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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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diese Beschränkungen sind es die uns zur Kenntniß der ur-
sprünglichen Verfassung zurückführen.

Geldbußen sprachen die Consuln noch während eines
großen Theils dieses Zeitraums ohne Appellation an das
Volk aus: und auch das valerische Gesetz wird richtiger
mit Dionysius auf die richterliche neben der souverai-
nen Gewalt der Consuln, als auf die letzte allein ge-
deutet werden. Noch immer blieb so das consularische
Gericht die erste Instanz für die Plebejer: ihre eigene
Gemeinde richtete nur auf Appellation: doch war da-
durch, und durch den geheiligten tribunicischen Schutz
der Blutbann über Plebejer der Gemeinde der Tribus
übergeben. Alle Rechte welche das Volk allmählich
erwarb waren schon früher, ja gleich alt mit Rom, in
der Patricier Besitz: nur auf der Plebs lasten Dictatur
und Consulat, nur sie bedingt sich die Provocation, sie
strebt bis in das fünfte Jahrhundert nur nach Erlan-
gung derselben Rechte, durch welche der erste Stand
von jeher frey war: und so wurden die Patricier ohne
Zweifel nur von ihren Standesgenossen in der Gemeinde
der Curien gerichtet, und waren gegen Einkerkerung
und Verurtheilung zum Tode in dem Sinn gesichert
wie es in den goldenen Zeiten der Verfassung jeder Qui-
rite war.

In der Verfassung und Unabhängigkeit der Gerichte,
darin daß jeder von Gleichen gerichtet werde, setzten die
alten Völker, wie die germanischen, das Wesen der
Freyheit. Daher konnten die Makedonier sich frey nen-
nen, wiewohl sie Königen gehorchten deren Macht in

dieſe Beſchraͤnkungen ſind es die uns zur Kenntniß der ur-
ſpruͤnglichen Verfaſſung zuruͤckfuͤhren.

Geldbußen ſprachen die Conſuln noch waͤhrend eines
großen Theils dieſes Zeitraums ohne Appellation an das
Volk aus: und auch das valeriſche Geſetz wird richtiger
mit Dionyſius auf die richterliche neben der ſouverai-
nen Gewalt der Conſuln, als auf die letzte allein ge-
deutet werden. Noch immer blieb ſo das conſulariſche
Gericht die erſte Inſtanz fuͤr die Plebejer: ihre eigene
Gemeinde richtete nur auf Appellation: doch war da-
durch, und durch den geheiligten tribuniciſchen Schutz
der Blutbann uͤber Plebejer der Gemeinde der Tribus
uͤbergeben. Alle Rechte welche das Volk allmaͤhlich
erwarb waren ſchon fruͤher, ja gleich alt mit Rom, in
der Patricier Beſitz: nur auf der Plebs laſten Dictatur
und Conſulat, nur ſie bedingt ſich die Provocation, ſie
ſtrebt bis in das fuͤnfte Jahrhundert nur nach Erlan-
gung derſelben Rechte, durch welche der erſte Stand
von jeher frey war: und ſo wurden die Patricier ohne
Zweifel nur von ihren Standesgenoſſen in der Gemeinde
der Curien gerichtet, und waren gegen Einkerkerung
und Verurtheilung zum Tode in dem Sinn geſichert
wie es in den goldenen Zeiten der Verfaſſung jeder Qui-
rite war.

In der Verfaſſung und Unabhaͤngigkeit der Gerichte,
darin daß jeder von Gleichen gerichtet werde, ſetzten die
alten Voͤlker, wie die germaniſchen, das Weſen der
Freyheit. Daher konnten die Makedonier ſich frey nen-
nen, wiewohl ſie Koͤnigen gehorchten deren Macht in

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[13/0029] dieſe Beſchraͤnkungen ſind es die uns zur Kenntniß der ur- ſpruͤnglichen Verfaſſung zuruͤckfuͤhren. Geldbußen ſprachen die Conſuln noch waͤhrend eines großen Theils dieſes Zeitraums ohne Appellation an das Volk aus: und auch das valeriſche Geſetz wird richtiger mit Dionyſius auf die richterliche neben der ſouverai- nen Gewalt der Conſuln, als auf die letzte allein ge- deutet werden. Noch immer blieb ſo das conſulariſche Gericht die erſte Inſtanz fuͤr die Plebejer: ihre eigene Gemeinde richtete nur auf Appellation: doch war da- durch, und durch den geheiligten tribuniciſchen Schutz der Blutbann uͤber Plebejer der Gemeinde der Tribus uͤbergeben. Alle Rechte welche das Volk allmaͤhlich erwarb waren ſchon fruͤher, ja gleich alt mit Rom, in der Patricier Beſitz: nur auf der Plebs laſten Dictatur und Conſulat, nur ſie bedingt ſich die Provocation, ſie ſtrebt bis in das fuͤnfte Jahrhundert nur nach Erlan- gung derſelben Rechte, durch welche der erſte Stand von jeher frey war: und ſo wurden die Patricier ohne Zweifel nur von ihren Standesgenoſſen in der Gemeinde der Curien gerichtet, und waren gegen Einkerkerung und Verurtheilung zum Tode in dem Sinn geſichert wie es in den goldenen Zeiten der Verfaſſung jeder Qui- rite war. In der Verfaſſung und Unabhaͤngigkeit der Gerichte, darin daß jeder von Gleichen gerichtet werde, ſetzten die alten Voͤlker, wie die germaniſchen, das Weſen der Freyheit. Daher konnten die Makedonier ſich frey nen- nen, wiewohl ſie Koͤnigen gehorchten deren Macht in

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/29>, abgerufen am 23.04.2024.