Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

zu sättigen. Voll von dieser Vorstellung,
sah man es ihnen deutlich an, daß unsre
weiße Hautfarbe sie mit noch weit höherem Ent-
setzen erfüllte, als uns ihre schwarze erschreckte.

Die Verkäufer waren nicht sobald vom
Schauplatz abgetreten, als der Schiffsarzt
Sorge trug, den erhandelten Sklaven (war-
lich zum schlechten Labsal!) ein Brechmittel
einzugeben, damit die seither ausgestandene
Angst nicht nachtheilig auf ihre Gesundheit
zurückwirkte. Aber begreiflicher Weise konn-
ten die gewaltsamen Wirkungen dieser Pro-
cedur jenen vorgefaßten schrecklichen Wahn
ebensowenig beseitigen, als die Anlegung ei-
serner Fesseln an Hand und Fuß, wodurch
man sich besonders der männlichen Sklaven
noch enger zu versichern suchte. Gewöhnlich
kuppelte man sie überdem noch paarweise zu-
sammen, indem man durch einen, in der Mitte
jeder Kette befindlichen Ring noch einen fußlan-
gen eisernen Bolzen steckte und fest vernietete.

Verschonte man auch die Weiber und
Kinder mit ähnlichem Geschmeide, so wurden
sie doch in ein festes Behältniß vorne in
der Schiffsback eingesperrt; während die er-
wachsenen Männer ihren Aufenthalt dicht
daneben zwischen dem Fock- und großen Maste
fanden. Beide Behälter waren durch ein
zweizölliges eichenes Plankwerk von einander
gesondert, so daß sie sich nicht sehen konnten.

zu ſaͤttigen. Voll von dieſer Vorſtellung,
ſah man es ihnen deutlich an, daß unſre
weiße Hautfarbe ſie mit noch weit hoͤherem Ent-
ſetzen erfuͤllte, als uns ihre ſchwarze erſchreckte.

Die Verkaͤufer waren nicht ſobald vom
Schauplatz abgetreten, als der Schiffsarzt
Sorge trug, den erhandelten Sklaven (war-
lich zum ſchlechten Labſal!) ein Brechmittel
einzugeben, damit die ſeither ausgeſtandene
Angſt nicht nachtheilig auf ihre Geſundheit
zuruͤckwirkte. Aber begreiflicher Weiſe konn-
ten die gewaltſamen Wirkungen dieſer Pro-
cedur jenen vorgefaßten ſchrecklichen Wahn
ebenſowenig beſeitigen, als die Anlegung ei-
ſerner Feſſeln an Hand und Fuß, wodurch
man ſich beſonders der maͤnnlichen Sklaven
noch enger zu verſichern ſuchte. Gewoͤhnlich
kuppelte man ſie uͤberdem noch paarweiſe zu-
ſammen, indem man durch einen, in der Mitte
jeder Kette befindlichen Ring noch einen fußlan-
gen eiſernen Bolzen ſteckte und feſt vernietete.

Verſchonte man auch die Weiber und
Kinder mit aͤhnlichem Geſchmeide, ſo wurden
ſie doch in ein feſtes Behaͤltniß vorne in
der Schiffsback eingeſperrt; waͤhrend die er-
wachſenen Maͤnner ihren Aufenthalt dicht
daneben zwiſchen dem Fock- und großen Maſte
fanden. Beide Behaͤlter waren durch ein
zweizoͤlliges eichenes Plankwerk von einander
geſondert, ſo daß ſie ſich nicht ſehen konnten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="9"/>
zu &#x017F;a&#x0364;ttigen. Voll von die&#x017F;er Vor&#x017F;tellung,<lb/>
&#x017F;ah man es ihnen deutlich an, daß un&#x017F;re<lb/>
weiße Hautfarbe &#x017F;ie mit noch weit ho&#x0364;herem Ent-<lb/>
&#x017F;etzen erfu&#x0364;llte, als uns ihre &#x017F;chwarze er&#x017F;chreckte.</p><lb/>
        <p>Die Verka&#x0364;ufer waren nicht &#x017F;obald vom<lb/>
Schauplatz abgetreten, als der Schiffsarzt<lb/>
Sorge trug, den erhandelten Sklaven (war-<lb/>
lich zum &#x017F;chlechten Lab&#x017F;al!) ein Brechmittel<lb/>
einzugeben, damit die &#x017F;either ausge&#x017F;tandene<lb/>
Ang&#x017F;t nicht nachtheilig auf ihre Ge&#x017F;undheit<lb/>
zuru&#x0364;ckwirkte. Aber begreiflicher Wei&#x017F;e konn-<lb/>
ten die gewalt&#x017F;amen Wirkungen die&#x017F;er Pro-<lb/>
cedur jenen vorgefaßten &#x017F;chrecklichen Wahn<lb/>
eben&#x017F;owenig be&#x017F;eitigen, als die Anlegung ei-<lb/>
&#x017F;erner Fe&#x017F;&#x017F;eln an Hand und Fuß, wodurch<lb/>
man &#x017F;ich be&#x017F;onders der ma&#x0364;nnlichen Sklaven<lb/>
noch enger zu ver&#x017F;ichern &#x017F;uchte. Gewo&#x0364;hnlich<lb/>
kuppelte man &#x017F;ie u&#x0364;berdem noch paarwei&#x017F;e zu-<lb/>
&#x017F;ammen, indem man durch einen, in der Mitte<lb/>
jeder Kette befindlichen Ring noch einen fußlan-<lb/>
gen ei&#x017F;ernen Bolzen &#x017F;teckte und fe&#x017F;t vernietete.</p><lb/>
        <p>Ver&#x017F;chonte man auch die Weiber und<lb/>
Kinder mit a&#x0364;hnlichem Ge&#x017F;chmeide, &#x017F;o wurden<lb/>
&#x017F;ie doch in ein fe&#x017F;tes Beha&#x0364;ltniß vorne in<lb/>
der Schiffsback einge&#x017F;perrt; wa&#x0364;hrend die er-<lb/>
wach&#x017F;enen Ma&#x0364;nner ihren Aufenthalt dicht<lb/>
daneben zwi&#x017F;chen dem Fock- und großen Ma&#x017F;te<lb/>
fanden. Beide Beha&#x0364;lter waren durch ein<lb/>
zweizo&#x0364;lliges eichenes Plankwerk von einander<lb/>
ge&#x017F;ondert, &#x017F;o daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht &#x017F;ehen konnten.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0013] zu ſaͤttigen. Voll von dieſer Vorſtellung, ſah man es ihnen deutlich an, daß unſre weiße Hautfarbe ſie mit noch weit hoͤherem Ent- ſetzen erfuͤllte, als uns ihre ſchwarze erſchreckte. Die Verkaͤufer waren nicht ſobald vom Schauplatz abgetreten, als der Schiffsarzt Sorge trug, den erhandelten Sklaven (war- lich zum ſchlechten Labſal!) ein Brechmittel einzugeben, damit die ſeither ausgeſtandene Angſt nicht nachtheilig auf ihre Geſundheit zuruͤckwirkte. Aber begreiflicher Weiſe konn- ten die gewaltſamen Wirkungen dieſer Pro- cedur jenen vorgefaßten ſchrecklichen Wahn ebenſowenig beſeitigen, als die Anlegung ei- ſerner Feſſeln an Hand und Fuß, wodurch man ſich beſonders der maͤnnlichen Sklaven noch enger zu verſichern ſuchte. Gewoͤhnlich kuppelte man ſie uͤberdem noch paarweiſe zu- ſammen, indem man durch einen, in der Mitte jeder Kette befindlichen Ring noch einen fußlan- gen eiſernen Bolzen ſteckte und feſt vernietete. Verſchonte man auch die Weiber und Kinder mit aͤhnlichem Geſchmeide, ſo wurden ſie doch in ein feſtes Behaͤltniß vorne in der Schiffsback eingeſperrt; waͤhrend die er- wachſenen Maͤnner ihren Aufenthalt dicht daneben zwiſchen dem Fock- und großen Maſte fanden. Beide Behaͤlter waren durch ein zweizoͤlliges eichenes Plankwerk von einander geſondert, ſo daß ſie ſich nicht ſehen konnten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/13
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/13>, abgerufen am 29.03.2024.