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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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gewohnt haben, und die Ligyer, welche das Land von den
Pyrenäen bis an diesen Strohm mit ihnen vermischt inne
hatten 28), spätere Einwandrer waren. Vom Rhodanus
an bis gegen die Gränze von Etrurien bewohnten sie längst
dem Meere eine mehr oder weniger breite Landschaft, spä-
ter von den Celten bis an das Ufer gedrängt, in älteren
Zeiten aber tief in die Alpen hinein, und bis an den Tici-
nus an beyden Seiten des Padus. Als sie bey dem Ver-
fall der Etrusker ihre Gränzen in den Appenninen erwei-
terten, nahmen sie vielleicht nur wieder ein was ihnen
früher entrissen war. Von ihnen war Corsica zum Theil
bewohnt 29). Ihre Geschlechtsverwandtschaft ist uns
unbekannt: wir wissen nur, daß sie weder Iberer noch
Celten waren, sondern ein eigenes Volk. Dionysius
sagt ihre Abstammung sey unbekannt 30), und Cato
scheint ihr vergeblich nachgeforscht zu haben, daher er sie
unwissend, lügenhaft und betrügerisch schalt 31). Illi-
terat war freylich wohl ein Volk dem das Leben zu fristen
so saure Mühe kostete, und welches seinen steinigen Bo-
den nicht einmal mit dem Pflug bestellen konnte. Das
übrige gehässige Urtheil Catos bestätigen andere alte
Schriftsteller nicht: vielmehr rühmen sie die Arbeitsam-
keit, die Unverdrossenheit und die Genügsamkeit der Ligu-

28) Skylax p. 2.
29) Seneca, Consol. ad Helviam c. 8. Fragment Sallusts
aus Histor. IV. bey Isidorus XIV. c. 6.
30) I. c. 10.
31) Fragment aus den Origines, 1. II.

gewohnt haben, und die Ligyer, welche das Land von den
Pyrenaͤen bis an dieſen Strohm mit ihnen vermiſcht inne
hatten 28), ſpaͤtere Einwandrer waren. Vom Rhodanus
an bis gegen die Graͤnze von Etrurien bewohnten ſie laͤngſt
dem Meere eine mehr oder weniger breite Landſchaft, ſpaͤ-
ter von den Celten bis an das Ufer gedraͤngt, in aͤlteren
Zeiten aber tief in die Alpen hinein, und bis an den Tici-
nus an beyden Seiten des Padus. Als ſie bey dem Ver-
fall der Etrusker ihre Graͤnzen in den Appenninen erwei-
terten, nahmen ſie vielleicht nur wieder ein was ihnen
fruͤher entriſſen war. Von ihnen war Corſica zum Theil
bewohnt 29). Ihre Geſchlechtsverwandtſchaft iſt uns
unbekannt: wir wiſſen nur, daß ſie weder Iberer noch
Celten waren, ſondern ein eigenes Volk. Dionyſius
ſagt ihre Abſtammung ſey unbekannt 30), und Cato
ſcheint ihr vergeblich nachgeforſcht zu haben, daher er ſie
unwiſſend, luͤgenhaft und betruͤgeriſch ſchalt 31). Illi-
terat war freylich wohl ein Volk dem das Leben zu friſten
ſo ſaure Muͤhe koſtete, und welches ſeinen ſteinigen Bo-
den nicht einmal mit dem Pflug beſtellen konnte. Das
uͤbrige gehaͤſſige Urtheil Catos beſtaͤtigen andere alte
Schriftſteller nicht: vielmehr ruͤhmen ſie die Arbeitſam-
keit, die Unverdroſſenheit und die Genuͤgſamkeit der Ligu-

28) Skylax p. 2.
29) Seneca, Consol. ad Helviam c. 8. Fragment Salluſts
aus Histor. IV. bey Iſidorus XIV. c. 6.
30) I. c. 10.
31) Fragment aus den Origines, 1. II.
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[107/0129] gewohnt haben, und die Ligyer, welche das Land von den Pyrenaͤen bis an dieſen Strohm mit ihnen vermiſcht inne hatten 28), ſpaͤtere Einwandrer waren. Vom Rhodanus an bis gegen die Graͤnze von Etrurien bewohnten ſie laͤngſt dem Meere eine mehr oder weniger breite Landſchaft, ſpaͤ- ter von den Celten bis an das Ufer gedraͤngt, in aͤlteren Zeiten aber tief in die Alpen hinein, und bis an den Tici- nus an beyden Seiten des Padus. Als ſie bey dem Ver- fall der Etrusker ihre Graͤnzen in den Appenninen erwei- terten, nahmen ſie vielleicht nur wieder ein was ihnen fruͤher entriſſen war. Von ihnen war Corſica zum Theil bewohnt 29). Ihre Geſchlechtsverwandtſchaft iſt uns unbekannt: wir wiſſen nur, daß ſie weder Iberer noch Celten waren, ſondern ein eigenes Volk. Dionyſius ſagt ihre Abſtammung ſey unbekannt 30), und Cato ſcheint ihr vergeblich nachgeforſcht zu haben, daher er ſie unwiſſend, luͤgenhaft und betruͤgeriſch ſchalt 31). Illi- terat war freylich wohl ein Volk dem das Leben zu friſten ſo ſaure Muͤhe koſtete, und welches ſeinen ſteinigen Bo- den nicht einmal mit dem Pflug beſtellen konnte. Das uͤbrige gehaͤſſige Urtheil Catos beſtaͤtigen andere alte Schriftſteller nicht: vielmehr ruͤhmen ſie die Arbeitſam- keit, die Unverdroſſenheit und die Genuͤgſamkeit der Ligu- 28) Skylax p. 2. 29) Seneca, Consol. ad Helviam c. 8. Fragment Salluſts aus Histor. IV. bey Iſidorus XIV. c. 6. 30) I. c. 10. 31) Fragment aus den Origines, 1. II.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/129>, abgerufen am 23.04.2024.