Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

"Wer zweifelt daran, Herr? Wenn Sie
sich nur fügen wollten ..."

"Gehorsamer Diener!" erwiederte ich:
"Da mag es wohl liegen! Aber wenn auch
mein Kopf etwas hart ist, so erinnert er sich
doch an eine Klausel in meinem Kontrakt,
das mir, falls ich einst meines Seedienstes
entbunden würde und gegen meine Taugsam-
keit nichts einzuwenden wäre, eben sowohl
eine Gratification von zweihundert Thalern,
als meine rückständige Monats-Gage, zugute
kommen solle. -- Wohl denn, ich habe bis-
her meine Schuldigkeit gethan: jetzt erwarte
ich ein Gleiches von der Regierung." --
Die Zahlung geschah auf der Stelle; und so
kriegte denn mein Königl. See-Kommando
ein baldiges und betrübtes Ende.

Mein Vornehmen war jetzt, nach Königs-
berg zu meiner Familie zurückzugehen und
eine Gelegenheit zu suchen, wo mir's möglich
würde, die Arme einwenig freier zu rühren.
Auf dem Wege dahin sprach ich indeß bei
meinen Eltern in Colberg ein; und sey es
nun, daß es hauptsächlich ihr dringendes Zu-
reden vermochte, oder daß die alte Vorliebe
für meine Vaterstadt wieder lebendig in mir
erwachte, während ich gegen Königsberg, wo
mir so Vieles den Krebsgang genommen
hatte, einen heimlichen Widerwillen spürte:
-- genug, ich glaubte wohl daran zu thun,

„Wer zweifelt daran, Herr? Wenn Sie
ſich nur fuͤgen wollten …‟

„Gehorſamer Diener!‟ erwiederte ich:
„Da mag es wohl liegen! Aber wenn auch
mein Kopf etwas hart iſt, ſo erinnert er ſich
doch an eine Klauſel in meinem Kontrakt,
das mir, falls ich einſt meines Seedienſtes
entbunden wuͤrde und gegen meine Taugſam-
keit nichts einzuwenden waͤre, eben ſowohl
eine Gratification von zweihundert Thalern,
als meine ruͤckſtaͤndige Monats-Gage, zugute
kommen ſolle. — Wohl denn, ich habe bis-
her meine Schuldigkeit gethan: jetzt erwarte
ich ein Gleiches von der Regierung.‟ —
Die Zahlung geſchah auf der Stelle; und ſo
kriegte denn mein Koͤnigl. See-Kommando
ein baldiges und betruͤbtes Ende.

Mein Vornehmen war jetzt, nach Koͤnigs-
berg zu meiner Familie zuruͤckzugehen und
eine Gelegenheit zu ſuchen, wo mir’s moͤglich
wuͤrde, die Arme einwenig freier zu ruͤhren.
Auf dem Wege dahin ſprach ich indeß bei
meinen Eltern in Colberg ein; und ſey es
nun, daß es hauptſaͤchlich ihr dringendes Zu-
reden vermochte, oder daß die alte Vorliebe
fuͤr meine Vaterſtadt wieder lebendig in mir
erwachte, waͤhrend ich gegen Koͤnigsberg, wo
mir ſo Vieles den Krebsgang genommen
hatte, einen heimlichen Widerwillen ſpuͤrte:
— genug, ich glaubte wohl daran zu thun,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0261" n="245"/>
        <p>&#x201E;Wer zweifelt daran, Herr? Wenn Sie<lb/>
&#x017F;ich nur fu&#x0364;gen wollten &#x2026;&#x201F;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gehor&#x017F;amer Diener!&#x201F; erwiederte ich:<lb/>
&#x201E;Da mag es wohl liegen! Aber wenn auch<lb/>
mein Kopf etwas hart i&#x017F;t, &#x017F;o erinnert er &#x017F;ich<lb/>
doch an eine Klau&#x017F;el in meinem Kontrakt,<lb/>
das mir, falls ich ein&#x017F;t meines Seedien&#x017F;tes<lb/>
entbunden wu&#x0364;rde und gegen meine Taug&#x017F;am-<lb/>
keit nichts einzuwenden wa&#x0364;re, eben &#x017F;owohl<lb/>
eine Gratification von zweihundert Thalern,<lb/>
als meine ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndige Monats-Gage, zugute<lb/>
kommen &#x017F;olle. &#x2014; Wohl denn, ich habe bis-<lb/>
her meine Schuldigkeit gethan: jetzt erwarte<lb/>
ich ein Gleiches von der Regierung.&#x201F; &#x2014;<lb/>
Die Zahlung ge&#x017F;chah auf der Stelle; und &#x017F;o<lb/>
kriegte denn mein Ko&#x0364;nigl. See-Kommando<lb/>
ein baldiges und betru&#x0364;btes Ende.</p><lb/>
        <p>Mein Vornehmen war jetzt, nach Ko&#x0364;nigs-<lb/>
berg zu meiner Familie zuru&#x0364;ckzugehen und<lb/>
eine Gelegenheit zu &#x017F;uchen, wo mir&#x2019;s mo&#x0364;glich<lb/>
wu&#x0364;rde, die Arme einwenig freier zu ru&#x0364;hren.<lb/>
Auf dem Wege dahin &#x017F;prach ich indeß bei<lb/>
meinen Eltern in Colberg ein; und &#x017F;ey es<lb/>
nun, daß es haupt&#x017F;a&#x0364;chlich ihr dringendes Zu-<lb/>
reden vermochte, oder daß die alte Vorliebe<lb/>
fu&#x0364;r meine Vater&#x017F;tadt wieder lebendig in mir<lb/>
erwachte, wa&#x0364;hrend ich gegen Ko&#x0364;nigsberg, wo<lb/>
mir &#x017F;o Vieles den Krebsgang genommen<lb/>
hatte, einen heimlichen Widerwillen &#x017F;pu&#x0364;rte:<lb/>
&#x2014; genug, ich glaubte wohl daran zu thun,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0261] „Wer zweifelt daran, Herr? Wenn Sie ſich nur fuͤgen wollten …‟ „Gehorſamer Diener!‟ erwiederte ich: „Da mag es wohl liegen! Aber wenn auch mein Kopf etwas hart iſt, ſo erinnert er ſich doch an eine Klauſel in meinem Kontrakt, das mir, falls ich einſt meines Seedienſtes entbunden wuͤrde und gegen meine Taugſam- keit nichts einzuwenden waͤre, eben ſowohl eine Gratification von zweihundert Thalern, als meine ruͤckſtaͤndige Monats-Gage, zugute kommen ſolle. — Wohl denn, ich habe bis- her meine Schuldigkeit gethan: jetzt erwarte ich ein Gleiches von der Regierung.‟ — Die Zahlung geſchah auf der Stelle; und ſo kriegte denn mein Koͤnigl. See-Kommando ein baldiges und betruͤbtes Ende. Mein Vornehmen war jetzt, nach Koͤnigs- berg zu meiner Familie zuruͤckzugehen und eine Gelegenheit zu ſuchen, wo mir’s moͤglich wuͤrde, die Arme einwenig freier zu ruͤhren. Auf dem Wege dahin ſprach ich indeß bei meinen Eltern in Colberg ein; und ſey es nun, daß es hauptſaͤchlich ihr dringendes Zu- reden vermochte, oder daß die alte Vorliebe fuͤr meine Vaterſtadt wieder lebendig in mir erwachte, waͤhrend ich gegen Koͤnigsberg, wo mir ſo Vieles den Krebsgang genommen hatte, einen heimlichen Widerwillen ſpuͤrte: — genug, ich glaubte wohl daran zu thun,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/261
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/261>, abgerufen am 11.12.2024.