzunehmen/ daß/ wie zum Theil zu &#x017F;ehen gewe&#x017F;en/ zum Theil<lb/>
ich auch glaubwu&#x0364;rdig berichtet worden/ man alle Nacht in die<lb/>
dreyzehen biß vierzehen tau&#x017F;end Ga&#x017F;&#x017F;en/ wegen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er Weit-<lb/>
la&#x0364;ufftigkeit und de&#x017F;to ehe Auffruhr zu verhu&#x0364;ten/ ve&#xA75B;&#x017F;chleußt/ ob<lb/>
&#x017F;ie gleich alle aneinander &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">V 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Auch</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0161] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. mich umzuſehen/ durch die Stadt geritten. Denn ſelbiges Orts iſt es alſo braͤuchlich/ ja auch die Weiber pflegen auf ſolchen klei- nen Eſeln durch die Stadt zu reiten. Und wenn alſo Frembde geritten kommen/ ſonderlich wenn ſie vermercken/ daß es Chri- ſten ſeyn/ da gibts ein greuliches Zulauffen/ von dem Tuͤrckiſ. Poͤfel/ allermaſſen denn mir wiederfuhr/ weßwegen auch mein Janitzſchar immer voran reiten und Platz machen muſte/ wol- te er mich anders ohne Schimpff und Ungelegenheit durch- bringen. Dannenhero/ wie ichs befunden/ ſo wol dieſes/ als auch das andere wal bey meiner Ruͤckreiſe auß Egypten/ da ich laͤnger in Babylon war und alſo mehr Zeit hatte mich umbzu- ſehen und nach ein und anderer Nachricht zu forſchen/ will ich hieher zuſammen ſetzen/ damit es den wolgeneigten Leſer nicht irren ſoll/ wenn ers hier und da mit Verdruß Stuͤckweiſe zu- ſammen ſuchen ſoll. Dieſe Stadt ſoll von etzlichen Maͤnnern von Babylon auß Chaldea auf Erlaubniß einer Egyptiſchen Koͤnigin an- fangs nur als ein Caſtell und mit gar wenig Haͤuſern erbauet und deßwegen zum Gedaͤchtniß von ihnen Babylon genennet worden ſeyn. Hernach aber hat ſie von Jahren zu Jahren zugenommen/ daß ſie nunmehr eine Stadt iſt/ die ſich auff ſie- ben groſſe ſtarcke Teutſche Meilen erſtrecket/ ohn alle andere um und anliegende Orthe/ doch meiſtentheils in die Laͤnge und in die Breite eineguthe halbe Teutſche Meile. Die Groͤſſe dieſer Stadt iſt etzlicher maſſen auch hierauß abzunehmen/ daß/ wie zum Theil zu ſehen geweſen/ zum Theil ich auch glaubwuͤrdig berichtet worden/ man alle Nacht in die dreyzehen biß vierzehen tauſend Gaſſen/ wegen ſo groſſer Weit- laͤufftigkeit und deſto ehe Auffruhr zu verhuͤten/ veꝛſchleußt/ ob ſie gleich alle aneinander ſtoſſen. Auch V 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/161
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/161>, abgerufen am 09.10.2024.